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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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keine.«
    »Dann wol en wir etwas Abwechslung in die Versammlung bringen«, sagte er.
    Wieder ging die Tür auf.

    Halb gezerrt, halb gestoßen, tauchte Bil y auf. Bleich, unrasiert, mit aufgedunsenem Gesicht.
    »Na, komm schon«, sagte Nelson und stieß ihn vorwärts, »gib deinem Freund die Hand.«
    Billy blieb wie angewurzelt stehen. Es war still im Raum. Ich zündete mir eine Zigarette an. Er brachte kein Wort heraus, konnte mich nicht ansehen. Er bot ein Bild so perfekten Stumpfsinns, daß ich einen Augenblick mit dem Mitleid kämpfte. Aber es verflog schnell.
    »So«, sagte Connelly, »jetzt mach den Mund auf, Billy! Jetzt erzähle uns noch einmal, was du über ihn weißt!« Billy schwieg. »Na, red schon!«
    Die Beamten schoben ihn näher zu mir her. Er hatte eine Beule am Kopf. Fein wurde er nicht behandelt, das sah man. »Bist du stumm?« fragte Connelly.
    »Ihr wißt doch al es«, sagte Billy. Er starrte noch immer auf den Boden. »Er war bei der SS. Er war ein ganz hohes Tier.« »Weiter, Billy«, sagte Connelly. »Was weißt du noch?« »Er wollte hier Fabriken in die Luft sprengen.« »Welche?« Billy schwieg.
    Er stand da, bleich, geduckt, verkrampft. Seine überlangen Affenarme hingen herab, die Haare fielen ihm in die Stirn. Er war fahl. Er zitterte. Er stotterte.
    »Bil y«, sagte Connelly, »du bist ein Schwein. Geh wieder zurück in deine Zelle.«
    Er wandte sich zu mir. »Einen feinen Kompagnon haben Sie sich nicht gerade ausgesucht.«
    »Die besten Erkenntnisse kommen immer erst hinterher«, erwiderte ich.
    Die Vernehmungen gingen weiter. Tage und Wochen. Das Kriegsgericht trat zusammen. Verteidiger wurden gestellt. Sie kämpften verzweifelt und
    ergebnislos darum, das Verfahren gegen Colepough von meinem Fall
    abzutrennen. Ich sei Soldat, argumentierten sie, und Colepough ein Verräter.
    Aber sie kamen nicht durch damit. Es ging mit Riesenschritten auf die Verhandlung zu — auf mein Ende . . .

    In der einsamen Zelle von Fort Jay im Staat New York, wohin man mich nach dem Abschluß der FBI-Verhöre gebracht hatte, begann ich mich mit dem mörderischen Stumpfsinn der Gefangenschaft anzufeinden. Meine Zelle war eine Art Drahtkäfig, durch dessen Maschen man gerade eine Zigarette schieben konnte. Sie war blitzsauber und mittelgroß. Ich konnte sechs Schritte vor und sechs Schritte zurück gehen. Tag und Nacht brannte eine 200-Watt-Lampe. Ein Feldbett sorgte für den nötigsten Schlafkomfort.
    Ich war jetzt Gefangener der amerikanischen Armee geworden. Meine
    Mithäftlinge in Fort Jay, die ich nur selten zu Gesicht bekam, waren amerikanische Soldaten, inhaftiert wegen Ungehorsams, Feigheit oder sonstiger militärischer Delikte. Das Bewachungspersonal wurde von der Militärpolizei gestellt. Die Wärter trugen Armee-Uniformen und militärische Rangabzeichen.
    Einer von ihnen — Corporal Kelly — schob mir durch die Maschen des
    Drahtverhaus Zigaretten zu und stand Wache, daß mich niemand beim
    verbotenen Rauchen überraschte.
    »Mein Bruder«, sagte er, »ist Kriegsgefangener in Deutschland. Ich hoffe, daß sich dort auch ein menschlicher Wärter findet.«
    Ich hoffte es mit ihm. Ich hatte es verlernt, vor den Härten des Krieges zusammenzuzucken, aber immer wenn inmitten des Dramas ein Mann auftrat, der menschlich dachte und handelte, wurde ich weich.
    Ich erhielt amerikanische Armeeverpflegung, und es war nicht selten, daß auf der Karte Truthahn mit Preiselbeeren stand. Als es das zum erstenmal gab, erschrak ich. Ich dachte, daß dies meine Henkersmahlzeit sein würde.
    Ich war der Stolz von Fort Jay. Jeden Tag besuchten mich höhere Offiziere. Drei-
    , viermal täglich wurde die Tür aufgerissen, der Posten rief: »Achtung!«, ich faßte meine Hose — der Gürtel war mir als Sicherheitsmaßnahme gegen
    Selbstmord ebenso wie die Senkel meiner Schnürstiefel abgenommen worden —
    und humpelte den Stabsoffizieren entgegen. Sie waren ausnahmslos freundlich und ritterlich. Sie erkundigten sich eingehend nach meiner Behandlung, nach der Qualität des Essens und nach meinen persönlichen Wünschen, die sie mir unverzüglich erfüllten, wenn es in ihrer Macht stand.

    Es dauerte ziemlich lange, bis ich mich an die gute Behandlung gewöhnt hatte.
    Ich konnte einfach nicht begreifen, daß man so fair mit einem Gegner verfuhr.
    Die Behandlung, die man mir angedeihen ließ, unterschied sich himmelweit von den Methoden des Haftvollzugs an meinem >Kameraden Judas<, an Bil y Colepough. Schon bei der FBI

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