Spione, die die Welt bewegten
bestimmte Bischöfe in Opposition zum König, konnte
der Papst diese Bischöfe aufwerten, indem er sie zu seinen Legaten ernannte. Dem König wurde dadurch signalisiert, dass sich
diese neu ernannten Legaten von nun an auf den besonderen päpstlichen Schutz verlassen |79| konnten und auch der dem König ergebene Teil des Klerus nicht gegen sie vorgehen durfte. Waren Bischöfe dagegen nach der Sicht
Roms in ihren Meinungen dem König eventuell näher verbunden als dem Papst, wurden sie bei solchen Ernennungen einfach übergangen
und erhielten vielleicht sogar noch einen ihnen wenig genehmen Opponenten als Legat vorgesetzt. Legaten waren das Sprachrohr
sowie die Augen und Ohren des Papstes und stellten für Rom eine Art von „fünfter Kolonne“ dar. Zahlreiche Orden verstärkten
schließlich noch durch ihre Predigtarbeit die Meinung des Papstes in der Öffentlichkeit und riefen manchmal sogar zum Widerstand
gegen den König auf. Nur selten konnte der König solchen Aktivitäten entgegentreten und sie unterbinden.
Der Stauferkönig Konrad III. ließ sich bei wichtigen Entscheidungen häufig von Abt Wibald von Corvey und Stablo beraten und
pflegte ein enges Verhältnis zu ihm. Der Abt hatte Einblick in die reichhaltige Korrespondenz des Königs und war mit Entscheidungsprozessen
vertraut. Gleichzeitig erhielt Abt Wibald allerdings auch Anweisungen des Papstes und musste dessen politische Interessen
vertreten. Für Papst Eugen III. war er somit eine Art Geheimagent am Hof von König Konrad III. Der Abt musste sich durch seine
Einbindung in die Hierarchie der Kirche gegenüber dem Papst stärker verpflichtet fühlen als gegenüber seinem König. Fällte
der König beispielsweise Entscheidungen, die sich gegen den Papst richten konnten, gelangten diese Informationen schneller
nach Rom, als es dem König lieb war. Hinweise auf regelmäßige Treffen des Abtes mit päpstlichen Legaten sind bis heute erhalten
geblieben.
Für die Kommunikation des Papstes mit seinen Legaten gab es einen eigenen Kurierdienst. Etwa 30 bis 40 päpstliche Kuriere,
die cursores, wurden regelmäßig durch den päpstlichen Hof besoldet und pendelten zwischen Rom und den Legaten. Sie waren durch
einen Eid an den Papst gebunden und wurden von einem speziellen magister cursorum beaufsichtigt. Nachrichten wurden ihnen
stets versiegelt und in einer wasserdichten Verpackung übergeben. Jeder Empfänger musste schriftlich bestätigen, dass das
Siegel bei der Übergabe unbeschädigt war. Bei der geringsten Beschädigung des Siegels wurde die übergebene Nachricht sofort
für ungültig erklärt und widerrufen.
Ging es um geheime Absprachen, schickte der Papst ebenfalls die Legaten vor. Ein Beispiel bietet das Schicksal der berühmten
Heidelberger Universitätsbibliothek, die Bibliotheca Palatina, im 30-jährigen Krieg. Rom unterstützte während dieses Krieges
die katholischen Fürsten mit beträchtlichen Geldmitteln und räumte auch finanzielle Abgaben aus geistlichen Gütern ein. Der
Papst betrachtete jedoch diese Zahlungen nicht als eine Unterstützung der für ihn so wichtigen katholischen Seite, sondern
interpretierte sie als ein Darlehen, das er wieder zurückhaben wollte. Der deutsche Kaiser und auch der Herzog von Bayern
waren deshalb in Rom hoch verschuldet. Für Papst Gregor XV. bot sich bei den Auseinandersetzungen neben den Gewinnen aus Darlehen
auch der Vorteil, dass er einen Anteil an der Kriegsbeute erhielt. Als Heidelberg 1622 von |80| dem katholischen Heerführer Tilly erobert wurde, hielt der Heerführer sofort seine Hand schützend über die Bibliothek der
Heidelberger Universität. Der päpstliche Legat Leo Palatius reiste umgehend aus Italien an, ließ die kostbaren Buchschätze
verpacken und nach Rom schaffen. Später wurde behauptet, die Bibliotheca Palatina wäre ein Geschenk an den Papst gewesen,
und die Bücher wären vom Papst vor Brandschatzungen gerettet worden. Gleichzeitig erhielt Herzog Maximilian von Bayern auf
Drängen des Papstes die Würde eines Kurfürsten.
Als Napoleon 1797 Rom besetzte, verlangte er als Friedensbedingung auch einen Teil der Vatikanischen Bibliothek. Seine Kunstkommissare
wählten zahlreiche Bücher der ehemaligen Bibliotheca Palatina aus und brachten sie nach Paris. Nach dem Ende der Ära Napoleons
forderte der Vatikan die Bücher wieder zurück, doch die badische Regierung konnte ältere Rechte geltend machen. Einige Bände
fanden
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