Spione, die die Welt bewegten
gingen über Leichen. Kaiser Andronikos I. bestieg beispielsweise 1118
den Thron. Vorher hatte er Kaiser Alexis ermordet und sich nicht gescheut, dessen Witwe zu heiraten. Doch sein ehemaliger
Günstling Isaak zettelte einen Aufstand an und lieferte Andronikos einer rasenden Menge aus, die ihn lynchte. Anschließend
hatte Isaak noch den Mut, selbst Kaiser zu werden. Tatsächlich glich die Geschichte von Byzanz in einzelnen Phasen einer mörderischen
Tragödie im Stil Shakespeares. Kaiser von Byzanz zu sein, war eine höchst gefährliche Aufgabe. Von den 88 Kaisern, die zwischen
324 und 1453 regierten, wurde etwa die Hälfte ermordet. Allerdings gab es auch bedeutende Herrscher, die das Reich voranbrachten,
die Kultur förderten und asiatische Eroberer abwiesen. Byzanz war für das noch rückständige Abendland legendär; byzantinische
Goldmünzen waren in ganz Europa in Gebrauch und die byzantinische Kunst und Kultur galt als vorbildlich.
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Die Gründung von Konstantinopel
|68| Damit sie dem Kaiser nicht gefährlich werden konnten und eventuell eine eigene Dynastie gründeten, waren viele hohe Beamte
bei Hofe Eunuchen. Sie mussten sich nicht um das Wohl ihrer Kinder sorgen und beherrschten stattdessen jede Intrige. Spione
und ihre Mitarbeit waren dabei jederzeit willkommen. Nicht selten nutzten attraktive Frauen ihre Wirkung auf mächtige Männer
zur Spionage oder für ihre Karriere aus, wobei sie allerdings bei den Eunuchen sicherlich nicht immer optimal ankamen. Um
Hierarchien zu unterstreichen, gab es bei Hofe mindestens 18 verschiedene Rangstufen, über die eifersüchtig gewacht und intrigiert
wurde.
Im Vergleich zu anderen Staaten war im Byzantinischen Reich der Einfluss von Frauen auf die Gesellschaft und Politik recht
groß. Mächtige Frauen galten allerdings als aufgeschlossen für Intrigen. Auf eine gute Ausbildung wurde viel Wert gelegt,
und Mädchen wurden diese nicht verwehrt. Auch Frauen, die aus kleinen Verhältnissen stammten, konnten hohe Positionen erreichen
und sogar Ehefrauen der Kaiser werden. Theodora, die Ehefrau von Kaiser Justinian I., stammte beispielsweise aus einer armen
Familie; ihr Vater war Tierwärter gewesen und die Mutter Schauspielerin. Im Abendland wäre eine solche Frau dem Kaiser noch
nicht einmal begegnet, geschweige denn, dass sie ihn hätte heiraten können. Oft waren Kaiserinnen aus niedrigen Ständen dank
ihrer Klugheit und Bildung, aber auch ihrer Skrupellosigkeit, wichtige Ratgeberinnen für ihre Ehemänner und vertraten energisch
deren Interessen. Es gab allerdings auch völlig gegenteilige Entwicklungen. Einzelne byzantinische Kaiserinnen verloren zu
manchen Zeiten jede Form von Zurückhaltung. Kaiserin Irene war die erste Frau gewesen, die in Byzanz zur alleinregierenden
Kaiserin (797–802) aufsteigen konnte. Sie hatte vorher voller Ehrgeiz ihren eigenen Sohn blenden lassen, um selbst die Macht
zu erreichen. Theophano wurde im Jahre 959 Kaiserin, als ihr Ehemann Romanos II. den Thron bestieg. Ursprünglich hieß die
Kaiserin Anastaso und war die Tochter eines Wirtes in Konstantinopel. Sie galt als eine ungewöhnlich attraktive Frau, die
ihre Schönheit nutzte, um mit mächtigen Männern anzubändeln. Den Kaiser brachte sie dazu, die eigene Mutter und alle seine
Schwestern in einem Kloster verschwinden zu lassen, so dass sie schließlich die einzige Frau an seiner Seite war. Als der
Kaiser starb – er wurde wahrscheinlich vergiftet – heiratete Theophano zum Machterhalt den als höchst unattraktiv geltenden,
aber erfolgreichen Feldherrn Nikephoros Phokas. Gleichzeitig ging sie mit dessen Neffen, Johannes Tzimiskes, ein Verhältnis
ein und empfing ihn regelmäßig nachts im Palast. Bald empfand Theophano gegenüber ihrem Ehemann Nikephoros nur noch Überdruss.
Sie nutzte den Hass von Johannes auf seinen Onkel aus, um ihn zu einem Mord anzustiften. Heimlich öffnete sie die Türen zu
den Gemächern von Nikephoros und ließ ihn von Johannes und einigen Helfern ermorden.
Kaiserin Zoe, die Enkelin von Theophano, hatte den 50-jährigen Kaiser Romanos III. geheiratet und nutzte sofort ihre Stellung
aus, um sich einen |69| jungen Liebhaber zuzulegen. Den Liebhaber hatte ihr ein Eunuch im Palast, der sie selbst nicht beglücken konnte, vermittelt.
Durch vermutlich hochbezahlte Meuchelmörder ließ Kaiserin Zoe später ihren Ehemann heimlich beim Baden in der Wanne ertränken.
Anschließend heiratete sie
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