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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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Wenn Ljuba da war, hielt sie sich meistens in ihrem Zimmer oder im Wohnzimmer auf, aber in ihrem Zimmer war sie nicht, sonst hätte sie nachgeschaut, wer da nach Hause gekommen war.
    Doch der Plumps war auch nicht im Wohnzimmer passiert.
    Ganz leise schlich ich mich die Treppe hoch und spähte in die Räume.
    Niemand. Weder in der Küche noch im Wohnzimmer oder Esszimmer.
    Also weiter oben?
    Ich schlich auch noch die zweite Treppe hoch. Die Tür zum Elternschlafzimmer stand halb offen. Auf dem Fußboden kniete Ljuba mit einem aufgeschlagenen Buch vor sich auf dem Teppich. Ob ihr das runtergefallen war?
    Es war ein Fotoalbum, in dem sie blätterte. Plötzlich hielt sie inne und betrachtete die Fotos auf einer Seite genauer. In ihrer linken Hand hielt sie ein Foto und legte das neben einen der eingeklebten Schnappschüsse.
    Ich war total platt. Was suchte sie in unserem Fotoalbum? Was war das für ein Foto in ihrer Hand?
    Sie beugte sich vor, als wollte sie etwas ganz genau untersuchen.
    Da überkam mich eine große Wut.
    »Was machst du da?«, fragte ich ganz cool.
    Sie fuhr zusammen und klappte das Album zu. »Nur ankucken.«
    »Aber das ist das Zimmer meiner Eltern! Darin hast du nichts verloren!«
    »Hat mir niemand verboten!«, sagte sie trotzig und
schüttelte die Haare nach hinten, während sie langsam aufstand. Das Foto, das sie eben noch in ihrer Hand gehalten hatte, war plötzlich verschwunden.
    »Was hast du dir da angeschaut?«, fragte ich.
    »Familie. Interessiert mich, eure Familie. Ist eine tolle Familie.«
    »Na klar«, sagte ich. »Und warum hast du ein Foto danebengehalten? Als würdest du was prüfen?«
    »Ich?«
    »Ja, du! Was war das für ein Foto?«
    »War kein Foto. Hab ich nichts rausgenommen. Würde ich nie tun!«
    »Das hab ich ja auch gar nicht behauptet. Aber ich hab genau gesehen, dass du ein Foto in der Hand hattest. Was ist damit?«
    »Nichts ist damit.« Sie schüttelte abweisend den Kopf. »Hast du dich geirrt.«
    »Das ist doch wohl das Letzte!«, brüllte ich plötzlich los, alle Coolness war verschwunden, ich war nur noch stinksauer. Schon wieder diese Lügerei! »Ich weiß genau, was ich gesehen habe! Du bist hinter irgendwas her! Du hast was vor!«
    »Nein«, sagte sie und wollte an mir vorbei aus dem Zimmer gehen. »Nein, du irrst dich.«
    »Na klar! Du machst hier irgendeinen Scheiß und ich erwisch dich dabei - aber dann bin ich es, die sich irrt! Nein, diesmal kommst du damit nicht durch, das schwöre ich dir.«
    Aber da war sie schon mit ein paar schnellen Schritten an mir vorbei und lief die Treppe runter.
    Ich stand in der offenen Tür und überlegte. Eigentlich müsste ich warten, bis meine Mutter nach Hause kam, aber andererseits war ich mit den Mädels verabredet und hatte mich schon verspätet.

    Zu blöd.
    Dann würde ich Mama eben heute Abend erzählen, was für sonderbare Dinge ihr tolles Au-pair im Elternschlafzimmer machte. Diesmal würde ich mich nicht wieder von Ljuba an die Wand drücken lassen, diesmal nicht!

    Während des Nachmittags gelang es mir meistens, den Vorfall in eine der hinteren Gehirnregionen zu schieben.
    Wir lagen in der Sonne, quatschten und gingen Eis essen, schwammen ein paar Runden und genossen den heißen Sommertag, denn so was gibt es in Bremen nicht so oft.
    Im Laufe des Nachmittags kamen noch andere aus unserer Klasse dazu, endlich auch Marlon, und dann gab es eine wilde Wasserschlacht, die von dem verärgerten Bademeister abgebrochen wurde, der uns einen Rauswurf androhte.
    Müde und hungrig kam ich abends nach Hause.
    Unterwegs überlegte ich mir, dass ich während des Abendessens Ljuba ganz beiläufig fragen würde, was sie eigentlich mit den Fotoalben aus dem Schlafzimmer vorgehabt hätte, und dann abwarten wollte, wie meine Eltern darauf reagieren würden.
    Auf keinen Fall würde ich als Petze zu ihnen laufen und ihnen erzählen, was ich gesehen hatte.
    Nein, ich würde es ganz raffiniert anfangen.
    Doch noch bevor ich meine nassen Badesachen aufgehängt hatte, dröhnte Papas Stimme die Treppe runter: »Alex, bis du das? Komm doch mal bitte rauf ins Wohnzimmer.«
    Mir wurde zwar nicht schwarz vor Augen, aber mein Herz klopfte wie verrückt, was bescheuert war, weil ich mir ja gar nichts hatte zuschulden kommen lassen. Trotzdem fühlte ich mich wie eine ertappte Sünderin.

    Ich holte tief Luft und marschierte nach oben.
    Mein Vater saß in seinem Sessel, meine Mutter auf dem Sofa und Ljuba saß in dem anderen Sessel.
    Nett. Für mich

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