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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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darunter, der andere stand im Führerhaus. Sie achteten nicht auf mich.
    Ich ging langsam. Ganz langsam. Die Tür hatte ich hinter mir wieder

    zugemacht. Jetzt mußte er es merken, sagte ich mir. Spätestens jetzt. Ich war noch zwanzig Meter von der Hofeinfahrt entfernt. Ein Personenauto stand im Weg, ein himmelblauer Chevrolet, neuestes Modell. Der Mann, der es gekauft hatte, mußte tolle Beziehungen haben. Im Krieg wurden Jeeps gemacht, aber kaum Chevies.
    Die beiden Arbeiter riefen sich etwas zu. Ich verstand es nicht. Ich ging auf den Personenwagen zu. Fünf Meter noch. Jetzt war ich auf gleicher Höhe. Ich sah, was mich für Sekunden erstarren ließ:
    Der Zündschlüssel steckte!
    Ich gab mir einen Ruck, drehte mich nach den Arbeitern um, musterte die Tür, aus der ich geflüchtet war, betrachtete mir die Ausfahrt.
    Alles ruhig. Alles normal. Alles unverändert.
    Los! Die Wagentür war offen. Ich setzte mich an das Steuer, drückte auf den Anlasser. Der Motor sprang sofort an. Erster Gang. Gas! Kupplung langsam auslassen! Nach links einschlagen. In den Rückspiegel schauen. Mehr Gas geben. Auf den zweiten Gang umschalten. Noch einmal in den Rückspiegel schauen. Nach rechts wenden. Mehr Gas geben. Noch mehr. Dritter Gang . . .
    Los jetzt! Ich nahm die beiden ersten Kurven so scharf, daß die Hinterräder den Randstein streiften. Rechts, links, geradeaus. Rotes Licht. Gelb, grünes Licht.
    Gas! Kurve nach links. Geradeaus. Hauptstraße überqueren. Langsam fahren.
    Kein Aufsehen erregen.
    Ich sah auf meine Armbanduhr. Fünf Minuten, nahm ich mir vor, werde ich den Wagen benutzen. Die Arbeiter mußten den Diebstahl sofort bemerkt haben. Sie meldeten dann die Nummer an die Verkehrspolizei. Die Beamten hatten in ihren Kanzeln Sprechfunk. Das ging blitzartig. Wer ein Auto stiehlt, sollte es nicht in Amerika tun . . .
    Ich überquerte den Times-Square, fuhr noch ein paarmal Zickzack und achtete darauf, daß ich nicht vor Erregung im Kreis herumfuhr.

    Ich fand eine Parkfläche. Rechts ran! Raus!
    Die ersten zwanzig Meter ging ich ganz langsam, dann wechselte ich auf die andere Straßenseite, bog nach links ein, ging jetzt rascher, sprang in ein Taxi.
    »Los«, rief ich dem Mann am Steuer zu. Ich nannte ihm einen Bahnhof. »Wenn Sie es in zehn Minuten schaffen, erreiche ich noch meinen Zug.«
    »Mal sehen, ob wir Glück haben«, erwiderte der Chauffeur. Er schüttelte den Kopf. »Immer haben es die Leute eilig. Und ich stehe oft stundenlang herum und habe keine Fuhre.«
    Ich entgegnete etwas Belangloses, drehte mich ab und zu um. Das Taxi wurde nicht verfolgt. Wie viele Beamte mochten jetzt hinter mir her sein? Der Mann von der FBI würde bereits seinen ersten Anpfiff hinter sich haben! Viel eicht wurden die Dienstvorschriften der FBI heute noch geändert. Die Bürokratie war in Amerika mitunter genauso al mächtig wie in Deutschland.
    Jetzt werden sie den Wagen gefunden haben. Aber ich hatte zwei Kilometer Vorsprung. Ich sprang aus dem Taxi, zahlte, gab einen Dollar Trinkgeld extra, lief hastig durch die Vorhalle, ging an den Bahnsteig, kaufte mir eine Zeitung, wechselte den Bahnsteig und ging zurück. Der Chauffeur war sofort
    weitergefahren.
    Weiter ging es, zu Fuß. Wie schön war New York zu dieser Stunde. Wie fröhlich waren die Menschen, wie glücklich.
    Wie hel klangen die Weihnachtsglocken. Und die Lieder. Und das Lachen. Und die Freude. Die Leute trugen dicke Pakete. Einkäufe in letzter Minute.
    Aufgeregte Kinder gingen neben ihnen her.
    »Merry Christmas«, klang, sang, tönte es aus allen Lautsprechern. »Merry Christmas! Merry Christmas! Merry Christmas!«
    Blumen, sagte ich mir, eine Handtasche, ein paar nette Kleinigkeiten. Ich fand al es, nahm ein Taxi, wechselte es, ging ein Stück zu Fuß und stand vor der Haustür meines südamerikanischen Freundes Paolo Santi. Ein Druck auf den Liftknopf, elfter Stock.
    Ich fand meine Schlüssel nicht und klingelte. Wieder verließen mich für ein paar Sekunden die Nerven. Wenn ich schon erwartet wurde? Wenn die Beamten schon unter der Tür standen? Wenn sie schon die Waffe in der Hand hielten?
    Ich wurde erwartet — von Joan . . .
    »Du siehst abgehetzt aus, mein Lieber«, sagte sie.
    »Ja«, antwortete ich, »New York ist anstrengend.«
    »Du kommst gerade zurecht«, entgegnete sie, »ich habe eben den Christbaum aufgestel t und den Truthahn in die Bratröhre geschoben. Du kannst dich gleich nützlich machen.«
    Wir hängten zusammen die Kugeln an den

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