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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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nichtschuldig bekennen. Wenn Sie sagen, daß Sie schuldig sind, sind Sie bereits tot. Kümmern Sie sich nicht um die Aussagen, die Sie vor der FBI gemacht haben! Sie zählen vor Gericht überhaupt nicht. Stellen Sie sich hin, denken Sie, was Sie wol en, zwicken Sie sich von mir aus mit den Fingern in das Gesäß dabei und sagen Sie, so laut Sie können: >Nicht schuldig!<«
    Die beiden Majore gaben mir die Hand und gingen. Beide hatten in der Armee einen Namen. Sie waren die besten Verteidiger, die ich finden konnte, und sie setzten sich für mich ein, als seien sie nicht Angehörige eines Volkes, gegen das ich als Spion ausgezogen war.
    »Sie haben Pech gehabt«, hatte Major Haigney gleich bei der ersten Aussprache zu mir gesagt, »daß Sie gefaßt wurden. Aber Sie haben Glück gehabt, daß Sie vor ein amerikanisches Gericht kommen. Stel en Sie sich einmal vor, Sie hätten auf der anderen Seite gestanden und wären beispielsweise in die Hände des
    >Reichssicherheitshauptamts< gefal en.«
    Die Zerstreuung, die die Wärter mir zuteil werden ließen, die noble Behandlung, die fairen Gespräche konnten mich über die entsetzliche Gewißheit nicht hinwegtäuschen: Meine Tage waren gezählt.
    Jedes Kriegsgericht der Welt würde mich zum Tode verurteilen, das stand fest.
    Gegen das Urteil gab es keine Berufung. Es war unabwendbar . . .
    Ich konnte ein Gnadengesuch beim amerikanischen Präsidenten einreichen.
    Aber es wäre schade um das Papier. Der Präsident hieß Roosevelt. Sein Name bürgte in diesem Fal für den Strick.
    Wenn man vielleicht noch drei, vier Wochen Zeit zum Leben hat, schiebt man den Gedanken an die letzte Stunde noch weit von sich. Aber am Abend überfällt einen um so heftiger die Vorstellung, daß man sich dem Grabe wieder um einen Tag genähert hat. Über das Sterben denkt man nur so lange männlich, als man nicht zum Sterben verurteilt ist. Aber im Schatten des Schafotts endet der heldische Krampf. Bevor man selbst stirbt, stirbt die Phrase vom >Tod für das Vaterland*. Die sie geprägt haben, sind leider nie dafür gestorben . . .
    Der Schauder, die Angst, das Grauen kamen immer näher und machten mit mir, was sie wollten. Ich zählte die Maschen meines Drahtkäfigs. Ich kam einmal bis auf 10000. Aber während ich mich mechanisch abzulenken versuchte, kroch es mir den Rücken hoch, legte es meinen Mund trocken, trieb es mir den Schweiß aus den Poren.
    Zeitweilig lief ich hin und her wie ein Verrückter, grübelte Tag und Nacht, ob es eine Fluchtmöglichkeit gab oder ob ich eine Chance hätte, auf >legale< Weise dem Henker zu entgehen.
    In diesen Tagen, da mir meine Gedanken und meine Nerven immer öfter
    durchgingen, erhielt ich wieder einmal den Besuch höherer amerikanischer Offiziere. Ein Oberst und zwei Majore ließen mich in das Vernehmungszimmer rufen. Der Oberst war groß und breit und sah aus wie ein saturierter Turnlehrer.
    Der eine seiner Begleiter war klein, schmächtig und hatte ein blasses, spitzes Gesicht mit fanatischen Zügen, der andere kombinierte die perfekte
    Ausdruckslosigkeit seines Gesichts mit einem semmelblonden Schnurrbart. Ich sah mir die Besucher immer genau an. Ich war froh über jede Abwechslung.
    Über jede noch so belanglose.
    »How do you do?« begrüßte mich der Oberst. »Nehmen Sie Platz. Zigarette?«
    »Danke, ja.«
    Er schob mir ein ganzes Päckchen >Camel< über den Tisch.
    »Wir kommen direkt aus Washington«, begann er, »es war eine lange Reise.
    Vielleicht lohnt es sich für Sie.«
    Ich hörte genau zu.
    »Sie wissen, was Ihnen bevorsteht?«
    Es wird mir jeden Tag ein halbes dutzendmal geschildert«, erwiderte ich.
    Er stand auf und ging um den Tisch herum. Er hielt eine lange Zigarre zwischen seinen dicken Fingern und paffte schnelle, blaue Wölkchen in die Luft.

    »Wir kommen von der OSS«, sagte er, »vom Office of Strategie Service. Sie wissen ja wohl, was das ist?«
    »Natürlich«, antwortete ich, »ich bin einigen Ihrer Agenten schon einmal irgendwo begegnet.«
    Die OSS war die militärische Spionageorganisation der Vereinigten Staaten. Die deutsche Abwehr hatte sich mit wechselndem Geschick mit ihr
    herumgeschlagen.
    »Wir haben Ihnen einen Vorschlag zu machen . . . Sie brauchen sich nicht gleich zu entscheiden. Hören Sie auf jeden Fall erst einmal gut zu!« Er blieb stehen.
    »Wer, meinen Sie, daß den Krieg gewinnt?« fragte er.
    Ich schwieg.
    »Na«, fuhr er jovial fort, »wir wollen einmal alle Hoffnungen und Befürchtungen beiseite lassen.

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