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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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im Hotel alleingelassen hatten.«
    Sie kratzte sich die schuppige Hand. »Das hier habe ich vor der Polizeistation geschossen.«
    »Sandra war auf dem Revier?«
    Marc hielt das Telefon schräg, weil das Licht sich in dem Plastikdisplay des Telefons störend spiegelte, konnte aber immer noch kaum etwas erkennen. Der gelbe Volvo, vor dem Constantin stand und zu dessen Fahrerseite er sich hinabbeugte, konnte überall und an jedem Abend fotografiert worden sein, auch wenn der digitale Timecode die Uhrzeit anzeigte, zu der Marc auf der Wache gewesen war. Aber nichts war einfacher, als den elektronischen Kalender eines Handys zu verändern.
    »Das ist sie doch?«, fragte Emma und tippte auf die Stelle, von der er seine Augen ohnehin nicht abwenden konnte. Das Profil, die blonden Haare, die schlanken Finger, die auf etwas außerhalb des Fotos deuteten, das alles kam ihm vertraut vor. Gleichzeitig war es so verwaschen und trotz der Straßenlaterne, unter der der Wagen parkte, viel zu schlecht ausgeleuchtet, als dass er sich sicher sein konnte. »Ich bin etwas zu spät gekommen, gerade in dem Moment, als Ihr Schwiegervater sich von Ihrer Frau verabschiedete.«
    Sandra ist Constantin zum Revier gefolgt? Aber das ergibt doch alles keinen Sinn.
    Welchen Grund sollte es dafür geben, dass Vater und Tochter ihm gemeinsam diesen grausamen Streich spielten? In einer billigen Seifenoper würde sich alles als eine Verschwörung entpuppen mit dem Ziel, ihn in den Augen eines Vormundschaftsgerichts zu diskreditieren und ihn und sein Vermögen unter Betreuungsvorbehalt zu stellen.
    Aber ich bin hier der arme Schlucker. Sandra erbt einmal das große Geld.
    Marc lief es kalt den Rücken herunter, und sein Unterkiefer begann leicht zu zittern.
    Rache, dachte er und fröstelte noch mehr. Wenn sie mich wirklich zerstören wollen, bleibt nur noch Rache als Motiv.
    Doch was sollte er ihnen angetan haben? Was für eine Tat, an die er sich nicht mehr erinnerte, würde diese unvorstellbaren Alpträume rechtfertigen, in die sie ihn stürzten? Habe ich etwas so Schlimmes gemacht, dass Sandra mich dafür jetzt in den Wahnsinn treiben will? Etwas, weswegen sie mich vielleicht schon einmal verlassen wollte? Damals, kurz vor der Fehlgeburt? Er wollte gerade wieder den Motor starten, als ihm eine weitere, nicht minder bedrohliche Frage in den Sinn kam. Marc beugte sich zu Emma, packte sie an der Schulter und sah sie durchdringend an. »In meiner Akte, die Sie in der Klinik gefunden haben …«
    »Ja?«
    »Gab es da auch ein Foto von meiner Frau?«
    »Nein.«
    »War sie denn in dem BleibtreuProgramm?«
    »Soweit ich weiß, nicht.«
    »Ach ja? Und woher kennen Sie sie dann?« Marc drückte ihre Schulter noch fester.
    »Sie tun mir weh.«
    Er nickte nur. »Wieso sind Sie sich so sicher, dass das Sandra auf dem Foto ist?«
    Emma wand sich unter seinem Griff. »Sie haben mir von ihr erzählt, und der Mann hat diesen Namen immer wieder gerufen.«
    »Constantin ?«
    »Wenn er so heißt, ja.«
    Sie legte ihre Hand, die sich angenehm warm anfühlte, auf seine. Sofort lockerte er seinen Griff.
    »Was hat er gesagt?«
    »Die beiden haben sich gestritten. Nur deshalb habe ich die Szene überhaupt fotografiert. Was Ihre Frau sagte, konnte ich nicht verstehen, denn sie ist nicht ausgestiegen und hat den Wagen laufen lassen.« Das klingt nicht nach ihr. Sandra war so umweltbewusst, sie schaltete selbst an der Ampel sofort den Motor aus, dachte Marc und musste wehmütig lächeln. Einerseits, weil er sie oft damit aufgezogen hatte, wenn hinter ihnen die Fahrzeuge gehupt hatten, da sie nicht schnell genug wieder losgefahren war, andererseits, weil ihm bewusst wurde, dass er gerade das Verhalten einer Toten hinterfragte.
    « Und mein Schwiegervater?«
    »Wie gesagt, er hat mehrmals den gleichen Satz wiederholt.«
    »Welchen?«
    Emma griff sich nervös ins Gesicht. Die Haut um ihre Augenpartie war etwas dunkler. »Er hat so etwas gesagt wie: ‚Beruhige dich, Sandra. In wenigen Stunden ist alles vorbei.‘»
    Alles?
    Ein Motorrad rauschte an ihnen vorbei, dicht gefolgt von einem zweiten, das den verlassenen Tunnel als Rennstrecke benutzte, und Marc suchte in Emmas Gesicht nach einem Anzeichen der Lüge, doch er konnte selbst in dem Zucken ihrer Lider nur Nervosität, jedoch keine Unaufrichtigkeit erkennen. »Das hat er gesagt. Dann ist sie wütend weggebraust, und er stieg die Stufen hoch zum Revier, um Sie dort abzuholen, Marc.«
    Das glaub ich nicht. Das ergibt doch alles

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