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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Sie haben einen schönen, blonden Kopf, machen Sie Gebrauch davon! Haben Sie Zweifel, daß wir den Krieg gewinnen?«
    »Nein.«
    »Wel «, sagte er, »Deutschland hat keine Chancen mehr.«
    »Das kann sein.«
    »Das ist so.«
    Der spindeldürre Major mischte sich in das Gespräch:
    »Ich gebe Ihnen gerne Einzelheiten«, sagte er, »gestern wurde ein besonders schwerer Angriff auf Berlin geflogen. Elf Gauleiter sind davongelaufen. Wenn Sie wol en, gebe ich Ihnen die Namen . . . Das deutsche Volk, soweit es sich nicht an Kriegsverbrechen beteiligt hat, wünscht nur noch eines: Frieden. Jeder Tag, um den der Krieg verkürzt wird, erspart Blut. Vorwiegend deutsches Blut.«

    »Sicherlich«, erwiderte ich.
    »Gut, daß Sie das einsehen«, sagte der Major. »Ich glaube, so verstehen wir uns.«
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?« fragte ich.
    »Man wird Sie hängen«, sagte der Oberst.
    »Das ist mir dank Ihrer Informationsfreudigkeit nunmehr hinreichend bekannt.«
    Es entstand eine Pause. Ich sah von einem Offizier zum anderen. Der massive Oberst wirkte gleichgültig. Der andere Major sah zum Fenster hinaus. Der dritte Offizier studierte seine sorgfältig gepflegten Fingernägel. Zeit war genug da.
    Zeit für alle, nur nicht für mich. Für mich war sie abgelaufen. Oder doch nicht?
    »Sie können für uns arbeiten«, sagte der Oberst.
    Ich schwieg.
    »Sie können sich zum Beispiel an Ihre Morsetaste setzen und einige Meldungen nach Deutschland durchgeben, an denen wir interessiert sind.«
    »Sie wol en mich also >umdrehen    Wenn an der lautlosen Front der Spione ein Mann gegen seine Auftraggeber arbeitet, also Doppelagent wird, nennt man das in der Fachsprache
    >umdrehen<.
    »Wenn Sie es so nennen wol en«, erwiderte der Oberst.
    »Das wäre Verrat!«
    »Nein«, unterbrach mich der Colonel, »ich glaube, das wäre der größte Dienst, den Sie Ihrem Vaterland im Augenblick leisten könnten.«
    »Sie ersparen Blut«, sagte der eine Major.

    »Und Sie retten Ihren Kopf«, ergänzte der zweite. »Ich glaube, das ist ein Argument, das Sie nicht so ohne weiteres außer acht lassen sollten.«
    Wieder entstand eine Pause. Ich überlegte angestrengt. Das Angebot war verlockend. Ich wurde müde, so unendlich müde, als ich darüber nachdachte.
    Am liebsten hätte ich mich hingelegt und wäre eingeschlafen. Die Versuchung wuchs, wurde riesengroß, weich, einschmeichelnd, zärtlich. Frei, heraus aus dem Drahtkäfig! Keine Angst mehr vor der Zel e, vor dem Richter, vor dem Galgen. Zurück vielleicht zu Joan, zu Joan, an die ich Tag und Nacht dachte, die ich ständig vor mir sah, zum Greifen nah — und die dann doch verschwunden war, wenn ich die Hände nach ihr ausstrecken wol te . . .
    Der Krieg war ja so gut wie aus. Er war verloren. Alles war vergeblich gewesen.
    Das Blut, das man in Rußland investiert hatte, der Tod in Afrika, das Sterben in Frankreich, alles umsonst, alles für ein System, das den Untergang hundertmal, tausendmal verdient hatte. Was jetzt noch geschah, geschah lediglich, um die oberste Clique noch ein paar Monate vor der Strafe zu bewahren. Ich hatte in den letzten Wochen Gelegenheit genug gehabt, über das nachzudenken, was ich bisher mit stupider Beharrlichkeit immer weit von mir gewiesen hatte. Mir war klargeworden, daß man in diesem Krieg Deutschland nicht dienen konnte, ohne gleichzeitig ein Handlanger Hitlers zu sein. Aber ich hatte es mir zu spät eingestanden. Ein Handlanger gegen Hitler wäre ich geworden. Ein Handlanger gegen Deutschland — nie!
    »Das kann ich nicht tun«, antwortete ich dem Oberst. »Stellen Sie sich vor, Sie wären in deutsche Gefangenschaft geraten. Man würde Ihnen den Vorschlag machen, gegen Amerika zu arbeiten. Was würden Sie antworten?«
    Er schwieg.
    »Wir könnten Sie zwingen!«
    Peinliches Schweigen.
    Nach einiger Zeit nahm der Oberst die Unterhaltung wieder auf.
    »Sie brauchen sich heute keineswegs zu entscheiden! Wir kommen morgen noch einmal vorbei. Ich habe Ihnen folgenden Vorschlag zu machen: Sie treten in unsere Dienste. Ich bin mir noch nicht klar darüber, wie wir Sie verwenden wol en. Vielleicht könnten Sie Rundfunkbotschaften an das deutsche Volk sprechen. Sie haben ja nun gesehen, wie es in Amerika aussieht, und Sie geben selbst zu, daß Deutschland den Krieg verlieren wird .. . Sie sind geradezu dazu berufen, dies Ihren Landsleuten klarzumachen. Sie werden es Ihnen nach Kriegsende danken. Wenn Sie diesen Vorschlag annehmen, sind Sie ein

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