Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
Vom Netzwerk:
diesem Irrweg schreiten kann.
    Binhipar Nihirdi wandte den Kopf. Er stieß einen Pfiff aus.
    Aus der Feme hallte die schaurige Antwort, ein wütendes Gebell.
    Baniter erblasste. Die Hunde! Einige der Biester sind noch am Leben.
    »Zerquetschen werde ich dich«, hörte er Binhipars Stimme, »so wie die Hure aus Arphat und ihren Wurm. Zerquetschen wie die Geschöpfe, die du nach Vara gebracht hast. Ich reinige diese Stadt von deinem Gift.«
    Dann warf er sich mit lautem Brüllen auf Baniter. Dieser blieb wie gelähmt stehen. Er vergaß den Säbel in seiner Hand. Vergaß Binhipars Messer. Erst als er den glühenden Schmerz in der Schulter spürte, als sein Kopf gegen Binhipars Brust prallte und seine Finger sich in die schweißnassen Kleider des Gegners gruben, erwachte er aus der Erstarrung.
    Sternengänger … nun verstehe ich deine Sehnsucht, in einen Körper zurückzukehren. Er klammerte sich an Binhipar, der die Klinge aus seiner Schulter herausriss. Er hörte den Laut der reißenden Sehnen. Blut strömte an seinem Hals herab, warm und klebrig. Ja … süchtig sind wir nach dem Leben … der Schmerz erinnert uns daran, wie wir beschaffen sind … aus Blut und verletzlicher Haut … ein pochendes Herz … und schwaches Fleisch … wir wollen nicht loslassen … denn mit dem Tod schwindet alles … nichts bleibt uns nach dem letztem Atemzug als unsere ewige Schuld. Er keuchte. Sein Säbel fiel scheppernd zu Boden. Er umschlang verzweifelt Binhipars Leib.
    Wenn ich jetzt sterbe … muss ich dann in der Sphäre weilen … als Geist … so wie Mondschlund und Sternengänger … verflucht zu ewiger Qual … oder finde ich … Frieden?
    »Lass mich los«, fauchte Binhipar ihm ins Ohr. Wieder hieb er mit dem Messer zu, doch Baniters Umklammerung bremste die Wucht seines Stichs. Die Klinge rutschte ihm aus der Hand. »Lass mich los, Verräter!«
    Baniter hörte nicht, sondern schmiegte sich an ihn. Blut floss an den zwei Fürsten herab, ein warmer Strom, der sie benetzte und ihre Körper vereinte wie Liebende.
    »Lass los«, schrie Binhipar. »Lass los und stirb!«
    Aber ich will leben, dachte Baniter. Ich will nicht loslassen. Sein Kopf rauschte. Rote Schleier tanzten vor seinen Augen. Er hörte das Bellen von allen Seiten, das schäumende Knurren der Hunde. Er erfasste aus den Augenwinkeln ihre Umrisse, schwarze Schatten, die auf ihn zuflogen, scharfe Zähne, die nach ihm schnappen, dampfende Mäuler, die sein Blut leckten, die ihn …
    Binhipar brüllte auf. Er versuchte Baniter zurückzustoßen, die Umklammerung zu sprengen. Es gelang ihm nicht.
    »Lass mich los, Baniter … einer von uns … muss das Erbe der Gründer weitertragen … lass mich los …«
    Baniter nickte langsam. Er lockerte die Arme. Stolperte von Binhipar zurück. Starrte entsetzt auf die Hunde.
    Sie hatten sich in den Beinen des palidonischen Fürsten verbissen, in seiner Hüfte, in seinen Stiefeln. Kehlige Laute, wütendes Geheul. Einer der Hund zerfleischte Binhipars Hand. Der Fürst brüllte vor Schmerz und Angst. Blut troff von seinem Bart.
    Es ist mein Blut, das an ihm klebt … aber warum zerreißen sie ihn und nicht mich … warum ihn … und nicht mich?
    Ihre Blicke trafen sich. Binhipar sah ihn an, voller Unverständnis. Seine Lippen formten Baniters Namen.
    Dann brachte die Meute ihn zu Fall. Er krachte auf das Pflaster. Hob die unversehrte Hand, ballte sie zur Faust, schlug nach den enthemmten Tieren. Sie stürzten sich auf sein Gesicht, verbissen sich in seinen Wangen, in seinem Hals. Ihre Schnauzen glitzerten rot.
    Schuldlos und ausgehungert. Abgerichtet zum Mord. Baniter wandte sich ab. Du selbst hast sie dazu gemacht. Ihr Hass ist der deine. Die Wesen, die du geknechtet hast, wenden sich gegen dich. Ist es nicht seltsam, wie sich die Dinge wandeln?
    Er wankte auf die Menge zu. Die Menschen hatten dem Ringen der Fürsten schweigend zugesehen. Nun kamen sie Baniter entgegen. Einige Männer griffen seine Arme und stützten ihn. Er ließ sich von ihnen tragen. Eine Frau drückte ein Tuch auf seine blutende Schulter.
    Herrscher waren wir, Binhipar … Fürsten des Silbernen Krei ses. Nun müssen wir aller Macht entsagen, uns von ihr frei machen.
    Er blickte zum Himmel auf. Die gläsernen Türme schimmerten freundlich in der Sonne.
    Beginnt nun der Frieden, den Nhordukael versprochen hat? Ich wünschte es.
    Er lächelte.

 
KAPITEL 12
     
    Schwärze
     
    Sie stießen den Mann zu Boden. Zitternd stützte er sich mit den Händen im Gras ab.

Weitere Kostenlose Bücher