Spitze Buben
deinen Kumpel Hacker Hackebeil. Da ich von ihm noch nie gehört habe, erspart es mir vermutlich viel Zeit, wenn du mir verrätst, wo er wohnt, ob er ein Mensch ist oder was sonst, ob er mit der Gilde oder wem zu tun hat, eben all das übliche Zeug. Ich bin sozusagen detailbesessen, Winger, Liebling.«
Winger ist der klassische Typ, der auf den Wagen springt und die Mulis antreibt, ohne vorher nachzusehen, ob sie auch angespannt sind. Sie hält sich nicht lange damit auf, Pläne zu schmieden oder Konsequenzen zu bedenken. Weder Vergangenheit noch Zukunft bedeuten ihr etwas. Nicht etwa, weil sie dumm oder idiotisch wäre, nein, sie ist einfach so.
»Du bist wirklich ein ausgemachter Quälgeist, Garrett.«
»Das auch. Ich hör' es immer wieder. Vor allem von dir. Du wirst mir noch einen Komplex einreden.«
»Dir doch nicht. Um einen Komplex zu bekommen, muß man einfühlsam sein. Du bist so einfühlsam wie ein stinkiger alter Stiefel. Hacker Hackebeil dagegen, der ist wirklich sensibel.« Sie grinste.
»Willst du mir jetzt was erzählen oder einfach nur dasitzen und Grimassen schneiden wie eine Kröte auf einem Kuhfladen?«
Das amüsierte sie. »Wie gesagt, Garrett, Hacker Hackebeil ist ein Typ, der Ohrringe trägt.«
»Es gibt eine Menge Typen, die Ohrringe tragen. Deshalb müssen es noch lange keine Homos sein. Es könnte sich auch um wilde Piraten handeln.«
»Ach ja? Außerdem trägt er gern Perücken und legt Make-up auf und stolziert in Frauenkleidern herum. Ich habe sogar gehört, daß er im Tenderloin gearbeitet hatte, ohne daß die Freier wußten, was für eine einzigartige Erfahrung sie gemacht hatten.«
»So was soll's geben.« Im Sündenpfuhl von TunFaire gibt es alles. Ich fand es nicht besonders dramatisch, bis auf die Tatsache, daß Hackebeil vielleicht etwas sehr leichtsinnig mit seinen Geheimnissen umging. Wenn man zu bekannt wird, bekommt man schnell mehr Ärger, als man verkraften kann. Und Ärger herauszufordern, ist schlicht blöd.
»Ist er ein Mensch?« wollte ich wissen.
»Ja.«
»Und er versteckt seine Ticks nicht?«
»Jedenfalls nicht zu Hause. Ich habe allerdings nie gesehen, daß er auf der Straße kleine Jungs gejagt hätte. Warum?«
»Es klingt nicht, als wäre er vorsichtig genug. Hast du eine Ahnung, was Schwule in der Armee durchmachen müssen? Du würdest es nicht glauben. Es ist die reinste Hölle. Die Quintessenz ist jedenfalls, daß jeder, der es nicht sorgfältig verbirgt, nicht lange übersteht. Der Cantard ist der falsche Ort, sich als Angehöriger einer ungeliebten Minderheit zu outen.«
»Ich glaube nicht, daß Hacker gedient hat, Garrett.«
»Ach, ihr duzt euch?«
»Er läßt sich von allen Hacker nennen.«
»Ein richtiger kleiner Demokrat, ja?«
»Allerdings.«
»Schön. Also: Wenn er menschlich und männlich ist, dann muß er irgendwo gedient haben. Sie lassen keine Ausnahmen zu.«
»Vielleicht war er ja ein Drückeberger.«
»Sie hören nie auf, diese Kerle zu hetzen.« Das tun sie wirklich nicht. Niemals. Wenn es um die Wehrpflicht geht, gibt es keine Ausnahmen, das muß man unseren Herren lassen. In diesem Bereich gibt es keine Bevorzugung. Im Gegenteil, was das betrifft, zahlen die da oben sogar mehr als den Preis. Sie marschieren vornweg.
Winger war wirklich sehr geschickt darin, mich von einem Ziel abzulenken. Sie hatte sich zwar von diesem kleinen Prinzchen Hackebeil getrennt, wollte aber nichts über ihn verraten. Das heißt, sie witterte da noch eine Chance.
Winger wittert immer irgendwo eine Chance.
»Laß uns wieder zum Thema kommen. Welche Verbindung gibt es zwischen Hackebeil und Maggie Jenn? Wenn er eine Tunte ist, warum interessiert er sich dann überhaupt für sie?«
»Ich glaube, sie ist seine Schwester.«
»Na und?«
»Vielleicht auch seine Kusine. Auf jeden Fall sind sie irgendwie verwandt. Und sie hat was, das er haben will. Irgendwas, von dem er glaubt, es gehöre ihm.«
»Und deshalb will sie ihn töten?« Die Angelegenheit wurde von Minute zu Minute merkwürdiger.
Ich hasse Familienfehden. Sie sind das Schlimmste, was es gibt. Man gerät dabei in Niemandsland – ohne Landkarte. Was auch immer man tut, es ist falsch. »Was hat er vor, Winger?«
»Ich weiß es nicht.« Jetzt spielte sie mir die Leidgeprüfte vor, wie sich Leute verhalten, wenn Kinder sie mit zu vielen Fragen löchern. »Ich hab' für den Kerl nur gearbeitet, nicht mit ihm gevögelt. Und ich war auch nicht seine Privatsekretärin, genausowenig wie seine
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