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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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war unterdrückt.
    Hm. Das half mir auch nicht weiter.
    Ich richtete mich mühsam auf und wickelte das Tiefkühlpaket vorsichtig ab. Die Zerrung - oder was immer das war - tat scheußlich weh. Aber die interessierte mich im Augenblick nicht. Ich wollte wissen, was Mama mit der »Schramme« gemeint hatte.
    Da war tatsächlich eine - quer über meinem Bein, etwas oberhalb des Knöchels. Woher hatte ich die? Ich war ratlos. Das sah aus, als wäre ich gegen irgendwas Scharfes gerannt, etwas, das sich durch die Haut geschnitten hatte.
    Etwas wie … ein Draht? Eine straffe Schnur?
    Aber das hätte ich doch merken müssen!
    Und wo und wann konnte das denn gewesen sein?
    Aber zunächst mal beschäftigte mich die Frage:
    Wer hatte das dunkle T-Shirt auf die Stufe gelegt? Ein weißes hätte ich wahrscheinlich rechtzeitig gesehen, aber das dunkle war bei der kaputten Lampe fast unsichtbar gewesen - besonders wenn man es eilig hatte.
    Wer also? Natürlich hatte ich zuallererst Ljuba im Verdacht.
    Die kam an den Wäschekorb ran.
    Sie konnte mich nicht ausstehen.
    Sie kannte das übliche Abendprogramm bei der Familie Koopmann. Um diese Zeit räumten Daniel und ich immer die Küche auf.
    Hatte sie mich angerufen?
    Mich fröstelte.
    Hatte sie sich gewünscht, dass ich mich verletze?
    Oder sollte ich mir vielleicht sogar das Genick brechen?
    Diese Schramme ließ mir keine Ruhe.
    Ich wälzte mich vorsichtig aus dem Bett, verlagerte
mein Gewicht auf das Bein mit dem heilen Knöchel, schleppte mich langsam zur Tür und öffnete sie leise. Dort blieb ich stehen und lauschte.
    Von oben drang der übliche Koopmann-Abendlärm.
    Mit zusammengebissenen Zähnen humpelte ich zur Kellertreppe. Der Sturz war auf den letzten Stufen passiert. Ich kniete mich auf den Boden und betrachtete eingehend das Holz links und rechts der Stufen - und kam mir dabei ziemlich blöd vor. Litt ich schon an Verfolgungswahn?
    Vielleicht auch nicht.
    Denn da, an dem Treppenpfosten, war eine helle Stelle. Ich betastete sie. Eine ganz schmale Kerbe. Im Treppenpfosten auf der anderen Seite war keine helle Stelle, keine Kerbe - aber ein Splitter hatte sich gelöst und stand etwas raus.
    Und wenn da etwas gewesen war? Eine Schnur oder ein Draht oder was auch immer?
    Aber was auch immer um die Treppenpfosten befestigt gewesen war, hatte keine eindeutigen Spuren hinterlassen. Entweder war da nie etwas gewesen oder jemand hatte es schon wieder entfernt.
    Langsam humpelte ich wieder in mein Zimmer zurück; und erst nachdem ich die die Tür hinter mir geschlossen hatte, erlaubte ich mir ein Stöhnen, weil mein Knöchel diesen kurzen Ausflug überhaupt nicht gut gefunden hatte.
    Ich ließ mich auf mein Bett sinken und wickelte mich in meine Decke.
    Ich zitterte. Nicht vor Kälte, sondern weil ich plötzlich Angst hatte.
    Ich konnte mit keinem aus unserer Familie über meinen Verdacht sprechen, weil mich alle für verrückt erklärt hätten.

    Sie waren ja ohnehin der Meinung, dass ich nicht nett genug zu Ljuba war. Dass ich sie mit falschen Anschuldigungen verfolgte und kränkte. Dass ich sie nicht ausstehen konnte und sie das spüren ließ.
    Von wegen! Umgekehrt wurde ein Schuh daraus: Ljuba hasste mich. Sie brachte meine Eltern gegen mich auf, sie versuchte, mich bei Daniel und den Zwillingen in Misskredit zu bringen und sie auf ihre Seite zu ziehen.
    Aber warum?
    Zugegeben, in letzter Zeit war ich nicht besonders nett zu ihr gewesen. Aber dazu hatte ich ja auch allen Grund. Zu Anfang war das nicht so gewesen, aber da hatte sie mich abgewiesen.
    Also warum, verdammt noch mal?
    Ich zog mir die Flickendecke über, um das Zittern abzustellen. Dann rief ich Marlon an. Er war der Einzige, der mir glaubte.

    Der verstauchte Fuß heilte rascher, als Mama prophezeit hatte. Nach zwei Tagen Herumhumpeln konnte ich den Knöchel schon wieder vorsichtig belasten und sogar mit Marlon einkaufen gehen - allerdings ohne Taschen zu schleppen.
    Das tat der Koch lieber selbst.
    Wir fuhren mit der Straßenbahn zu dem Asien-Laden und ich roch zum ersten Mal frischen Koriander - Wahnsinn! Marlon arbeitete seine Einkaufsliste ab, und ich betrachtete die Dosen und Packungen mit den chinesischen Schriftzeichen - oder vielleicht waren es auch japanische oder thailändische. Wir brachten alles zu uns nach Hause und verstauten die Einkäufe in der Speisekammer und in der Tiefkühltruhe.
    Am Samstag kam Marlon wie verabredet um drei Uhr zu uns, und wir begannen mit der Zubereitung des Festessens.
Ich

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