Spitfire: Kühler Tod
aber Genaueres über Scott und Vilma berichtet, frage ich: »Erinnerst du dich noch an
Rosemarys Baby?«
»Diesen Film mit Mia Farrow, in dem sie Vitaminshakes trinkt, die wie Rotze aussehen?«
Ich nicke. »Irgendwie war es, als würde ich mit Rosemarys gruseligen Nachbarn essen … mit Roman und Minnie Casevets. Nur musst du dir Minnie ohne jedes Rückgrat vorstellen … und ohne eigene Persönlichkeit.«
Sie schüttelt den Kopf. »Verstehe ich nicht. Was hat das mit dem Film zu tun?«
Ich überlege. »Mir kam es irgendwie so vor, als hätten sie einen geheimen Plan.«
Dann erzähle ich ihr alles. Als ich fertig bin, wirft Sam den Kopf in den Nacken und lacht. »Ist nicht wahr!«
Es wäre wirklich lustig, wenn es nicht so unheimlich und traurig gewesen wäre. Ich muss trotzdem lachen.
Sie seufzt. »Na ja … der Witz ist immerhin irgendwie süß.«
Ich nicke, aber ich komme einfach nicht darüber hinweg, wie sehr mich Vilma an den Bären in ihrem eigenen Witz erinnert hat.
»Glaubst du, sie sind vielleicht Swinger?«, fragt sie.
Bei dem Gedanken wird der Speichel in meinem Mund zu Essig und ich verziehe das Gesicht. »Igitt!«
Ich hole eine zweite Runde Bier von der Bar. Auf dem Rückweg reiße ich versehentlich einen verirrten Hipster auf.
»Hey, mir ist gerade aufgefallen, dass du genau wie meine zukünftige Freundin aussiehst«, baggert er los.
»Wohl eher wie deine Ex«, schießt Sam zurück und funkelt ihn an, bis er wegsieht.
Das charmante Lächeln des Hipsters verwandelt sich in etwas Hässliches. »Was wollt ihr denn in einer Bar, wenn ihr nicht auf Gesellschaft steht?«
»Bier«, kontern wir im Chor.
Wir sehen uns an. Ich bin schneller und knuffe sie. »Erste!«, rufe ich. »Du schuldest mir eine Cola.«
Der Typ sieht uns angewidert an. »Scheißlesben«, knurrt er und geht.
Wir knüpfen an unsere vorherige Unterhaltung an. »Für eine attraktive Frau gibt es schon eine Menge Gründe, mit einem unattraktiven Mann zusammen zu sein«, erklärt Sam und zählt an den Fingern ab. »Er würde sie niemals betrügen. Er tut alles, was sie sagt. Oder er ist ein Computerfreak und bringt ihren Computer immer wieder in Gang.«
Ich muss lächeln.
»Aber für einen attraktiven Mann gibt es nur einen einzigen Grund, mit einer unattraktiven Frau zusammen zu sein.«
»Humor?«, schlage ich hoffnungsvoll vor.
»Geld.«
»Papa sagt immer, Heirat ist reine Bestechung. So kann sich die Haushälterin fühlen, als wäre sie die Hausherrin. Vielleicht ist es ja auch das.«
»Hast du Nickels Laptop schon geknackt?«
»Nein.«
Sie lehnt sich zurück. »Ich bin schockiert. Dich muss es ja echt schlimm erwischt haben, wenn du seine Privatsphäre dermaßen respektierst.«
»Er hat ihn in einem Aktenkoffer weggeschlossen. Quasi gepanzert.«
»Wow, der kennt dich gut.« Sam trinkt einen Schluck von ihrem Bier. »Vielleicht kriegt Herpes das Ding ja auf?«
»Ich bezweifle, dass er im Knast seinen Werkzeugkasten dabei hat.«
»Er kommt heute raus … oder besser, er ist heute rausgekommen.« Sie sieht auf die Uhr. »Es war eine Scheinbelastung. Herpes Alibi war in Vegas. Aber sobald sie wieder hier war, ist sie sofort zur Polizei gestiefelt und dann mussten sie ihn laufen lassen.«
Mit neuem Mut krame ich in meiner Tasche nach meinem Handy und wähle Herpes’ Nummer. Die Mailbox meldet sich. »Herpes! Hier sind Tomi und Sam. Ruf mich zurück, sobald du das hier hörst.« Dann lege ich auf und schreibe ihm eine SMS mit dem gleichen Inhalt.
KAPITEL 40
Dienstag, 30. August
Ich erreiche Herpes einfach nicht und allmählich mache ich mir Sorgen, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte. Abends kann ich nicht einschlafen. Vor meinem inneren Auge taucht immer wieder Herpes auf, brezelartig verrenkt in seinen Kühlschrank gestopft. Unruhig werfe ich mich die ganze Nacht hin und her wie in einem Werbespot für Schlaftabletten – bevor der Schauspieler die Tabletten geschluckt hat.
Als am Morgen schließlich der Wecker klingelt, bin ich völlig erledigt. Nachdem mich Nickels bei der Arbeit abgesetzt hat, versuche ich es noch einmal auf Herpes’ Handy. Beim vierten Läuten nimmt er ab. »Ich ruf später zurück, Tomi«, sagt er mit verschlafener Stimme.
»Wach sofort auf, Herman!«, brülle ich ins Handy.
»Okay, okay, is ja gut … scheiße«, murmelt er und ich höre das Klicken eines Feuerzeugs, was vermutlich bedeutet, dass er sich gerade eine Zigarette ansteckt … oder einen Joint.
In
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