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Splitter im Auge - Kriminalroman

Titel: Splitter im Auge - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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aber außer einem Auto, das an ihm vorbeifuhr, war im Augenblick niemand zu sehen. Es fing etwas stärker an zu regnen.
    Fünf Minuten später verließ das Mädchen das Gelände. Sie hatte einen Schirm aufgespannt und ging mit normaler Geschwindigkeit.
    Er setzte sich gerade hin, überprüfte noch einmal den Ausweis in der Tasche und wartete eine Minute. Die Stelle, wo er sie ansprechen wollte, hatte er sich vorher genau ausgesucht, weil auf der einen Seite die Wohnblocks durch einen Grünstreifen abgedeckt waren und auf der anderen Seite so etwas wie ein kleiner Park lag.
    Dann rollte er los und hielt hinter ihr genau an dieser Stelle.
    »Nadine«, sagte er und versuchte eine behördliche Schärfe in seine Stimme zu legen.
    Das Mädchen blieb stehen und drehte sich zu ihm um.
    »Mein Name ist Karl-Heinz Schmitz, ich bin vom Dortmunder Jugendamt.« Er hielt ihr den Ausweis hin und hoffte, dass sie wusste, wie das Original aussah. Das hätte ihn noch eine Spur glaubwürdiger gemacht. »Ich hab’ dich an der Tankstelle gesehen, darf ich fragen, was du dort machst um diese Zeit?«
    Schon ihre erste Reaktion beseitigte alle Zweifel. Sie fühlte sich völlig ertappt und war in der Defensive.
    »Du weißt, dass wir mit dem Sorgerecht für deinen Vater so unsere Schwierigkeiten haben.«
    Sie schwieg unsicher.
    Er blickte nach oben in den fallenden Regen und sagte: »Können wir das im Wagen besprechen, sonst bin ich gleich total nass.«
    Sie folgte ihm zum Auto, faltete den Schirm zusammen und setzte sich auf die Vorderkante des Beifahrersitzes.
    Er sah sich beim Einsteigen in aller Eile um, konnte aber keinen anderen Menschen entdecken. Das erste Auto kam die Straße entlang, als sie schon im Wagen saßen. Nur ihre Sitzposition machte ihm Sorgen.
    »Du arbeitest an der Tankstelle, oder?«
    Sie nickte stumm.
    »Wie alt bist du, Nadine?«
    Sie sah ihn überrascht an und sagte: »Das müssten Sie doch wissen.« Außer Skepsis war in ihrem Ton plötzlich auch etwas anderes, Aufbegehrendes, was er nicht vermutet hatte.
    »Natürlich weiß ich es, aber ich wollte es von dir hören.« Er versuchte, ein wenig ärgerlich zu klingen, um diese Regung sofort zu unterbinden.
    »Fast fünfzehn.«
    Sie saß immer noch auf der vorderen Kante des Sitzes, und er wusste nicht, was er tun sollte.
    »Siehst du, und darum solltest du um diese Zeit zu Hause sein und nicht irgendwo arbeiten. Das darfst du noch gar nicht, und du weißt, dass wir so etwas nicht gerne sehen. Möchtest du was trinken, eine Cola oder einen Ernergy-Drink?« Das Letzte sagte er wieder sanfter.
    Sie schüttelte den Kopf. Langsam musste er sich etwas einfallen lassen.
    »Wo ist dein Vater jetzt?«
    »Auf der Arbeit. Diese Woche hat er Spätdienst.«
    »Weiß er, dass du hier arbeitest, darf ich mal eben?« Er griff zum Handschuhfach, tat so, als ob er etwas suche. Sie machte ihm Platz, setzte sich endlich auf die gesamte Sitzfläche und lehnte sich an.
    Er sah, dass sie mit sich rang, weil sie nicht wusste, welche Antwort richtig war.
    Beiläufig führte er seine Hand zum Schalter für die Nebelscheinwerfer.
    Sie schrie relativ laut, lauter, als die anderen, und er hoffte, dass niemand in der Nähe war.
    »Was ist los?«, fragte er und bemühte sich, überrascht zu klingen.
    »Hier sticht was«, sagte sie und stützte sich mit den Armen so an der Rückenlehne ab, dass sie die Sitzfläche nicht mehr berührte.
    »Wo?« Er strich mit der Hand über den Stoff. »Hier ist nichts.«
    »Doch«, sagte sie, »das hat furchtbar gestochen.«
    Sie setzte sich wieder auf die Vorderkante des Sitzes und rieb sich den Oberschenkel.
    Er strich wieder über den Stoff des Polsters und schüttelte den Kopf. »Versteh’ ich nicht«; sagte er, »der Wagen ist ganz neu.«
    Ihr schien es fast ein wenig peinlich zu sein, aber ihre Augen wurden schon glasig.
    »Geht’s wieder?«, fragte er und betätigte den Schalter für die Zentralverriegelung, damit im letzten Moment nicht noch etwas passierte.
    Sie schüttelte den Kopf und wirkte irritiert. »Ich weiß nicht, irgendwas … Mir wird schwindelig.«
    Sie versuchte mit Mühe, die Augen offen zu halten, aber nach ein paar Sekunden hatte sie den Kampf verloren. Sie kippte unkontrolliert nach vorn. Er fing ihren Oberkörper ab, setzte sie in den Sitz und schnallte sie an.
    Mit einem letzten Blick stellte er fest, dass niemand auf der Straße war. Zwei Autos ließ er vorbeifahren und wartete, bis er ihre Lichter nicht mehr sah. Dann startete er

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