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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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auch, während er langsam die Tür wieder ins Schloss drückte und von innen die Stirn gegen das Türblatt presste.
    Das wütende Brummen der Klingel setzte einen Moment aus und verfiel dann in einen anderen Rhythmus.
    Dreimal kurz, dreimal lang. Dann wieder dreimal kurz. SOS?
    Er griff sich an sein verschwitztes Pflaster im Nacken, die einzige Stelle seines Körpers, die nicht von der Kältemanschette erfasst worden war, die sich immer enger um ihn legte.
    Eine morsende Geistertürklingel. Also eins muss man mir lassen. Selbst meine Halluzinationen beweisen Sinn für Humor.
    Dann ging er rückwärts zum Wohnzimmer zurück, ohne den kleinen, surrenden Kasten oberhalb der Tür aus den Augen zu verlieren, von dem aus ein Kabel über Putz Richtung Fußboden lief, bevor es sich in Höhe der Türklinke teilte; ein Teil des Drahtes wanderte nach unten Richtung Scheuerleiste, der andere verlief parallel zum Boden und verschwand hinter einem Wintermantel, der an einer Garderobenstange hing, die Marc schon beim Einzug vorgefunden hatte.
    Dreimal kurz. Dreimal lang. Natürlich!
    Ich bin so fertig, dass ich nicht mehr richtig denken kann. Er zog den Mantel zur Seite und erinnerte sich an die überschwenglichen Lobpreisungen des Maklers, der so getan hatte, als wäre eine einfache Gegensprechanlage die neueste Errungenschaft aus der Weltraumforschung und damit die Rechtfertigung für die unangemessen saftige Miete.
    Es piepste einmal hell, als er das Telefon aus der Vorrichtung zog. Sofort hörte die Hornisse auf zu brummen. »Ja?«, krächzte er in den Hörer und war beinahe erleichtert, eine Antwort zu bekommen. Auch wenn die Stimme zu einer Person gehörte, vor der er eben erst geflüchtet war.
    »Können Sie reden?«
    Emma. Ihr unterwürfiger, schüchterner Tonfall war unverkennbar.
    Marc starrte auf die monitorlose Station der Gegensprechanlage, unfähig, zu antworten.
    »Hallo? Ist er noch bei Ihnen?«
    Es knackte, und endlich fand Marc seine Stimme wieder. »Wen meinen Sie? Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
    »Ich bin Ihnen gefolgt«, sagte Emma und hustete. »Gefolgt?«, wiederholte Marc stupide. »Ja, zur Polizei. Und hierher. Ich habe gesehen, wie Sie mit ihm verschwunden sind.«
    »Constantin?«
    »Ich weiß nicht, wie er heißt. Ich weiß nur, dass er zu denen gehört.«
    Denen?
    »J jetzt kommen Sie endlich runter, bevor es zu spät ist.« Marc schüttelte den Kopf, als könne Emma unten auf der Straße ihn sehen. »Damit ich Ihnen wieder in die Falle gehe?«
    »Was für eine Falle? Wovon reden Sie? Ich bin diejenige, die gejagt wird.«
    Gejagt?
    »Hören Sie …« Marcs Stimme zitterte. »Ich weiß nicht, wer Ihre Auftraggeber sind, aber … »
    »Was denn für Auftraggeber um Himmels willen? Ich bin ebenso auf der Flucht wie Sie, allein. Nur auf mich gestellt.«
    »Ach ja? Und mit wem haben Sie dann vorhin im Hotelzimmer am Telefon über mich gesprochen?« Emma seufzte. »Ach deshalb. Das erkläre ich Ihnen später.«
    »Nein, jetzt. Wen haben Sie angerufen?«
    Es knackte wieder in der Leitung, und das Rauschen nahm zu.
    »Meine Mailbox.«
    »Wie bitte?«
    Sie zögerte. »Ich rufe mich jede Stunde einmal selbst an und spreche auf meine Mailbox, wo ich gerade bin, mit wem ich mich treffe und was ich als Nächstes tun werde. Eine reine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass mir etwas zustößt oder man wieder mein Gedächtnis löscht.«
    »Das soll ich glauben, ja?«
    »Warum sollte ich Sie anlügen? Ich brauche doch selbst Hilfe. Auch wenn Sie derzeit in größerer Gefahr schweben als ich. Also kommen Sie jetzt endlich zu mir runter.« Ihre Stimme überschlug sich.
    »Ich bin hier in meiner Wohnung sicherlich besser aufgehoben als bei Ihnen da unten.«
    »Blödsinn, ich warte seit einer halben Stunde, und ich habe niemanden aus dem Haus kommen sehen. Das bedeutet, dass er noch bei Ihnen ist, und das wiederum heißt, dass Sie … »
    »Ich bin alleine«, unterbrach sie Marc.
    « … dass Sie in großer Gefahr sind, weil das Programm immer noch weiterläuft.«
    »Ich bin in keinem Programm!«, schrie Marc in den Hörer. »Doch. Und ich werde es Ihnen beweisen.«
    »Wie?«, fragte Marc und spürte auf einmal einen Lufthauch im Nacken, als hätte sich hinter ihm jemand bewegt. Er drehte sich um, und seine Augen weiteten sich vor Angst.
    »Sie lebt noch«, hörte er Emma flüstern. »Kommen Sie runter, und ich beweise es Ihnen.« Ihre Stimme drang kaum noch zu ihm durch.
    Das kann nicht sein. Das darf nicht wahr sein.

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