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Spitfire: Kühler Tod

Spitfire: Kühler Tod

Titel: Spitfire: Kühler Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Sandoval
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das Recht auf drei Anrufe. Wenn man eines schweren Verbrechens wegen angeklagt ist, sollte man sich sofort einen Anwalt nehmen. Der hat einen dann üblicherweise am Abend desselben Werktags rausgehauen; wenn man Pech hat und es ist Wochenende, muss man allerdings vielleicht auch noch die Nacht im Knast verbringen.

    Das hier ist mit Abstand der längste Tag meines Lebens! Dalton und Harrison bringen mich ins Polizeipräsidium und schleifen mich in ein Verhörzimmer. Dann lassen sie mich da sitzen und sind bestimmt einfach nach Hause gegangen.
    Ich weiß nicht, wie lange ich hier schon warte. Meine Armbanduhr haben sie mir weggenommen und die Uhr an der Wand funktioniert nicht, aber es ist lange genug, um mich in dem kalten bläulichen Neonlicht frösteln zu lassen. Eine der Lampen flackert; bestimmt tut sie das, um einen Anfall auszulösen oder so.
    Als ich die Augen schließe, sehe ich Whim vor mir. Als ich sie zuletzt gesehen habe, humpelte sie in Schlabberhosen durch die Gegend und hatte ein T-Shirt an, auf dem 2QT2BSTR8 stand. Das heißt too cute to be straight: zu süß, um hetero zu sein. Es war ein Geschenk von ihrer Mutter, mit dem sie Whim zeigen wollte,wie sehr sie ihre Art zu leben (heimlich) unterstützte. Whim trug es nur zu Hause, aber dafür schlief sie jede Nacht darin.
    Mir fällt wieder ein, dass ein paar von uns vorhatten, am Samstag zu einem Musikabend ins Castro Theater zu gehen. Ich wollte Nickels mitbringen und ihn allen vorstellen. Das war Whims Idee, also kann sie nicht tot sein!
    Mein Kopf dröhnt. Ich lege erst die Arme, dann die Stirn auf die Tischplatte. Das letzte Mal muss ich das in der zweiten Klasse getan haben. Plötzlich höre ich, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wird. Dann Schritte, gefolgt vom Schaben von Stuhlbeinen. Ich sehe nicht auf, weil ich weiß, dass einer von ihnen Detective Dalton ist und dass er genau das will.
    »Was können Sie denn bloß gegen mich in der Hand haben?«, frage ich die Tischplatte.
    »Genug, um Sie einzusperren«, antwortet Dalton gehässig.
    Mir wird bewusst, dass ich nicht gerade passend angezogen bin fürs Gefängnis. Ich fühle mich wie ein Muffin mit rosa Glasur bei einer Kirchenveranstaltung zur Fastenzeit.
    Dann lausche ich wieder Dalton. »Whim wurde am Wochenende in ihrer Wohnung ermordet. Sie ist in ihrem Kühlschrank erstickt. Kommt Ihnen das bekannt vor, Ms Reyes?«
    Mein Herz macht einen Satz und ich kann an nichts anderes denken als daran, dass Whim wahrscheinlich in diesem T-Shirt gestorben ist. Mit großer Mühe hebe ich den Kopf, er ist schwer wie eine Bowlingkugel. Ich sage etwas, das wie »Whah?« klingt.
    »Anscheinend haben wir einen Serienmörder in unserer Mitte«, schlussfolgert Dalton und meint damit eindeutig mich.
    »Muss man nicht mindestens drei Menschen umgebracht haben, um ein Serienmörder zu sein?«, plappere ich ohne nachzudenken.
    Harrison beißt sich auf die vollen Lippen, um nicht zu lächeln.
    Daltons Blick wird stahlhart. »Und warum wissen Sie so etwas?«
    Ich schlucke und es ist, als müsste ich einen Aprikosenkern herunterwürgen. »Ich möchte mit einem Anwalt sprechen.«
    Beide Detectives lehnen sich gleichzeitig zurück. »Haben Sie etwas zu verbergen?«, fragt Dalton.
    »Wir wollen Ihnen nur ein paar Fragen stellen«, fügt Harrison hinzu.
    Ich mustere ihre Mienen und versuche etwas Abstand zu gewinnen. Für sie ist das hier nur ein ganz normaler Arbeitstag. Für mich mein verkorkstes Leben. Ich räuspere mich. »Ich berufe mich auf mein Recht auf einen Rechtsberater, auf mein Recht zu schweigen und auf mein Recht gegen Selbstbezichtigung«, rezitiere ich und verschweige dabei, dass ich das alles nur aus dem Fernsehen kenne.
    »Nur schuldige Menschen verlangen nach einem Anwalt«, behauptet Dalton.
    »Und vorsichtige Menschen« korrigiere ich und wappne mich gegen eine Tirade, die mit »Miststück!« endet. Stattdessen stehen beide einfach auf und gehen wortlos hinaus.

    Wie sich herausstellt, muss ich keinen meiner drei Anrufe opfern. Nur wenige Minuten nach der kleinen Unterhaltung mit den Detectives wird ein dicklicher Mann in grauem Anzug und mit Aktentasche ins Verhörzimmer geführt.
    »Ms Reyes, ich bin Marvin Mishkin und ich werde Sie vertreten«, stellt er sich vor und schüttelt mir mechanisch die Hand.
    Ich bin komplett von den Socken. Sogar der Pizzaservice braucht doch mindestens eine halbe Stunde, bis er da ist. »Wie sind Sie so schnell hierhergekommen?«
    »So schnell? Ich

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