Splitterndes Glas - Kriminalroman
ein paar Tagen gekauft. Im Park, im Pub, von jemandem, den er |368| nicht kannte. Hatte ihn noch nie gesehen. Hatte ihn seither nicht getroffen. Er hatte die SI M-Karte ausgetauscht, war ja klar. Hatte sie einem seiner Kumpel geklaut. Wusste gar nicht, dass die Bilder da drauf waren, hatte sie noch nie gesehen. Und an dem Abend, auf dem Parsons so rumhackte, war er zu Hause gewesen. Zu Hause bei seiner Mum. Wahrscheinlich hatten sie ferngesehen. Was denn sonst?
Ja, bestätigte Christine Maitland, Gary war den ganzen Abend zu Hause gewesen. Bei ihr. Vielleicht hatte Dennis, einer seiner Brüder, vorbeigeschaut, aber sie wusste es nicht mehr so genau. Aber sie waren da gewesen, alle beide. Hatten ferngesehen, genau, wie Gary gesagt hatte, aber sie wusste nicht mehr, was.
Sie klang nicht so, als würde sie ihren eigenen Worten glauben.
Die Uhr tickte weiter.
Parsons war keineswegs sicher, dass die Anklage, die den Angriff auf Quadeer Ali mit der Absicht der Körperverletzung zum Gegenstand hatte, Bestand haben würde; vielleicht würde man bei der Staatsanwaltschaft nur einen Blick darauf werfen und sie dann ablehnen. Und reichten die Bilder auf dem Handy, das in Garys Besitz gewesen war, wirklich aus, um ihn eindeutig mit dem Vorfall in Cambridge in Verbindung zu bringen?
Vielleicht war etwas mehr Druck angesagt.
Eine weitere Stimme, ein neuer Blickwinkel.
Er hatte sowohl Rastrick als auch Grayson bereits benachrichtigt, und jetzt rief er Will Grayson noch einmal an. Da besetzt war, hinterließ er eine Nachricht, und zwanzig Minuten später rief Will zurück.
Maitland? Maitland?
Den Namen habe ich doch schon mal gehört, dachte Will, aber wo?
|369| Es würde ihm wieder einfallen, das wusste er.
So war es, und er rief Parsons erneut an. »Ich komme so schnell wie möglich nach Nottingham.«
Drei Brüder, Gary, Dennis und Lee, zehn Jahre Altersunterschied zwischen dem jüngsten und dem ältesten. Der älteste war Lee. Lee Maitland. Als Will sich an den Namen erinnerte, überprüfte er die Akte, um sich zu vergewissern. Zwei junge Männer, die im November 2002 wegen des Brandanschlags auf ein Reihenhaus in Forest Fields verhaftet worden waren: Lee Maitland und Mark Knight. Es war Knight gewesen, der in einem Gebäude seiner Grundschule Feuer gelegt hatte; Maitland war mehrfach ins Visier der Polizei und der Sozialdienste geraten, ohne jedoch je vor Gericht zu landen. Wegen des Mangels an stichhaltigen Beweisen war die Anklage wegen Brandstiftung gegen die beiden fallen gelassen worden.
Parsons gewährte Gary Maitland eine Essenspause, während er mit Will sprach. Will informierte ihn über die Ermittlung gegen Howard Prince und die möglichen Verbindungen zu dem Mord an Stephen Bryan.
»Dieser Lee«, sagte Parsons, »glauben Sie, er ist immer noch im Spiel?«
»Finden wir’s raus.«
»Erledigt immer noch Aufträge für Prince?«
»Möglich.«
Weder Mühe noch Kosten scheuend hatte Parsons einen Uniformierten losgeschickt, um Brathähnchen, Pommes frites und eine Dose Cola zu holen; und noch bevor Maitland seine Pommes aufgegessen hatte, lieferten die Techniker eine Aufstellung der Anrufe mit dem bewussten Handy.
Als er den Computerausdruck überflog, pfiff Parsons.
|370| Drei registrierte Anrufe in die Region Newmarket an den Tagen unmittelbar vor dem Übergriff, bei dem Helen verletzt worden war, davon einer am frühen Abend des betreffenden Tages und ein weiterer weniger als eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Ereignis. Es war dieselbe Mobilfunknummer, aber der Anruf wurde diesmal in Cambridge entgegengenommen.
»Zusammen mit den Fotografien lässt das dem armen Gary wenig Raum, um sich herauszuwinden«, sagte Will nüchtern.
Parsons grinste. »Zeit, ihn am Wickel zu kriegen.«
»Glauben Sie, dass er reden wird?«
»Wenn er nicht aus härterem Holz geschnitzt ist, als ich denke, sehe ich nicht viele Alternativen für ihn.«
Wieder im Vernehmungszimmer hatte Maitland Fettflecke auf der Brust und ein undefinierbarer orangebrauner Fetzen klebte auf seiner Wange.
»Liam Ibbotson«, sagte Parsons, »das ist doch ein guter Freund von Ihnen?«
»Hab noch nie von dem gehört«, sagte Maitland.
»Wie steht es denn mit seinem Vetter, Evan?«
Maitland schüttelte den Kopf.
»Sie kennen Evan nicht?«
»Nein.«
»Komisch. Sie haben doch an dem Abend mit ihm telefoniert, als Sie und Ihre Freunde den zwei Studenten in Cambridge nachgeschlichen sind, kurz bevor sie die beiden nach Strich und
Weitere Kostenlose Bücher