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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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dem Zeigefinger durch die weiße Masse in der Schüssel und hielt ihn Marlon hin. »Probier mal!«
    Er beugte sich leicht vor und über seinen gesenkten Kopf grinste mich Ljuba unverhohlen triumphierend an. Er frisst mir schon aus der Hand! sollte das wohl heißen.
    Nicht, Marlon, tu das nicht!, schrie es in mir und mein Herz klopfte zum Zerspringen.
    Da richtete er sich wieder auf.
    »Danke, Mama Ljuba, aber ich warte lieber bis zum Essen!«, sagte er höflich grinsend und drehte sich zu mir um. Er zwinkerte mir zu - und mir plumpste ein Himalaya von der Seele.
    Nein, er ließ sich von ihr nicht einfangen!

    Aber ich hatte mich zu früh gefreut.
    So schnell gab Ljuba nicht auf! Das sollte ich in den folgenden Tagen gezeigt bekommen.
    Bei jeder Gelegenheit streifte sie Marlon im Vorbeigehen mit ihren provozierend vorgestreckten Brüsten am Arm oder am Rücken, bat ihn schelmisch, »Mama Ljuba« den Reißverschluss am Kleid zuzumachen, während sie sich wie ein Aal in der Stoffhülle wand, oder legte ihm vertraulich die Hand auf den Arm, die Schulter oder den Nacken - je nachdem, ob er stand oder saß.
    Sie gurrte und zwitscherte und ließ alle ihre Verführungskünste spielen, während ich mir immer kindlicher, flachbusiger und uninteressanter vorkam. Aber ich biss die Zähne zusammen und schwieg, weil ich nicht als eifersüchtige Zicke dastehen wollte.
    Doch als sie dann eines Nachmittags in der Küche Pirouetten drehte und sich von ihm bestätigen lassen wollte, wie toll ihr neuer Minirock saß, hatte ich genug.
    »Hör auf mit dem Theater!«, blaffte ich Ljuba an. Dann drehte ich mich zu Marlon um: »Und du hör auf zu sabbern, verdammt noch mal!«
    Dann rannte ich runter und knallte meine Tür hinter mir zu.
    Marlon kam aber nicht hinter mir her, wie ich gehofft hatte.
    Ich lag heulend auf dem Bett und malte mir aus, wie die beiden über mich lachten, und wie er Ljubas Reizen nicht widerstehen konnte, wie er sich von ihr den Kopf verdrehen ließ, wie er sie berührte, sie küsste …
    Irgendwann hatte ich keine Tränen mehr, aber als Kathi kam und mich zum Abendessen holen wollte, sagte ich, mir wäre nicht gut und ich wollte lieber schlafen.
    Fünf Minuten später klopfte Mama an die Tür, kam herein und erkundigte sich, was mit mir los sei.

    »Mir ist nicht gut«, sagte ich leise.
    »Hat das was mit Marlon zu tun?«, fragte sie.
    Ich richtete mich auf und starrte sie an. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Weil er angerufen und gefragt hat, warum du nicht ans Telefon gehst.«
    »Iiich?«
    »Er sagt, dein Handy wäre abgeschaltet.«
    »Oh, zu blöd, muss ich vergessen haben«, murmelte ich und schaltete es an. Sieben Anrufe während der letzten Stunde!
    Ich rief zurück, während Mama wieder nach oben ging.
    Es klingelte drei Mal, vier Mal … verdammt, er ging nicht ran.
    Dann endlich: »Na, hast du dich wieder beruhigt?«
    Das klang nicht sehr liebevoll, eher genervt.
    »Nee.«
    »Was ist denn bloß los mit dir?«
    »Ich halte das schlecht aus, wenn sie sich so an dich ranschmeißt! Ständig diese Berührungen, dieses Angrabschen - einfach widerlich! In jedem Büro wäre sie wegen sexueller Belästigung schon rausgeschmissen worden!«
    »Blödsinn. Das ist eher schmeichelhaft für einen kleinen Jungen wie mich.« Er lachte. »Du hast doch nicht im Ernst geglaubt, ich falle darauf rein?«
    »Nee, äh, doch … ach, ich weiß nicht.«
    »Hör mal, Alex«, sagte er ganz ruhig. »Ich hab dir zu dem Thema alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt. Du bist meine Freundin, und sie ist ziemlich attraktiv, aber ich merke doch inzwischen ganz genau, dass sie nicht mich meint, sondern dir eins auswischen will, wenn sie diese Mätzchen macht.«
    »Ehrlich? Und warum sagst du dann nichts?«

    »Du hast doch auch nichts gesagt, und ich dachte, das wäre zwischen uns geklärt.«
    »Ach so«, sagte ich lahm und hätte mich am liebsten in den Hintern getreten.
    »Ja«, sagte er, als hätte er meine Gedanken gehört. »Sag mal, denkst du, deine Eltern lassen dich heute Abend noch mal auf ein Stündchen raus? Ich geb ein Eis aus!«
    Sofort meldete sich der Hunger, den ich vorhin noch gar nicht gespürt hatte. »Bestimmt. In zehn Minuten bei Gargano ?«
    »Gebongt.«
    Ich schniefte noch ein bisschen, halb wegen der vergangenen Heulerei, halb vor Erleichterung, wusch mir das Gesicht und sagte meinen Eltern, ich würde noch mal kurz verschwinden.
    Mama lächelte und wedelte nur mit der Hand.
    Im Flur begegnete ich Ljuba, die mich

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