Spionin in High Heels
beklagen gehabt. Tatsächlich wurde spekuliert, dass er in den zwei Jahren, in denen die Presse ganz vernarrt in Greenway gewesen sein musste, nicht weniger als drei Geliebte gehabt hatte. Andi Jameson, Carol Carter un d – jetzt kommt’ s – Bunny Hoffenmeyer. Alle blond. (Ich tippte auf Bunny. Mit diesem Namen musste man ja zur Mörderin werden.)
Ich notierte die drei Namen auf meiner Verdächtigenliste, wohl wissend, dass mir möglicherweise keine von ihnen zu einer »Sie kommen aus dem Gefängnis frei«-Karte für Richard verhelfen würde. Wer wusste schon, wie viele von Greenways Geliebten der Presse nicht bekannt waren? Greenway schien mir in dieser Hinsicht nicht gerade der offene Typ gewesen zu sein.
Aber der Gründlichkeit halber schlug ich alle drei Blondinen im Telefonbuch der Bibliothek nach, bevor ich wieder nach Hause fuhr. Andi Jameson war schnell gefunden. Sie lebte in einer Eigentumswohnung in Encino, auch bekannt als Silicon Valley. Ich rief sie an, aber sie war nicht zu Hause. Also sagte ich ihrem Anrufbeantworter, dass ich eine Freundin von Greenway sei und ihr ein paar Fragen stellen wollte.
Carol Carters gab es an die fünfzig, also notierte ich zögernd »unbekannt«.
Bunny Hoffenmeyer war, wie sich herausstellte, eine Erotikfilmdarstellerin mit einer Geheimnummer. Aber ich fand die Produktionsfirma, für die sie arbeitete. Big Boy Productions in Sherman Oaks. Na toll! Also wieder auf ins Valley.
Es war später Nachmittag und laut Digitalanzeige an der Bank Ecke Westwood und National mittlerweile 35 Grad heiß. Ich drehte meine Klimaanlage auf, so weit es ging. Über den Bergen lag eine dicke Smogdecke und tauchte das Valley in ein schmutziges Grau. Ich fragte mich, warum jemand freiwillig hier wohnte. Auf der anderen Seite hatte Bunny damit ein Motiv. Zwanzig Millionen Dollar würden wohl reichen, um sich in den Jetset von Beverly Hills einzukaufen.
Nach weiteren zehn Minuten im dichten Verkehr des Freeway fuhr ich den Sepulveda Boulevard hinunter, der gesäumt war von Lagerhäusern, in denen sich Produktionsstudios zur Miete befanden. Groß, grau und rostig sahen sie nicht gerade nach Universal Studios aus. Genauso wenig, wagte ich zu vermuten, wie die hier produzierten Filme. Die meisten würden wohl direkt als DVD s herauskommen oder waren für den Markt im Ausland bestimmt. Oder, wie im Fall der Big Boys Productions, wurden für ein reiferes Publikum gemacht (sprich: pervers). Big Boy befand sich in einem graublauen, mit Wellblech gedeckten Gebäude. Ich parkte auf dem Parkplatz neben einem Imbisswagen und betrachtete das Gebäude genau.
Ich muss nämlich gestehen, dass ich mich mit Porno nicht richtig auskenne. Ich meine, ich habe natürlich schon Pornofilme gesehen. Einmal. Als mein Freund im College mich davon überzeugen wollte, dass es heiß wäre, sich die Genitalien anderer Leute anzusehen, während wir miteinander schliefen. (Ich glaube, ich muss nicht extra erwähnen, dass ich mit dem Spanner kurz darauf Schluss machte.) Aber ehrlich gesagt, wusste ich nicht mehr über die Pornofilmindustrie als das, was ich von Marky Mark als Dirk Diggler in Boogie Nights gelernt hatte. Und mehr wollte ich auch gar nicht wissen.
Blöder Richard! Das war alles seine Schuld.
Ich holte tief Luft und überwand mich, aus dem Wagen zu steigen und die zwei Meter bis zu der unbeschilderten Eingangstür von Big Boy Productions hinter mich zu bringen. Beinahe hätte ich die Hand vor die Augen gehalten, als ich eintrat.
Wenn ich eine von Lavalampen beleuchtete Orgie erwartet hatte, wurde ich enttäuscht. Der Raum sah aus wie jeder andere Empfangsraum auch. Abgesehen von der roten Lampe, die über der Tür leuchtete, besaß er eine fast unheimliche Ähnlichkeit mit der Lobby von Ab, Zocker und Haue. Nur dass mir hier nicht eine Jasmine, sondern gleich drei entgegenblickten. Drei Frauen hinter teuer aussehenden Tischen, alle blonde Anna-Nicole-Smith-Doppelgängerinnen, alle mit Doppel-D-Brüsten, die nur notdürftig von klitzekleinen pinkfarbenen bauchfreien Trägerhemdchen bedeckt waren. Die Worte »Big Boy« dehnten sich über den Implantaten. Und alle drei starrten mir entgegen.
Ich schluckte und fühlte mich auf einmal sehr prüde mit meiner Bibliothekarinnenkluft.
»Äh, hi«, sagte ich zu dem Doppel-D, das der Tür am nächsten war. »Ich möchte zu Bunny Hoffenmeyer.«
Das Doppel-D rutschte auf seinem Sitz herum, und ich widerstand dem Impuls, den Blick abzuwenden, falls ein Implantat
Weitere Kostenlose Bücher