Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
eine Treppe zwischen den Stockwerken, und wir schlichen darauf zu. In der Luft hing der Geruch von Motoröl und Abgasen. Ich fuhr mit den Fingern meiner freien Hand leicht über die Betonwand. Das Murmeln des Steins wurde immer wieder von grollender Sorge durchbrochen. Nicht ungewöhnlich. In Parkgaragen bekam fast jeder ein wenig Platzangst und wurde paranoid, sogar ich.
Das tiefe, knurrende Geräusch beunruhigte mich, gerade in dieser langen, blutigen Nacht. Aber wir schafften es ohne weitere Vorfälle in den zweiten Stock. Ich zog Finn auf das erste Auto zu, das ich als seines erkannte – ein schicker, silberner Aston Martin, der in keinem James-Bond-Film fehl am Platz gewirkt hätte. Finn sammelte Autos wie andere Leute Porzellanfiguren.
»Nein«, stöhnte Finn. »Nicht den Aston. Alles außer dem Aston. Ich habe ihn erst vor einem Monat bekommen. Ich bekomme das Blut nie wieder aus den Ledersitzen. Selbst Sophia wird es nicht schaffen.«
»Was schlagt ihr dann vor, Eure Hoheit?«, blaffte ich.
Er deutete mit dem Finger. »Hol den Benz. Zumindest sind die Sitze burgunderfarben.«
Ich verdrehte die Augen, tat aber, worum er mich gebeten hatte. Finnegan Lane mochte nicht im genetischen Sinn mit mir verwandt sein, aber er konnte mich nerven wie ein echter Bruder. Meckerte, hänselte und provozierte mich, bis ich ihm die Zunge rausschneiden und frittiert zum Abendessen servieren wollte. Trotzdem hätte ich alles für ihn getan. Selbst sein Blut im Inneren eines Fahrzeugs seiner Wahl zu verteilen.
Ich öffnete die Tür des schwarzen Mercedes, stopfte Finn auf den Beifahrersitz, warf unser Zeug auf den Rücksitz und setzte mich hinter das Lenkrad. Das Leder der Sitze war so weich wie eine warme Matratze, umschmeichelte meinen Hintern, passte sich an meine Wirbelsäule an und stützte meinen Nacken und meine wieder schmerzende Schulter. Mmmm … Es tat so gut, einfach einen Moment dazusitzen und nicht über den nächsten Schritt nachzudenken – oder darüber, wer wohl hinter der nächsten Ecke darauf wartete, mich auszuschalten. Ich hätte einfach den Kopf zurücklehnen können und wäre garantiert eine Minute später eingeschlafen.
Zu dumm nur, dass diese Nacht noch lange nicht vorbei war.
Zwei Minuten später fuhren wir aus der Parkgarage. Ich bog auf die Hauptstraße ein und fuhr nach Norden in Richtung Jo-Jo. Meine gewählte Strecke führte uns am Pork Pit vorbei. Ich versuchte, nicht an Fletcher zu denken, der in einer Lache seines eigenen Blutes hinter dem Schaufenster lag, aber das Bild seines misshandelten Körpers, des zerfetzten Fleisches, stieg ungefragt in mir auf. Zum dritten Mal heute Abend traten mir Tränen in die Augen. Verdammt. So viel hatte ich seit Jahren nicht mehr geheult.
Finn sah das feuchte Glitzern. »Hey, hey. Das würde er nicht wollen. Du weißt doch, was er über Heulereien dachte.«
»Verschwendung von Zeit, Energie und Ressourcen.«
Die Worte sprudelten ganz automatisch aus mir heraus wie so viele von Fletchers Lektionen. Die Tränen zurückzudrängen war um einiges schwieriger, aber ich schaffte es.
Ich schaffte es immer.
Schweigend fuhren wir weiter. Vor einer roten Ampel hielt ich an und atmete einmal tief durch. Zeit, weiterzumachen. Finn und ich mussten reden, bevor wir Jo-Jo erreichten.
»Erzähl mir davon. Wo du warst, wie sie dich erwischt haben, warum sie dich in deine Wohnung gebracht haben.«
»Sicher.« Finn drehte seinen angeschlagenen Körper zur Seite, damit er mich ansehen konnte, ohne den Kopf zu drehen. »Dad hatte mir natürlich von dem Job erzählt, also habe ich beschlossen, der großen Neueröffnung des neuen Opernflügels beizuwohnen. Quasi als moralischer Rückhalt.«
Ich zog eine Augenbraue hoch.
»Okay, okay. Erwischt. Eine Freundin wollte unbedingt dorthin, und es gab ein paar Klienten, denen ich Honig ums Maul schmieren musste«, gab Finn zu. »Mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Verstehst du?«
»Sicher«, sagte ich trocken.
Er erzählte weiter. »Ich bin also in der Oper, Privatloge, wunderbare Sitze, als ich einen Mann schreien höre. Zumindest glaube ich, es war ein Mann. Ziemlich hoch, wenn du mich fragst.«
Gordon Giles, nachdem ich dem anderen Killer die Kehle durchgeschnitten hatte.
»Ich dachte, du hättest dein Ding durchgezogen und wärst auf dem Weg aus dem Gebäude. Also sind ich und meine Freundin mit allen anderen nach draußen gegangen, um nachzusehen, was der Aufruhr soll. Und da sehe ich einen Kerl mit einer
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