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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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nicht beunruhigt werden.
    Jeder freie Beamte war einzusetzen! Ich wußte das noch nicht, als ich mir überlegte, was ich Joan zu Weihnachten schenken könnte. Sie hatte sich entschlossen, noch nicht in ihre Wohnung zurückzukehren. Es roch dort längst nicht mehr nach Farbe, aber das Mädchen hatte Gefallen daran gefunden, Wand an Wand mit mir zusammenzuleben. Wir waren eben beide al ein, und es gibt nichts Schlimmeres als einen einsamen Weihnachtsabend.
    An diesem Tag wenigstens wol te ich den Krieg mit allen Konsequenzen vergessen. Ein paar Stunden wol te ich einmal nur für mich haben. Für mich und Joan . . . Dann mußte ich aus dem Blickfeld des Mädchens verschwinden. Für immer. Man würde mich eines Tages fassen Das war mir klar. Man würde auch die ahnungslose Joan vor Gericht stellen. Wegen Begünstigung eines deutschen Spions. Das Urteil würde klar sein!

    Nein. Joan durfte nicht sterben! Das gleiche galt auch für Paolo Santi, meinen Freund, der mir die Wohnung zur Verfügung gestellt hatte.
    Ich dachte ständig an das Verhängnis, dem ich entgegenging. Wie nah es mir in Wirklichkeit schon war, wußte ich nicht. Ich konnte nicht ahnen, was sich zur gleichen Stunde, gar nicht weit von meiner Wohnung entfernt, im
    Vernehmungszimmer der FBI abspielte:
    »Red', du Schwein, oder ich schlage dir die Rippen ein!« sagte ein bulliger Beamter zu Billy.
    Fein behandelt wurde er nicht. Nein, kein Land der Welt behandelt seine Verräter vornehm. Ich dagegen wurde später mit einmaliger Fairneß
    vernommen. Aber noch war es nicht soweit. Bil y saß auf dem Stuhl. Klein, feig, zitternd.
    »Wie sieht er aus? Los, red' schon! Noch einmal. Du hast gesagt, er ist nicht al zu groß, dann hast du wieder gesagt, er ist sehr groß. Was stimmt? Los!
    Sprich, du Schwein!«
    Billy konnte vor Angst nicht reden. Er bat um eine Zigarette. Man gab sie ihm widerwillig. Dann plapperte er zum fünfzigsten Male meine Beschreibung herunter. Die Beamten versetzten ihn in Schrecken, nur um zu testen, ob er nicht log. Aber warum sollte er auch? Er sah einen winzigen
    Hoffnungsschimmer. Er hoffte, man würde ihn begnadigen, wenn man mich aufgrund seiner Angaben faßte. Die Hoffnung war natürlich von sehr weit hergeholt, aber wer keine Chance mehr hat, träumt sich eine zusammen.
    »Los! Nicht so schweigsam!« sagte ein kleiner, untersetzter Agent.
    »Mach das Maul auf, Billy! Einen Meter dreiundachtzig ist er also, dein Freund?
    Los, red' weiter! Was ißt er gern? Trinkt er? Ist er Linkshänder? Leidet er an Verdauungsstörungen? Ist er farbenblind? Geht er in die Kirche? Verkehrt er in Nachtklubs? Hat er Hühneraugen?«
    »Das weiß ich doch alles nicht«, antwortete Bil y.

    »Also, was weißt du?«
    »Er ist kein Linkshänder«, erwiderte Billy, »das weiß ich bestimmt.«
    »Und?«
    »Seine Verdauung ist auch in Ordnung. Am liebsten ißt er Steaks. Er trinkt Whisky dazu. Er trinkt viel, aber verträgt noch mehr.«
    »Weiter!«
    »Sein englischer Akzent.«
    »Das wissen wir längst. Neuigkeiten suchen wir.«
    Die Lampe schien Billy in das Gesicht. Vol . Die Beamten standen im Dunkeln.
    Alle zwanzig Minuten wurden sie abgelöst. Stundenlang ging das so. Tagelang würde es noch so weitergehen. Erbarmen gab es nicht. Mitleid auch nicht. Die Jagd hatte begonnen. Noch wußten die Zeitungen nichts davon . . .
    »Verzweifelte deutsche Weihnachtsoffensive in den Ardennen«, das war zur Zeit die Schlagzeile. Das siegessichere, beinahe schon siegesmüde New York zitterte einen Augenblick. Ein paar Tage lang. Die Angst vor den Nazis, die Angst, daß der Krieg noch weitergehen könnte, daß die Invasion vergeblich gewesen sein könnte, kam in Hunderten, in Tausenden, in Hunderttausenden von
    Diskussionen um diese Zeit zustande.
    Und die Abteilung für psychologische Kriegführung arbeitete weiter. Wenn sich ein deutscher Spion gerade diese Zeit dazu aussuchte, in Feindeshand zu fallen, dann hatte er besonderes Pech ...
    »Ich habe euch alles gesagt«, wiederholte Billy immer wieder. »Mehr weiß ich nicht.«
    »Hast du nie irgendeine Angewohnheit an ihm beobachtet, die nicht al täglich ist?«

    »Nein.«
    »Denk' nach, oder wir helfen dir auf die Sprünge!«
    »Ich weiß doch nichts!«
    Die Vernehmungsbeamten gingen näher auf Bil y zu, starrten ihn an. Sein Gesicht war hager geworden. Die Augen lagen tief in den Höhlen. Er wollte sie vor dem Licht schließen, aber das gab es nicht. Immer wieder zwangen ihn die FBI-Leute, sie anzusehen, in das

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