Spitfire: Kühler Tod
Speisekarte wieder auf und überfliege die mittelpreisigen Angebote. Dann bestelle ich den frischen gegrillten Lachs in einer Creme aus sonnengetrockneten Tomaten – keine Vorspeise, kein Dessert, kein Spaß!
»Ist das alles? Bestellen Sie doch noch ein paar Tapas«, drängt Scott.
»Nur wenn Vilma sie mit mir teilt«, sage ich.
Scotts Blick huscht zu seiner Frau, aber sie sagt kein Wort. Ich lasse das Thema fallen.
Er bestellt Ceviche und mehrere warme Tapas. Unser diensteifriger Kellner eilt davon, um die Bestellung weiterzugeben.
»Also …«, beginne ich im Plauderton, um die Situation aufzulockern. »Wie geht es den Kindern?«
»Gut … echte Racker«, erzählt Vilma und sieht mich zum ersten Mal an. »Das Schuljahr hat gerade angefangen. Caleb ist jetzt in der achten Klasse und Zoe in der siebten.«
»Wow, achte Klasse. Das ist ja fast schon Highschool«, sage ich.
Scott hüstelt und Vilma reagiert sofort. Ihre Miene wird mitfühlend und sie beugt sich zu mir. »Ich habe von dieser schrecklichen Tragödie gehört und natürlich verfolgen wir die Nachrichten. Wie geht es Ihnen?«
»Ich … komme zurecht«, versichere ich, will aber eigentlich nicht darauf eingehen.
»Kennen Sie Herman … den Mann, der verhaftet wurde, meine ich? In diesem Punkt waren die Zeitungsmeldungen etwas unklar.«
»Ja. Er ist ein alter Freund.«
Vilma wagt einen Vorstoß. »Ich habe gehört, Justin habe Sie in seinen letzten Augenblicken angerufen. Stimmt das?«
Der Kellner kehrt mit Granizado de Limón zurück, was eigentlich nur Limonade mit Eis bedeutet. Als ich nicht antworte, wechselt Vilma wieder das Thema. »Haben Sie denn einen festen Freund? Ist es etwas Ernstes?«
»Ja«, antworte ich, allerdings in Scotts Richtung. »Sie haben ihn ja bei Whims Trauerfeier kennengelernt.«
»Whims Trauerfeier?«, fragt Vilma, als sei ihr das ganz neu.
Das handelt mir einen Blick von Scott ein. »Der Feuerspringer?«
»Der Feuerwas?«, fragt Vilma.
»Eigentlich ist er beim FBI. Diese Feuerspringergeschichte war nur ein kleiner Witz zwischen uns beiden.«
»Erzählen Sie mal«, fordert er mich auf.
»Was erzählen?«, frage ich.
»Den Witz.«
»O ja«, Vilma klatscht in die Hände. »Ich würde gerne einen Witz hören.«
Ich sitze in der Falle! »Das ist … irgendwie privat«, brabbele ich und nippe an meiner spanischen Limonade, nur um etwas zu tun zu haben. Aber sie schmeckt so erfrischend, dass ich gleich noch einen Schluck nehme. Das hier ist eher Sorbet mit süßem Zitronenpüree als eine wässrige amerikanische Limonade.
»Ich weiß einen Witz?«, schlägt Vilma hoffnungsvoll vor.
»Erzählen Sie«, sage ich und ahme Scotts Tonfall nach.
Vilma sieht Scott an, um sich zu vergewissern, dass das in Ordnung ist. Trotzdem noch verunsichert, fängt sie langsam an zu erzählen: »Ein Hase, ein Fuchs und ein Bär sollen zur Musterung. Natürlich wollen sie nicht zum Militär und überlegen sich, was sie nun am besten tun.
Der Fuchs sieht seinen langen, buschigen Fuchsschwanz an und denkt: ›Ein Fuchs ohne Schwanz wird sicher nicht genommen, ich schneide ihn mir einfach ab.‹ Als er aus dem Musterungszimmer kommt, fragen die anderen beiden gespannt: ›Und?‹
›Ausgemustert. Einen Fuchs ohne Schwanz wollen sie nicht.‹
Weil es beim Fuchs so gut geklappt hat, denkt sich der Hase: ›So versuche ich es auch.‹ Er sieht auf seinen Stummelschwanz. ›Nein‹, denkt er. ›So geht es nicht. Aber ich habe sehr lange Ohren, die könnte ich mir abschneiden, einen Hasen ohne Ohren nehmen sie ganz bestimmt nicht.‹ Gesagt, getan.«
Langsam kommt Vilma in Fahrt.
»Als der Hase aus dem Musterungszimmer kommt, fragen die anderen wieder gespannt: ›Und?‹
›Ausgemustert‹, antwortet der Hase. ›Einen Hasen ohne Ohren wollen sie nicht.‹
Nun ist der Bär an der Reihe. Aber weil er einen Stummelschwanz und kleine Ohren hat, ist er zunächst ratlos. ›Meine Zähne‹, fällt ihm dann ein. ›Ich könnte sie mir ausschlagen, einen Bären ohne Zähne nehmen sie sicher nicht.‹
Gesagt, getan.
Als auch der Bär wieder aus dem Musterungszimmer kommt, fragen die anderen beiden gespannt: ›Und?‹
›Aufgemuftert!‹, nuschelt der Bär, ›fu dick.‹« Vilma schlägt mit der Hand auf den Tisch, dass die Teller klappern.
Nach der Arbeit gehe ich ins
Pig and Peach
und bestelle zwei Bier. Als Sam schließlich eintrifft, erzähle ich ihr von meiner Verabredungmit meinem Boss und seiner Frau. Bevor ich ihr
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