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Spione, die die Welt bewegten

Titel: Spione, die die Welt bewegten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Reitz
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mongolische Persönlichkeit, die mehrere Sprachen sprach
     und zu ihrer Überraschung auch deutsch. Pater Julianius erfuhr, dass der Mann ein Jahr vorher an der Kuril-Tai, der großen
     Fürstenversammlung der Mongolen, teilgenommen hatte. Schockierend war die Information, dass der Großkhan der Mongolen gerade
     Truppen sammelte, um zu einem Kriegszug gegen den Westen aufzubrechen. Sofort brachen die Dominikaner ihre Mission ab, um
     diese wichtige Nachricht in die Heimat zu melden. Sie erreichten ihr heimatliches Kloster nach großen Strapazen im Dezember
     1235 und sprachen bereits im Januar 1236 bei dem Legaten des Papstes in Ungarn vor. Dieser informierte auch den ungarischen
     König Bela IV. Pater Julianius wurde sofort nach Rom beordert und berichtete dort, dass der Großkhan gerade im Begriff sei,
     seine Truppen an der Wolga zu konzentrieren und für den geplanten Vormarsch nach dem Westen nur noch eine Verstärkung aus
     der Mongolei abwarten wolle. Im Mai 1236 wurde Pater Julianius erneut in den Osten geschickt, um weitere Nachrichten zusammenzutragen.
     Er kehrte im Herbst 1237 zurück und schilderte, dass sich inzwischen ein riesiges mongolisches Heer tatsächlich an der Wolga
     sammelte. Leider versandeten diese wichtigen Meldungen aus dem Frühjahr 1236 und dem Herbst 1237 folgenlos in der Bürokratie
     und wurden nicht ernst genommen.
    Als der Mongolensturm mit einem Heer von rund 150   000 Kriegern tatsächlich 1240/41 über Europa hereinbrach, waren die osteuropäischen Herrscher kaum vorbereitet und wurden
     hilflos überrannt. Schlesien wurde verwüstet. Aus Syrien, das bereits von den Mongolen angegriffen worden war, eilten sogar
     Gesandtschaften an den Hof des Königs von Frankreich und England und schlugen ein Bündnis aus Moslems und Christen gegen die
     Mongolen vor. Doch unternommen wurde nichts, stattdessen bekämpften sich der deutsche Kaiser und der Papst gegenseitig, so
     dass kein Heer zusammengestellt wurde.
    Gerettet wurde Europa letztlich durch den überraschenden Tod des Großkhans Ögödei, ein Sohn des berühmten Dschingis Khan.
     Die mongolischen Heerführer kehrten zurück, denn sie wollten sich an der Wahl des neuen |84| Großkhans beteiligen. Da sie in Europa auf keinen für sie nennenswerten Widerstand gestoßen waren, dachten sie nur an eine
     Unterbrechung des Krieges und wollten später wieder zurückkehren. In Russland etablierten sie das „Reich der Goldenen Horde“.
     Die europäischen Herrscher verstanden die Ursache des plötzlichen Rückzuges nicht, deuteten ihn möglicherweise als Schwäche
     und trafen keine Vorbereitungen zur Verbesserung ihrer Abwehr.
    Im Jahre 1243 wurde schließlich Innozenz IV. zum neuen Papst gewählt und die Gefahren des Mongolensturms wurden der mittel-
     und südeuropäischen Bevölkerung endlich bewusst. Der Papst beauftragte zwei Franziskanermönche mit jeweils einer Gesandtschaft
     zum Herrscher der Mongolen zu reisen und mit ihm Kontakt aufzunehmen. Unterwegs sollte spioniert werden, um möglichst viele
     Informationen über die Stärke und die Kampftaktiken der Mongolen zu erhalten. Von der Gesandtschaft des Mönches Laurentius
     aus Portugal sind heute keine Dokumente erhalten. Zahlreiche Unterlagen gibt es dafür über die Reise des Mönches Giovanni
     Piano del Carpini, der tatsächlich vom Großkhan empfangen wurde. Carpini erhielt vom Papst einen Brief, in dem dieser in einer
     völligen Verkennung der Machtsituation den Großkhan aufforderte, die Eroberungen umgehend zu beenden, die Bevölkerung zu schonen
     und zum Christentum überzutreten.
    Im April 1245 machte sich Carpini im Alter von über 60 Jahren mit einem kleinen Gefolge aus einem Dolmetscher und fünf Dienern
     auf den Weg. Sie reisten zunächst nach Krakau in Polen und schlossen sich dort der Gesandtschaft eines russischen Großfürsten
     an, die zum mongolischen Heerführer Batü unterwegs war. Anfang 1246 hatten sie die Stadt Kiew erreicht, die von den Mongolen
     bei vorhergehenden Kämpfen in Schutt und Asche gelegt worden war. Sie erhielten dort eine mongolische Eskorte und neue Pferde.
     Batü trafen sie in seinem Lager an der Wolga an. Das Schreiben des Papstes wurde dort übersetzt und von Batü mit großer Aufmerksamkeit
     gelesen. Carpini musste zwei seiner Diener als Geiseln zurücklassen und durfte nur mit einem verkleinerten Gefolge weiterreisen.
     Er erhielt eine neue Eskorte und anschließend ging es über die Kurierstraßen in großer Eile weiter;

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