Spion Für Deutschland
Licht zu starren, ihre Fragen zu beantworten.
Immer die gleichen Fragen, einmal freundlich, einmal kalt, einmal bösartig, einmal gleichgültig gestellt.
»Etwas fällt mir ein«, sagte Bil y. Er wirkte jetzt fast erleichtert. Vielleicht ist Schluß mit der Vernehmung, wenn er den Mund aufmacht! »Etwas fäl t mir ein.
Eine Angewohnheit kenne ich: Wenn er wechseln läßt und Kleingeld
herausbekommt, dann steckt er es in die linke, obere Brusttasche ... Er verwendet keinen Geldbeutel.«
Ein Beamter nickte seinem Kollegen zu.
Ein neues Erkennungszeichen des gesuchten deutschen Spions wurde
durchgegeben. An alle Polizeistationen! Achtung! Achtung ! Fallen wurden gestellt. Fal en für mich. In amerikanischen Dimensionen. Ohne Rücksicht auf Geld, Zeit und Leute.
Aber davon wußte ich noch nichts.
In der 31. Straße war ich mit Mr. Brown in einer Snack-Bar verabredet. Er war da. Pünktlich. Und er war allein gekommen. Er hatte allen Grund, ehrlich zu spielen.
»Mein Wagen steht vor der Tür«, sagte er.
Wir stiegen in einen alten Packard und fuhren kreuz und quer durch New York.
»Ich weiß eine ganze Menge«, sagte er, ». . . und ich kann mich darauf verlassen, daß dies unsere letzte Unterredung ist?«
»Wenn mich Ihr Ergebnis zufriedenstel t, ja!«
Das Licht wurde auf Grün geschaltet. Brown gab Gas.
»Die Atombombe ist in wenigen Monaten einsatzbereit.«
»In wieviel Monaten?«
»In fünf, höchstens sechs.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich erzähle Ihnen al es hinterher. Meine Nachrichten sind hundertprozentig richtig.«
»Und wie kann man die Bomben abwerfen?«
»Da wird noch herumexperimentiert. Die Bombe ist wahnsinnig schwer. Sie muß mit einer Spezialmaschine geflogen werden. In Kalifornien werden Versuche gemacht. Ein Hauptmann der Air Force übt seit Wochen Start und Landung mit Überlast.«
Ich notierte mir Namen und Ort. Diese Angaben waren leicht nachzuprüfen.
»Man erwartet«, sagte Brown, »daß man mit ein oder zwei Bomben den Krieg beenden kann. Die Wirkung ist ungeheuerlich.«
»Und wie viele Bomben hat man?«
»Nur zwei oder drei«, entgegnete Brown. »Die reichen auch.«
»Und wo sind die Fabriken?«
»Das kann man nicht einwandfrei feststellen. Merken Sie sich einen Namen: Mr.
Griffith. Der Mann ist Physiker. Er wohnt in einem Hotel in der 24. Straße.
Vielleicht kommen Sie an ihn ran. Aber das ist dann Ihr Ende. Das ist Ihnen doch klar?«
»Das geht Sie nichts an«, erwiderte ich.
Er gab mir eine Menge technischer Einzelheiten. Ich sagte sie immer wieder vor mich hin, bis ich sie im Gedächtnis behalten konnte. Was war wahr an Browns Erzählung? Ich wußte noch nicht, wie gut die Informationen waren . . .
»Und die Bomben werden eingesetzt?«
»Verlassen Sie sich darauf!« antwortete Brown. »Amerika betrachtet sie als letztes Mittel, um den Krieg zu beenden . . . Nur wenn Deutschland oder Japan ebenfalls Atombomben hätten, ließe sich der Einsatz vermeiden. Verstehen Sie?«
»Ja«, entgegnete ich.
»Nehmen Sie noch einen Rat an?«
»Warum nicht?«
»Verschwinden Sie!« sagte er.
Er hielt an. Ich stieg aus. Der Abschied war kurz und kalt.
»Denken Sie an meine Familie!« sagte er.
»Grüßen Sie mir die Rothaarige!« erwiderte ich.
Am selben Tag noch wollte ich die Meldung nach Deutschland durchgeben.
Ich ging ein paar Straßen weit zu Fuß. Ich wußte zum Glück nicht, wie viele der Passanten, die mir begegneten, nach mir Ausschau hielten. Billys Beschreibung stimmte zwar, aber es gab in New York Tausende von Männern, auf die sie ebenfalls gepaßt hätte. Ich glaubte nicht, daß Bil y bereits gefaßt war. Aber ich gab mich keinem Zweifel hin, daß die Tage seiner Freiheit und danach auch die meiner Freiheit gezählt waren.
Auf zu Griffith! Ob ich an den Mann unauffällig herankommen konnte, war die zweite Frage. Wenn es ihn gab und wenn er in dem angegebenen Hotel wohnte, waren Browns Informationen jedenfalls nicht aus der Luft gegriffen. Ihre Genauigkeit zu überprüfen, war jedenfalls die nächstliegende Aufgabe.
Ich fand das Hotel. Ein mittleres Haus. Nicht gut, nicht schlecht. Mit der üblichen, geradezu aufdringlichen Sauberkeit ausgestattet. Ich ging durch die kleine Halle. Der Portier war nicht da. An seinem Pult lag ein schwarzes Buch.
Hier pflegten sich die Gäste einzutragen.
Ich blieb ein paar Sekunden unauffäl ig stehen, trommelte mit meinen Fingern auf dem Pult herum. Auf einem Sofa in der Ecke der Hal e saßen zwei Frauen.
Sie
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