Spionin in schwarzer Spitze (Baccara) (German Edition)
„Nicht weinen. Nicht, wenn ich dir doch gerade erst gesagt habe, dass ich dich liebe.“
„Ich … ich muss dir etwas gestehen“, sagte sie leise. „Und anschließend wirst du mich nicht mehr lieben.“
Stocksteif stand er da und wusste nicht, was er erwidern sollte. Ihm war ja klar gewesen, dass sie ein dunkles Geheimnis mit sich herumtrug. Und jetzt würde er es erfahren. „Nikki …“
„Na, Ärger im Paradies?“, ertönte plötzlich Alans Stimme. Gerade jetzt! Er kam auf die beiden zu und setzte eine besorgte Miene auf. „Ich habe Sie ja gewarnt, was meinen Bruder angeht, Nikki.“ Seine Stimme troff vor gespielter Fürsorglichkeit. „In Jacks Gesellschaft ist man nicht sicher, er kann jeden Moment ausrasten. Aber ich kann Sie von hier wegbringen, wenn Sie das möchten. Er wird es nicht wagen, gewalttätig zu werden, weil so viele Leute zusehen.“
„Lass den Quatsch und verschwinde, Alan“, stieß Jack hervor.
Sein Bruder ignorierte ihn und streckte Nikki die Hand entgegen. „Ich kümmere mich gerne um Sie, meine Liebe.“
Instinktiv trat sie einen Schritt zurück. „Das vergessen Sie mal ganz schnell“, zischte sie ihn an.
Alan ließ die Hand sinken und wurde knallrot. Als er bemerkte, dass etliche Gäste die peinliche Szene mit angesehen hatten, wandte er sich ohne ein weiteres Wort um und stapfte wütend davon.
„Oje, das hätte ich lieber nicht tun sollen“, flüsterte Nikki. „Eigentlich wollten wir ihm doch vorspielen, dass wir ihn nicht mehr verdächtigen, aber ich konnte einfach nicht anders reagieren. Als er die Hand nach mir ausgestreckt hat, da habe ich nur eine Mörderhand gesehen.“
Jack seufzte. „Mach dir deswegen keine Sorgen. Denn wenn du ihn nicht abgewiesen hättest, dann hätte ich schon dafür gesorgt, dass du nicht mit ihm verschwindest, und dabei wäre ich sicher noch etwas energischer geworden als du. Außerdem hätten wir seine Zweifel sowieso nicht zerstreuen können. Er geht mit Sicherheit noch davon aus, dass wir ihn verdächtigen. Irgendwie hat sowieso immer Misstrauen zwischen uns geherrscht. Von Kindheit an. Ein richtiges brüderliches Band hat es nie zwischen uns gegeben.“
„Und dieses Band ist nicht mal entstanden, nachdem du ihm das Leben gerettet hast?“
„Das hat alles nur noch schlimmer gemacht. Ich habe ja nicht den Anstand besessen, bei diesem Rettungsversuch zu sterben.“
Nikki verzog den Mund. „Sag so was nicht.“
„Hätte ich Alan damals nicht gerettet, dann wäre Reginald heute noch am Leben.“
Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn durchdringend an. „Aber hättest du einfach nur dagestanden und nichts getan, dann hätten die Schuldgefühle dich später fertiggemacht“, erklärte sie ihm mit fester Stimme. „Du wärst nicht der Mann, der du heute bist, wenn du deinen Bruder einfach hättest umkommen lassen. So bist du nicht, Jack.“
Wahrscheinlich ahnte sie nicht einmal, wie viel ihm ihre Worte bedeuteten. Auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, war er zutiefst gerührt. Er hatte es bisher nur selten erlebt, dass ihn jemand so durchschaute, so genau bis zum Kern seines Wesens vordrang. Das lag natürlich teilweise daran, dass er sich anderen Menschen nur selten öffnete. Sein ganzes Leben lang hatte er sich aus Angst vor Verletzungen abgeschottet.
Das hatte er bereits in der Schule gelernt. Nachdem bekannt geworden war, dass er ein uneheliches Kind war, hatte er immer wieder Hohn und Spott seiner Mitschüler ertragen müssen. Nicht zuletzt, weil Alan die anderen stets aufs Neue an seine Herkunft erinnerte. Die Mädchen wurden vor ihm gewarnt, als hätte er eine ansteckende Krankheit. Die Jungen sprachen abfällig von ihm als „Bastard“. So war er ganz automatisch in die Außenseiterrolle gedrängt worden. Der Makel der unehelichen Geburt hatte ihn sogar noch bis aufs College verfolgt, zumindest eine Zeit lang. Dann, nach und nach, spielte seine Herkunft keine Rolle mehr. Und schließlich war er trotz aller widrigen Umstände ein überaus erfolgreicher Geschäftsmann geworden. Dennoch hatten die Wunden der frühen Jahre ihre Spuren hinterlassen.
„Nikki …“ Er wollte ihr alles erklären, ihr begreiflich machen, dass er wegen seiner Kindheitserfahrungen sehr verletzlich war. Dass er es deshalb als Herabsetzung empfand, wenn sie vor der High Society von Charleston nicht zu ihrer Verlobung mit ihm stehen wollte. Doch in diesem Moment ertönte Musik. Jetzt war es zu spät für eine längere Aussprache,
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