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Spitfire: Kühler Tod

Spitfire: Kühler Tod

Titel: Spitfire: Kühler Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Sandoval
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gekippt … wahrscheinlich ein paar Kinder.«
    Papas Worte sind ein direkter Schlag in meinen Solarplexus. Als ich zwölf war, habe ich einmal dasselbe bei einem Truck in der Nachbarschaft gemacht. Es war meine verdrehte Art, die Welt dafür zu strafen, dass sie mir meine Eltern genommen hatte. Die Vorstellung, dass irgendein grausamer Mensch Papa zur Zielscheibe seines Zorns gemacht hat, kann ich kaum ertragen.
    »Das tut mir so leid.«
    »Ist schon okay, Mija. Ist doch nicht deine Schuld«, antwortet Papa. Aber ich weiß sehr genau, dass dieser Vorfall eine karmische Verbindung zu mir hat, Papa war dabei nur ein Kollateralschaden.

    Bevor ich mich versehe, sitze ich schon im Bus nach Alameda. Während ich auf der Oakland-Bay-Bridge im Stau stehe, rufe ich Papa an, um ihn wissen zu lassen, dass ich unterwegs bin.
    Als ich auf der Insel ankomme, hat die Werkstatt Papa schon angerufen und gemeldet, der Truck sei fertig. Wir gehen einkaufen. Maiskolben sind im Angebot. Wir rupfen mit wachsender Begeisterung die Blätter von den Kolben, auch wenn auf einem Schild steht, dass man das nicht tun soll. Papa sagt immer: »Maiskolben in den Blättern zu kaufen ist wie einen Fremden zu heiraten.«
    Der mental retardierte Junge, der hinter der Kasse die Einkäufe in Tüten verpackt, ist so lahm, dass ich die Geduld verliere. Ich schnappe mir eine Tüte und stopfe sämtliche Kühlsachen hinein. Manchmal fällt es mir schwer, vom Tempo einer hochkoffeinierten Stadt in den gemächlichen Gang des Insellebens runterzuschalten.
    Draußen sagt Papa zu mir: »Weißt du, manchmal brüllen die Leute mich an, weil ich auch etwas langsamer bin.«
    Plötzlich fühle ich mich, als könnte ich einfach nichts richtig machen. Reue steigt in meiner Brust auf und ich breche in Tränen aus. Papa nimmt mich in die Arme. Er sagt nichts. Er lässt mich einfach weinen.

    An diesem Abend schalten Papa und ich die Zehn-Uhr-Nachrichten ein. Gerade unterhalten wir uns darüber, dass die News auf Kanal zwei ohne Dennis Richmond, der sie vierzig Jahre lang moderiert hat, eben einfach nicht mehr dasselbe sind, als Justins Gesicht auf dem Bildschirm erscheint. Wir erstarren.
    »Ist das …«, langsam deutet Papa auf den Fernseher. Auf der Party zu meinem fünfundzwanzigsten Geburtstag hat er Justin kennengelernt.
    Ich nicke.
    Richmonds Ersatz erläutert, dass Justin mehrere Elektroschocks von einem Taser ertragen musste, bevor er erstickte. Dem Blutfluss seiner Wunden nach zu urteilen, muss er noch gelebt haben, als ihn der Mörder in den Kühlschrank sperrte. Er war höchstwahrscheinlich bewusstlos, aber am Leben. Etwas in mir zerbricht und ich heule sofort wieder los.
    Papa stellt den Fernseher aus und bringt mich ins Bett. Er geht in die Küche und kocht mir einen Tee aus Damiana, Baldrian, Lavendel, Kamille und einem Schuss Brandy. Sobald ich den heißen Tee ausgetrunken habe, fühle ich seine beruhigende Wirkung. Meine rasenden Gedanken kommen zur Ruhe und meine angespannten Muskeln verwandeln sich in Pudding.
    Während ich in den Schlaf hinübergleite, denke ich, dass es Monster wirklich gibt. Und genau in dem Augenblick dieser düsteren Erkenntnis höre ich wütende Stimmen von draußen. Das muss das Paar von der anderen Straßenseite sein. Als der Mann zu brüllen anfängt, öffne ich die Augen.

KAPITEL 11
    Montag, 25. Juli
    Am Montagmorgen bin ich mir ziemlich sicher, dass ich mich restlos ausgeweint habe. Ich angle mir meinen Laptop vom Nachttisch und schlage online die verschiedenen Stufen der Trauer nach. Ich muss einfach wissen, was noch auf mich zukommt.
    Nach Dr. Phil, dem Moderator einer Psychologieshow, gibt es insgesamt vier Stufen:
Schock
Verweigerung
Wut
Akzeptanz
    Ich suche weiter. Irgendein weniger bekannter PhD, der vermutlich niemals eine eigene Fernsehshow kriegen wird, weil er offenbar noch nicht begriffen hat, wie kurz die Konzentrationsspanne eines Durchschnittsamerikaners ist, glaubt, dass es sogar sieben Stufen sind:
Schock und Verweigerung
Schmerz und Schuld
Wut und Feilschen
Depression
Besserung
Rekonstruktion
Akzeptanz
    Darüber denke ich nach. Bei Dr. Phils Modell befinde ich mich irgendwo zwischen Stufe eins und zwei, bei dem Modell des Unbekannten dagegen zwischen Stufe eins, zwei, drei und vier.

    Es ist ein warmer Morgen und die Inselluft duftet würzig nach Fenchel und Salbei. Anstatt mich an der Oakland-BART-Haltestelle abzusetzen, fährt mich Papa zum Fährhafen in Alameda. An Bord gehe ich ganz nach hinten ans

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