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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Louis warf nervös den Kopf hin und her. Colin brachte ihn zum Stehen und atmete seuf­zend durch.
    »Vertrau mir doch mal, Ellie. Und mach dich nicht so steif. Das gefällt keinem Pferd. Du tust Louis damit im Rücken weh.«
    So. Ich tat Louis weh. Das war ja wohl ein schlechter Witz. Ich, die vor Angst fast verging. Doch Colin trieb Louis wieder in den Schritt und ich versuchte die Angst zu vergessen. Colins linker Arm hielt mich, mit der Rechten griff er die Zügel. So wie damals, während des Gewitters, vor tausend Jahren.
    Dann schloss sich der grüne Wald um uns. Louis beruhigte sich und jetzt konnte ich tatsächlich spüren, wie Colins Oberkörper sich nach und nach erwärmte. Doch ich mochte seine Haut auch, wenn sie kalt war. Sogar sehr. Denn meine war meistens zu heiß.
    Ich drehte meinen Kopf, sodass unsere Wangen sich berührten. Noch war seine kühl.
    »Ich kann mich nur weicher machen, wenn ich mich ganz an dich lehne, sonst geht das nicht«, gestand ich ihm. Ich konnte mich aus eigener Kraft nicht mehr gerade halten. Die Bewegungen des Pfer­des waren zu ungewohnt für mich.
    »Ich warte darauf, seit wir aufgebrochen sind«, erwiderte Colin und ich war mir sicher, dass ein spöttisches Lächeln seine Lippen umspielte. Wortlos gab ich nach. Verwundert sah ich aus den Au­genwinkeln dabei zu, wie meine Haare sich leicht erhoben und um Colins tanzende Strähnen zwirbelten, als er den Wald verließ und aufs offene Feld zusteuerte. Honigbraun auf Schwarz. Und dazwi­schen kupferne Strähnen. Es sah schön aus. Und es bedeutete, dass ich skalpiert würde, wenn ich vom Pferd stürzte. Colin schlang den Arm fester um meine Hüfte.
    »Den Trab wirst du noch nicht aussitzen können. Ich wechsle so­fort in den Galopp«, informierte er mich sachlich über meinen be­vorstehenden Tod. Ein gewaltiger Ruck durchlief Louis’ mächtigen Körper. Mein hilfloses »Nein« ging im Gegenwind unter. Als Colin mich aus dem Gewitter gefischt hatte, war alles rasend schnell ge­gangen. Aber jetzt lag das offene Feld vor uns. Eine lange, lange Ga­loppstrecke. Louis musste keine hinderlichen Wassermassen zur
    Seite pflügen. Seine Hufe konnten frei und ungehindert über den Boden fliegen. Und sie taten es.
    »Nein«, wimmerte ich noch einmal, als Colin auf die meterhohen Heuballen zuhielt, die hier in der Sonne trockneten. Doch dann drückte Colin seine Wange fest an meine und zusammen schwebten wir in den roten Abendhimmel und schauten hinunter auf Louis, wie er uns beide auf seinem Rücken trug. Staunend blickte ich mich an, als hätte ich mich noch nie zuvor gesehen. Ich saß gar nicht so ungeschickt auf dem Pferd, wie ich glaubte. Nein. Und meine Au­genbrauen waren nicht zu breit und zu dicht. Sie waren genau rich­tig. Wie hatte ich sie nur immer so misshandeln können? Plötzlich mochte ich auch mein störrisches Haar, das sich immer fester um Colins Strähnen wand - oder wanden sich seine um meine?
    Wir sanken ein Stück tiefer. Jetzt sah ich das Rot in Louis’ Nüstern und beobachtete gebannt, wie die Erdklumpen unter seinen Hufen aufspritzten. Das Schönste aber war, Colins Arm zu betrachten, der sich fest und sicher um meine Taille legte. Ich hätte mir dieses Bild stundenlang anschauen, es in mich aufsaugen können.
    Wenn das der Tod war, wollte ich immerzu sterben.
    Doch dann brach der Zauber und wir schossen ruckartig in unse­re Körper zurück. Louis nahm den letzten Heuballen, elegant und leichtfüßig, doch ich verspürte keine Angst mehr. Die Bilder von mir und Colin durchfluteten immer noch mein gesamtes Denken und Fühlen.
    Am Ende des Feldes wechselte Colin in den Schritt und ich wurde schlagartig müde. Ich konnte meine Augen nicht mehr offen halten. Mein Puls verlangsamte sich dramatisch. Dumpf hallte er in meinen Schläfen nach und ich hörte mein Blut schleppend und träge in meinen Ohren rauschen. Starb ich vielleicht doch?
    Ich sackte schwer an Colins Brust und war augenblicklich einge­schlafen.

Machenschaften
     
    »Alles in Ordnung?« Colin tauchte den Waschlappen in das moos­bewachsene Brunnenbecken und fuhr mir damit über das Gesicht.
    »Ja«, flüsterte ich. Ich räusperte mich. Noch immer fühlte ich mich benommen, aber auch sehr zufrieden. »Ich war nur furchtbar müde.«
    Vorsichtig bewegte ich meine Zehen, dann die Finger. Sie ge­horchten mir sofort. Mir kamen die Bilder von uns in den Sinn - Colin und ich auf Louis.
    »Oh Colin«, rief ich leise. »Das war so schön ...«
    Ich konnte

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