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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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rissen die anderen zwei Hunde ihn mit sich. Er brüllte, als sie ihn auf die Seite rollten, nach seinen Armen schnappten, ihn …
    Baniter erstarrte. Der sechste Hund hatte ihn erspäht. Seine Krallen scharrten auf den Steinen. Ein kehliges, dunkles Knurren. Bernsteingelbe Augen. Er schlich auf den Fürsten zu, fast so, als wolle er sich ihm vor die Füße werfen.
    Dann sprang auch er.
    Baniter duckte sich, aber zu spät. Ein glühender Schmerz in seiner Seite. Er wankte, klatschte rückwärts ins Wasser. Es drang in seine Nase, füllte seinen Mund. Unter dem rechten Arm, wie eine Wucherung, hing der Hund; er hatte sich in seiner Hüfte verbissen. Baniter packte den hässlichen Schädel des Tiers. Seine Finger gruben sich in die Augenhöhlen.
    Das Aufjaulen zerriss ihm fast das Trommelfell. Benommen rollte er sich auf die Seite. Der Hund ließ von ihm ab. Baniter kroch auf allen vieren fort, richtete sich dann auf. Schnellte herum. Der Hund krümmte sich im Wasser. Doch er spürte die Gefahr, erhob sich, hetzte Baniter entgegen. Dieser wich aus, ließ den Ellenbogen auf den Schädel des Hundes niederkrachen. Dann trat er zu, einmal, zweimal, schrie, spuckte, trat und trat, bis das Biest endlich still war, sich nicht mehr rührte, nicht mehr jaulte. Das aufschwappende Wasser trug den blutigen Leib fort, zog ihn hinab auf den sumpfigen Grund des Sterbenden Varas.
    Nun sah sich Baniter nach Ejo um. Der Arphater lag auf dem Bauch, reglos, die Glieder weit von sich gestreckt. Drei der Hunde labten sich an seinem Fleisch, ihre Laute gierig und schmatzend.
    Der Säbel lag einige Schritt vor dem Schechim. Der Griff war zersprungen, die umgewickelten Lederschnüre hingen schlaff herab.
    Zwei Schritte genügten, nicht mehr. Die Hunde beachteten Baniter nicht, als er sich nach dem Säbel bückte, den zerstörten Griff umfasste. Er schnitt sich unangenehm in seine Handfläche, doch dies kümmerte ihn nicht. Mit einem gezielten Hieb trieb er dem ersten Biest die Klinge in den Rücken. Der schwere Tierleib sackte in sich zusammen. Die anderen zwei Hunde blickten auf. Sie schienen unschlüssig, ob sie weiterfressen oder angreifen sollten.
    Sie sind schuldlos, fuhr es Baniter durch den Kopf. Ausgehungert und abgerichtet zum Mord. Gehorsam bis in den Tod. Ja, schuldlos sind sie … und dem, der sie erzog, ist ihr Sterben gleichgültig.
    Er ließ den Säbel niederfahren.
     
    Am Stillen See trafen sie schließlich aufeinander.
    Das Ufer war zerfurcht, die Ummauerung geborsten. Auf der Eisernen Insel ruhten die Trümmer des Turms Gendor; zersprungene Mauern, Reste des kupfernen Firstes. Aus dem See ragten unwirkliche Brocken auf, gläsern und spröde wie Eis. Es waren Teile der wahnwitzigen Gebäude, die Sardresh von Narva ersonnen hatte. Sie hatten sich nicht ganz aus dem Verlies befreien können, und doch glänzten sie in der Sonne und begrüßten den neuen Tag.
    Fürst Binhipar stand schon eine ganze Weile am Ufer. Die langen Haare hingen wirr in sein Gesicht, der Mantel wallte wie eine blutige Fahne. Die geflochtenen Enden des Barts hatten sich aufgelöst. Borstig standen sie vom Kinn ab.
    In respektvoller Entfernung hatten sich einige Menschen versammelt, um die fünfzig Männer und Frauen. Es waren die Überlebenden von Vara … jene zumindest, die sich aus ihren Verstecken gewagt hatten. Die Kleider waren zerlumpt, die Mienen erschöpft. Es war nicht zu erkennen, wer von ihnen Varoner und wer Flüchtling, wer Ritter und wer einfacher Bürger gewesen war. Das Schicksal hatte sie geeint. Keiner trug eine Waffe. Sie hatten aufgegeben, sich gegen die Schrecken zu verteidigen.
    Ihre Augen hingen an Binhipars Lippen.
    »Vara gehört wieder den Menschen.« Der Fürst sprach die Worte auf den See hinaus. »Unsere Feinde wollten sie zu einer Stadt der Geister machen. Diesen Bann habe ich gebrochen. Das Erbe der Gründer … ich bewahre es, als letztes Glied des Silbernen Kreises.«
    Vor ihm kauerte der Scaduif. Die neblige Haut waberte zwischen den Ketten, drohte sich ganz zu verlieren. Noch wohnte ein Funken Leben in dem Goldéi, doch er war dem Tod nahe.
    Binhipar ließ die Kette fallen, mit der er Quazzusdon gefesselt hatte. »Sein Heer wird kommen, um Vara dem Erdboden gleichzumachen. Ich fürchte die Goldéi nicht! Das Reich der Gründer wird niemals untergehen, solange einer ihrer Erben das Haupt aufrecht hält.«
    Er hörte ein Murmeln aus der Menge. Die Leute spähten zum Ende des Platzes, der dem See vorgelagert war. Auch

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