Spinnenfalle
irgendwann werden wir was finden. Bestimmt. Oder das verdammmte Au-pair-Jahr ist rum - dann sind wir sie ja eh wieder los.«
»Hmmm. Aber ich versteh es nicht. Sie war doch echt nett, am Anfang. Da hab ich gedacht, ich könnte sie richtig gut leiden.«
»Ging mir auch so.« Er wurde ein bisschen rot. »Ich fand sie sogar mal mehr als nett.«
»Ich weiß.«
»Was? Hat man das gemerkt?« Er sah mich entsetzt an.
»Nein, nur Eingeweihte.« Ich grinste ihn an. »Okay, Bruderherz. Wachsam und misstrauisch sein heißt die Parole!«
»Genau!«
7
I n den nächsten Tagen und Wochen lief dann alles so wie bisher. Also so, wie Ljuba wollte.
Unbemerkt von unseren ELtern hatte sie jetzt voll die Zügel in die Hand genommen.
Die Zwillinge beteten Ljuba an, für die war sie die Größte, denn sie organisierte die Besuche von und bei ihren Freundinnen und Freunden, sie ging mit ihnen auf den Spielplatz, brachte sie zur Turnstunde und holte sie wieder ab und ging sogar mit ihnen in den Tierpark.
Ich war eifersüchtig, aber ich musste wahnsinnig aufpassen, um mir bei den Zwillingen keine Zurückweisung einzufangen, zum Beispiel: »Das macht Ljuba viel besser« oder »Ich will aber lieber, dass Ljuba mitgeht«.
Noch konnte ich punkten, wenn ich einen Bastelnachmittag oder Vorlesen ankündigte. Doch mit Barbies zu spielen brachte ich echt nicht über mich.
Ich passte auf wie ein Luchs, dass ich bei Kris und Kathi noch die liebe große Schwester war und Ljuba mich nicht völlig an die Wand drückte.
Aber in anderer Hinsicht machte ich eine noch viel schlimmere Beobachtung.
Ljuba war dabei, meine Mutter bei meinem Vater rauszukegeln.
Als ich die ersten Anzeichen dafür bemerkte, wurde mir ganz schlecht vor Angst.
Wenn mein Vater Ljuba dankbar anlächelte, weil sie
ihm zum Frühstück Spiegeleier gebraten hatte (natürlich nicht für uns!), wenn sie ihm vor dem Verlassen des Hauses noch den Regenschirm hinterhertrug, weil der Wetterbericht eine hohe Regenwahrscheinlichkeit vorausgesagt hatte, wenn sie seinen Anzug aus der Reinigung geholt hatte, wenn sie seine Hemden bügelte, statt sie in die Mangelei zu bringen.
Und wenn er dann strahlte und sagte: »Ach, ich wüsste gar nicht, wie ich ohne dich klarkäme, Ljuba!« oder »Wie hat das denn früher bloß ohne dich geklappt?«, überlief es mich kalt und heiß und mir wurde ganz schlecht.
Ich versuchte, mit meiner Mutter darüber zu reden, aber die wimmelte mich sofort ab.
»Nein, nein, Alex, du missverstehst das völlig. Das gehört doch zu ihren Pflichten. Überhaupt finde ich, dass du dich Ljuba gegenüber nicht besonders freundlich verhältst. Was hast du denn bloß gegen sie? Dieses Mädchen ist ein wahrer Segen für unsere Familie.«
Der »wahre Segen für unsere Familie« verfolgte weiterhin seine Strategie, sich unentbehrlich zu machen. Es hätte nur noch gefehlt, dass sie Papa die Aktentasche hinterhertrug.
Sie kochte ihm seine Lieblingsessen.
Sie kümmerte sich um seine Klamotten.
Sie putzte sogar seine Schuhe.
Sie räumte seine Werkstatt im Keller auf.
Sie sortierte seine Fachzeitschriften, steckte sie in Ordner und stapelte sie säuberlich auf dem Regal in seinem Arbeitszimmer.
Als er das sah, war er total begeistert. »Also, Ljuba, wie bist du denn bloß darauf gekommen? Das schiebe ich schon seit Monaten vor mir her!«
»Hab ich rumliegen sehen und wollte Gefallen tun, das ist alles.«
»Das war ein Riesengefallen! Vielen, vielen Dank!«, sagte er und strahlte. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte sie liebevoll getätschelt.
Genau da sah ich, wie meine Mutter zum ersten Mal kurz die Augen zusammenkniff. Wie sie ganz sacht den Kopf schüttelte, als könne sie nicht ganz begreifen, was sich da abspielte.
Wie sie Ljuba dann mit einem langen, aufmerksamen Blick maß.
Ich konnte förmlich sehen, wie die Rädchen in ihrem Kopf im Overdrive ratterten und ihr Botschaften zukommen ließen.
Ich wich Mamas Blick aus, weil ich nicht wie die Besserwisserin aussehen wollte - denn als ich sie auf diese Sich-Papa-unentbehrlich-machen-Strategie hingewiesen hatte, hatte sie mich ja abblitzen lassen.
Am nächsten Morgen war meine Mutter als Erste in der Küche und bereitete das Frühstück vor. Als Ljuba dazukam und ihr anbot zu helfen, lehnte sie das freundlich, aber bestimmt ab.
»Nein, nein, Ljuba. Du machst schon so viel für uns. Lass dich mal zur Abwechslung von uns verwöhnen.«
Und dann machte sie ihr Spezialrührei für alle. Die Zwillinge
Weitere Kostenlose Bücher