Spitfire: Kühler Tod
niedrigeren Gesundheitskosten«, rattert Ola herunter, als würde sie den Text von einem Spickzettel ablesen.
Erste Buhrufe werden laut.
Ola sieht Hilfe suchend zu Royce hinüber. Er übernimmt das Podium. »Das wären dann genug Fragen«, entscheidet er.
Jin steht auf. Mit verschränkten Armen stellt sie sich uns entgegen. »Wie Sie wissen, gibt es zahllose Arbeitgeber, die ihren Angestellten überhaupt keine Krankenversicherung bieten«, faucht sie.
Diese Drohung verwandelt die ansonsten eher gutartige Gruppe von Bürofaulenzern in einen geifernden Mob.
»Sollen sie doch Kuchen essen«, flüstere ich Sam zu.
»Ich wette zehn Donuts, dass das ihre Idee war«, wispert Sam zurück.
Aus Angst vor einer Revolte schließt Royce das Meeting mit ein paar knappen Worten, aber alles, was ich davon verstehe, ist: »… sind schließlich ein Team und was dem Schwarm nicht nützt, nützt auch der Biene nicht …« Weil Royce Franzose ist, kennt er sich mit amerikanischen Sprichwörtern nicht besonders gut aus, dieses hat er vermutlich in irgendeiner Doku aufgeschnappt.
Nach dem Meeting murmle ich Sam aus dem Mundwinkel zu: »Team steht für …«
»… Toll, Ein Anderer Macht’s«, beendet Sam den Satz ohne Zögern.
Wir lachen laut.
Wir kommen an Doris vorbei. »Hey Sam. Wieder mal irgend so ein Meeting, was? Hey Tomi. Dein Nagellack gefällt mir, wie heißt die Farbe?«
»Klar«, antworte ich trocken. Eine speichelleckende Doris ist noch viel trauriger und verstörender, als ich es mir jemals vorgestellt habe.
Ich werfe einen Blick auf den Kalender in meinem Büro. Es ist fünfzehn Tage her, dass Justin ermordet wurde, und die Polizei hat sich immer noch nicht mit Scott in Verbindung gesetzt. Ich weiß nicht, was ich schlimmer finden soll: dass ich eine Verdächtige in einem Mordfall bin, oder dass unser Freund und Helfer es noch immer nicht geschafft hat, mein Alibi zu überprüfen. Leider hatten Morde in diesem Monat offenbar Hochkonjunktur und irgendwie muss ich wohl durchs Raster gerutscht sein.
Auf dem Anrufbeantworter sind mehrere Nachrichten. Die dritte stammt von Detective Dalton. Mit zittriger Hand schreibe ich die Nachricht ab und als Scott hereinkommt, reiche ich ihm einen Stapel Papier mit der Anrufnotiz ganz obenauf. Er liest sie ohne jeden Kommentar.
An seinem Schreibtisch angekommen, kümmert er sich erst um alle anderen Anrufe. Ich muss einen frustrierten Aufschrei unterdrücken. Dann, schweißige zehn Minuten später, ruft er endlich bei der Polizei an.
Ich kann nur seine Seite der Unterhaltung hören:
»Ja, hier spricht Scott Martin. Detective Dalton hat mich um Rückruf gebeten.«
Pause.
»Ja, davon habe ich gehört. Ich habe ihn nie kennengelernt, aber ich habe Kinder und fühle mit seinen Eltern.«
Pause.
»Wie bitte? Die Verbindung ist schlecht.«
Pause.
»Da muss ich erst in meinem Kalender nachsehen. Einen Augenblick.«
Während Scott auf seiner Tastatur herumhämmert, rauche ich vor Zorn.
»Okay … wie war noch mal das Datum?«, fragt er.
Lange Pause. Mittlerweile habe ich fast den gesamten Klarlack von meinem Daumennagel geknabbert. Karma ist hart, aber gerecht, und das hier ist die Quittung für den Scherz auf Doris’ Kosten.
»Freitag … 15. Juli«, wiederholt Scott. »Hier haben wir’s ja. Mal sehen. Ja, Tomi ist pünktlich zur Arbeit erschienen. Wir waren beide den ganzen Morgen über hier. Ich kann mich für sie verbürgen.«
Ich schließe die Augen und stoße einen langen Atemzug aus.
»Am Nachmittag? Da habe ich mich mit einem Kunden getroffen … Jasper Clarke.«
Pause.
»Tja … nein. Wir haben den Nachmittag in meinem Club in Tiburon beim Tennisspielen verbracht, danach sind wir in mein Homeoffice gefahren.«
Pause.
»Nein. Am Nachmittag habe ich sie nicht mehr gesehen, aber der Menge an Arbeit nach zu urteilen, die sie erledigt hat, muss sie wohl hier gewesen sein.«
Mit Schrecken wird mir plötzlich klar, dass ich noch immer eine Verdächtige bin.
KAPITEL 13
Donnerstag, 4. August
Jin, meine neue beste Freundin, hat mich diese Woche jeden Tag zum Mittagessen eingeladen. Es stört mich nicht mal besonders, dass sie darauf besteht, mit mir rumzuhängen. Mit Essen kann man mich kaufen. Schnell habe ich herausgefunden, dass ihr Bekanntenkreis nicht etwa nur aus anderen Trophäenfrauen besteht, sondern auch aus Kellnern und Verkaufspersonal. Mit anderen Worte, aus Leuten, die nett zu ihr sind, um ein besseres Trinkgeld zu bekommen oder ihr
Weitere Kostenlose Bücher