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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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dann?
    Tante Henny!
    Was war mit ihr?
    Ich raste nach oben und rief sie, wartete auf eine Reaktion, aber sie kam nicht.
    Ich rannte durch alle Zimmer - nirgends eine Katze!
    Ich öffnete sogar Ljubas Zimmertür - aber da war Tante Henny natürlich auch nicht.
    Ich stand in der Küche und überlegte.
    Das Katzenklo!

    Ich lief in die Gästetoilette und da lag unsere Katze auf dem Fußboden, eine dunkle Flüssigkeit bildete eine Lache vor ihrem Maul. Als sie mich sah, versuchte sie sich aufzurichten, sank aber kraftlos wieder auf die Fliesen zurück.
    Krank!, durchzuckte es mein Hirn. Schlimm krank!
    »Wir kriegen das hin, meine Alte«, flüsterte ich und kämpfte mit den aufsteigenden Tränen.
    Was war bloß mit ihr passiert? Heute Morgen hatte sie doch noch putzmunter ihren Napf leer geschlabbert.
    Ich holte den Katzenkorb aus der Abstellkammer und bugsierte Tante Henny mit zitternden Händen hinein. Dann rief ich ein Taxi und stellte mich mit meiner traurigen Last vor unserem Haus auf die Straße.
    Ich sah auf die Armbanduhr: Viertel vor vier. Da musste die Praxis doch bereits geöffnet haben.
    Das Taxi kam, und ich nannte die Adresse von der Tierärztin, die Tante Henny vor einem Jahr behandelt hatte, als unsere Katze sich einen Bandwurm angelacht hatte.
    Aber das hier war kein Bandwurm. Das war etwas Schlimmeres, vielleicht sogar Lebensgefährliches. Ein trockenes Schluchzen zwängte sich aus mir heraus, aber ich riss mich zusammen. Heulen konnte ich später immer noch - jetzt musste ich erst mal dafür sorgen, dass Tante Henny geholfen wurde.
    Das Taxi hielt, ich bezahlte, dann betrat ich die Praxis und stellte den Katzenkorb vor die Sprechstundenhilfe auf den Tresen.
    »Bitte, Sie müssen mich ganz schnell drannehmen - unsere Katze stirbt!«, bettelte ich, drehte mich zu den anderen Wartenden um und sagte: »Bitte, es ist ein Notfall!«
    Niemand widersprach oder meckerte, und Sekunden später stand ich in einem Behandlungszimmer, hob die
völlig apathische Katze aus dem Korb und legte sie auf den Behandlungstisch.
    Die Tür ging auf und Frau Dr. Michels trat ein.
    Sie warf einen Blick auf den reglosen Katzenkörper und murmelte: »Du lieber Himmel, das sieht aber gar nicht gut aus«, und machte sich an die Untersuchung. Sie betastete die Katze, sah mithilfe einer Taschenlampe in ihr Maul und musterte die Pupillen. Ich wandte mich ab, weil ich den Anblick dieser ganz veränderten Tante Henny kaum ertragen konnte.
    Ich erzählte von dem erbrochenen Schleim und gab ihr das Papiertaschentuch, mit dem ich etwas davon aufgewischt hatte.
    »Das war sehr umsichtig«, lobte Dr. Michels und legte das Tuch unter ein Mikroskop, während ich Tante Henny streichelte und ihr zuflüsterte, dass bestimmt alles wieder gut werden würde.
    Werden musste.
    Schließlich kam Dr. Michels wieder zum Untersuchungstisch zurück und strich ihr leicht über das Fell.
    »Wahrscheinlich Gift«, sagte sie. »Alle Symptome sprechen dafür. Es steht ziemlich schlecht um sie. Ich werde ihr jetzt etwas spritzen, und dann möchte ich sie über Nacht hier behalten, zur Beobachtung.«
    Ich nickte.
    Ich konnte mir denken, was sich außerdem hinter dieser Maßnahme versteckte. Falls Tante Henny nicht überlebte, würden wir ihren Tod nicht mitbekommen.
    »Danke«, sagte ich, und Dr. Michels lächelte und sagte: »Tschüs, bis morgen also«, und ich ging. Auf dem Heimweg überschlugen sich meine Gedanken. Wie war unsere Katze an Gift geraten?
    Was für ein Gift?
    Sie war zwar nachts oft draußen und streifte durch die
Gärten hinter den Häusern, aber das machten die Katzen unserer Nachbarn auch, die hatten dort reichlich Platz für ihren Katzenspiele oder -rituale oder wie man das nennen soll.
    Niemand aus unserem Viertel würde draußen etwas Giftiges auslegen, das den Katzen schaden könnte.
    Oder?
    Es hatte mal einen alten Mann gegeben, der sich über den Katzenlärm beschwert hatte - aber der war inzwischen weggezogen.
    Ich holte mein Handy raus und sagte Marlon Bescheid, dass ich heute nicht kommen würde und warum.
    Dann rief ich zu Hause an.
    Ljuba nahm ab.
    Aber mir ihr wollte ich nicht reden. »Ist meine Mutter schon da?«
    »Kommt gleich. Was ist los?«
    »Bis später«, sagte ich.
    Als ich zu Hause ankam, waren außer meinem Vater alle da. Noch niemand hatte unsere Katze vermisst, weil alle daran gewöhnt waren, dass Tante Henny nachmittags oft unten in meinem Zimmer schlief.
    Ich erzählte, in welchem Zustand ich Tante Henny vorgefunden

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