Spitfire: Kühler Tod
nicht.«
»Aha … ein Kommerzfeiertag.«
»Genau wie der Muttertag. Danke.« Ich wende mich zum Gehen.
»Wir müssen heute die Mittagspause durcharbeiten. Wenn das für Sie in Ordnung ist.«
»Eigentlich bin ich mit Jin zum Mittagessen verabredet … So ein Pech«, sage ich und bin plötzlich sehr froh über das Zwangstreffen.
»Kein Problem. Wann können Sie am Samstag hier sein?«
Ich winde mich. »Tut mir leid, aber mein Großvater braucht mich dieses Wochenende.« Mein Achselzucken sagt so viel wie:
Was kann ich da tun?
»Ich wollte sowieso mal mit Ihnen reden«, rezitiere ich eine von Scotts Lieblingsfloskeln und setze mich ihm gegenüber. »Ich habe gerade mit Boots gesprochen und sie hat mir erzählt, wie viel Spaß es ihr gemacht hat, für Sie zu arbeiten.«
Ein Bauplan auf seinem Schreibtisch weckt seine Aufmerksamkeit. »Wie nett«, sagt er halbherzig.
»Nach sorgfältigem Nachdenken bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich eigentlich ganz gerne wieder zum Empfang zurückkehren würde. Boots ist sehr daran interessiert, Ihre Assistentin zu werden. Sie hat bewiesen, dass sie diese Aufgabe schultern kann, und sie hat hundertfünfzig Prozent gegeben … sogar während sie gleichzeitig ihre Aufgaben als Rezeptionistin wahrnehmen musste.«
Jetzt kapiere ich, wie leicht einem dieses euphemistische Büroblabla über die Lippen geht. »Mir ist klar, dass das einen Paradigmenwechsel darstellt, aber letztendlich bin ich überzeugt, dass Royce Durand & Associates mit dieser Besetzung besser aufgestellt sein wird.«
Scott schwingt in seinem Stuhl herum. »Was genau wollen Sie mir damit sagen?«
Meine Wangen brennen. Ich versuche es noch einmal, diesmal im Klartext. »Ich würde gerne wieder am Empfang arbeiten.«
»Sie wollen herabgestuft werden?«, fragt er verblüfft.
»Ich arbeite sehr gerne für Sie …«
»Warum wollen Sie mich dann verlassen?«
Das
mich
wirft mich kurz aus der Bahn. »Ich muss mich auf meine Karriere konzentrieren.«
»Als Filmarbeiterin?«
»Als Filmemacherin«, korrigiere ich ihn. »Boots hat nicht nur eine professionelle Ausbildung, sie will auch wirklich hier sein.«
»Und Sie nicht?«, fragt er anklagend.
Jetzt werde ich langsam sauer. Mir ist klar, dass ich die Sache auf sich beruhen lassen sollte, aber ich kann es einfach nicht. »Ich habe einen neuen Freund und möchte meine Wochenenden gerne mit Nick verbringen.«
Er antwortet nicht und ich möchte lieber gar nicht wissen, was das heißen soll. Als ich aufstehe, sagt Scott doch noch etwas. »Mit Mr Turino?«
Ich habe ihm Nickels Nachnamen nie verraten. Gerade frage ich mich, was Scott wohl noch so alles weiß, da steht er auf und tritt viel zu nahe an mich heran. »Sie machen einen schlimmen Fehler. Viel schlimmer, als Ihnen bewusst ist.«
Etwas flackert in seinen Augen auf und für den Bruchteil einer Sekunde erkenne ich glasklar, dass Scott, der Sonnyboy, nichts als eine Verkleidung ist. Ich sehe den Wahnsinnigen in ihm. Und dann ist der Moment auch schon verflogen.
Er geht an mir vorbei und öffnet die Tür. »Schlafen Sie eine Nacht darüber und lassen Sie mich morgen wissen, wie Sie sich entschieden haben.«
Als ich wieder an meinem Schreibtisch sitze, jagen meine Gedanken durcheinander. Das Telefon klingelt und ich zucke zusammen. Dann schlucke ich, bevor ich abnehme. »Scott Martins Büro.«
»Hallo. Hier spricht Margie. Wie geht es Ihnen heute?«
»Beschissen«, flüstere ich und würge die Telefonverkäuferin ab.
In Scotts Büro ist es so still, dass ich mit dem Stuhl in Richtung Tür rolle und durch den Spalt linse. Er geht seine Mails durch. »An die Arbeit, Tomi«, sagt er, ohne aufzublicken.
KAPITEL 41
Die lange Woche und das kurze Wochenende
Michael Corleone hatte ja so recht, als er sagte: »Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.«
Da ich Scott für durch und durch schuldig halte, beschließe ich diesem Mafiosorat zu folgen. Ich werde in Zukunft noch enger mit Scott zusammenarbeiten und so viel über ihn in Erfahrung bringen, wie ich nur kann. Und sobald er einen Fehler macht, werde ich da sein.
Am Donnerstag nehme ich meine Kündigung zurück und Scott lädt mich zur Feier des Tages zum Mittagessen ein. Dann überbringe ich Boots die schlechte Nachricht über meinen Sinneswandel. Was für sie ja eigentlich gute Nachrichten sind, nur dass sie das natürlich nicht weiß.
Leider hatte sie schon dem ganzen Büro von ihrer bevorstehenden Beförderung
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