Spionin wider Willen: Fall 1 für Markus Neumann und Janna Berg (German Edition)
Sie verspürte kein Verlangen nach mehr. Natürlich war das unfair Sander gegenüber, andererseits wollte sie auch nicht so rasch aufgeben. Möglicherweise änderte sie ihre Meinung ja noch, wenn sie sich selbst etwas mehr Zeit gab. Wahrscheinlich machte sie sich einfach viel zu sehr verrückt.
Mitten in ihre Überlegungen hinein vernahm sie das Brummen eines Automotors. Normalerweise hätte sie nicht weiter darauf geachtet, wenn der Wagen einfach vorbeigefahren wäre. Doch er wurde langsamer, schien drüben am Waldweg anzuhalten.
Jannas Herz schlug unvermittelt schneller. Sie stand auf und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Hinter den Büschen war das Licht von Scheinwerfern zu sehen, dann verstummte der Motor.
Mit einem unguten Gefühl ging sie zur Haustür, schaltete den Bewegungsmelder ein und machte einen Schritt zurück, damit das Licht anging. Sogleich sprang der Motor wieder an und das Auto fuhr davon.
Mit klopfendem Herzen und heftig atmend rannte Janna ins Haus und warf die Tür hinter sich zu. Den Schlüssel drehte sie zweimal herum, dann eilte sie zur Hintertür und verschloss auch diese. Hastig überprüfte sie auch noch alle Fenster im Untergeschoss und sogar im Keller. Erst, als sie sicher war, dass es ein Einbrecher nicht leicht haben würde, ging sie zurück in ihr Schlafzimmer.
Ob es derselbe Wagen gewesen war, der vorhin vor ihrem Vater davongefahren war? Janna schüttelte den Kopf. Das war doch Unsinn. Wahrscheinlich hatte der Fahrer eben nur angehalten, weil sein Handy geklingelt hatte. Oder vielleicht war ein Tier auf der Straße gewesen. Andererseits hatte es in den vergangenen Monaten hin und wieder Einbrüche im Ortsrandgebiet von Rheinbach gegeben. Vielleicht wollten die Täter nun auch hier mögliche Einbruchsziele ausbaldowern.
Nachdenklich schälte sie sich aus ihren Kleidern, schlüpfte in ihr Nachthemd und ging hinüber ins Bad, um sich bettfertig zu machen. Als sie sich kurz darauf unter ihrer Decke ausstreckte, kreisten ihre Gedanken noch immer unablässig um den mysteriösen Wagen. Ein unbestimmtes Gefühl sagte ihr, dass es kein Einbrecher gewesen war. Zumindest keiner, der es auf ihre Wertsachen abgesehen hatte. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie Markus Neumann anrufen sollte, verwarf den Gedanken dann aber wieder. Es war Donnerstagnacht und er hatte ganz bestimmt Feierabend. Außerdem würde er sie wahrscheinlich für eine hysterische Ziege halten, wenn sie ihn wegen eines vorbeifahrenden Autos nervte. Also schloss sie die Augen und begann, langsam von hundert an rückwärts zu zählen. Als sie bei dreißig angekommen war, glitt sie unbemerkt in einen ruhigen Schlaf.
***
Bonn, Arndtstraße
Wohnung von Markus Neumann
Freitag, 22. Juli, 6:45 Uhr
Gähnend streifte Markus seine schwarze Lederjacke ab und hängte sie an die Garderobe. In der Küche setzte er Kaffee auf und suchte als Nächstes das Badezimmer auf, um unter der Dusche die Spuren der vergangenen Nacht abzuwaschen. Vor allem das sehr intensive Parfüm, das Leni benutzte. Während er sich auszog, fiel ihm der Zettel mit ihrer Telefonnummer ein, den er in der Hosentasche vergraben hatte. Er zog ihn hervor und legte ihn auf die Ablage unter dem Spiegel. Später würde er die Nummer in sein elektronisches Adressbuch übertragen, obwohl er noch nicht wusste, ob und wann er sie benutzen würde.
Leni war ihm in einem der Clubs begegnet, die er am Vorabend auf der Suche nach netter Gesellschaft abgeklappert hatte. Und nett war sie wirklich gewesen. Groß, blond, hübsche Kurven. Von Beruf Tochter, das hatte er gleich bemerkt. Zwar studierte sie irgendwas – was war ihm entfallen –, aber sie schien nicht auf einen raschen Abschluss angewiesen zu sein.
Soziologie! Nun war es ihm doch wieder eingefallen. Vielleicht notierte er sich das besser bei ihrer Nummer. Sie hatten zusammen getanzt, etwas getrunken, über irgendwelchen Nonsense gelacht und waren dann irgendwann gegen Mitternacht zu ihrer Wohnung gefahren, die nur ein paar Minuten vom Club entfernt lag. Grinsend trat Markus unter den heißen Wasserstrahl.
Eine halbe Stunde später saß er mit einer Ausgabe der Kölnischen Rundschau und des General-Anzeigers an dem kleinen Tisch in der Küche und trank den ersten Kaffee des Tages. Er überflog die Titelseiten beider Zeitungen und wandte sich dann gleich den politischen Ereignissen sowie der Wirtschaftsseite zu. Zwar erhielt er die wichtigsten Meldungen auch im Institut über seinen Computer,
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