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Splitterseelen

Splitterseelen

Titel: Splitterseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch , Sandra Gernt
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und verrückte Menschen reserviert war, die man unter keinen Umständen aufregen wollte. Sein Verstand hatte sich geweigert zu akzeptieren, was er längst wusste: Mum und Dad waren tot. Sie würden niemals mehr zurückkehren, ihn niemals mehr umarmen und alles Böse und Schlechte dieser Welt von ihm fernhalten. Bis heute hatte Jason noch gelegentlich Probleme, es zu akzeptieren, da er nicht bei der Beerdigung dabei sein konnte. Er hatte ihre Leichen nicht gesehen. Einerseits war es gut, dass seine letzte Erinnerung an sie vom Gute-Nacht-Ritual stammte, andererseits ließ es ihn nicht abschließen. Ein kleiner, irrationaler Teil von ihm wollte glauben, dass sie lediglich verreist waren. Oder entführt, von einem weiteren Einbrecher, den Calael nicht getötet hatte.
    Derselbe irrationale Teil beharrte nun darauf, dass er zuhause in seinem Bett lag und einen langen, sehr realistischen Traum durchmachte, der bald enden würde. Das war nichts, wogegen er mit dem Verstand angehen konnte.
    Sybilla und Frank, seine Pflegeeltern, hatten ihn damals vom Krankenhaus abgeholt. Jason erinnerte sich gut, wie verloren er sich in dem fremden Haus fühlte. Wie er stundenlang lethargisch in seinem neuen Kinderzimmer auf dem Boden gehockt und in die Leere gestarrt hatte, bis seine Pflegemutter ihn zum Mittagessen rief. Es hatte Apfelpfannkuchen gegeben. Ein Gericht, das er noch nie gegessen hatte, da sein Vater gegen Äpfel allergisch gewesen war. Mit diesem einfachen Essen, an dem eigentlich nichts Besonderes war, hatte man ihn zurück ins Leben gelockt.
    Hier in der Spiegelwelt gab es vermutlich nicht einmal Apfelbäume, und wenn doch, würde niemand ihm einen Pfannkuchen backen …
    „Hey, Träumerle, du solltest aussteigen, bevor der Adra beschließt, dass du dich vielleicht als Abendessen eignen könntest.“
    Mijo.
    Jason versuchte den Kopf zu heben und den Dämon anzublicken, aber sein Körper wollte nicht reagieren. Er fühlte sich schwer an, gar nicht so, als würde er tatsächlich zu ihm gehören.
    „Machst du etwa schlapp, Herzchen?“ Mijo packte ihn und zerrte ihn aus dem Transportschnabel heraus, was der Adra anschließend mit lautem Geschnatter quittierte. Vermutlich seine Art, sich zu bedanken. Oder die Vogelvariante von „Endlich bin ich den blöden Spinner los!“
     
    Jason wirkte wie betäubt und torkelte, als Mijo ihn losließ, trat auf die Decke, die er immer noch um sich geschlungen trug und stürzte zu Boden, wo er einfach liegen blieb.
    „Ich hätte mich beinahe selbst erschossen“, sagte er tonlos.
    „Ja ja, aber ich hab dich rechtzeitig weggeholt. Alles ist gut.“ Ein wenig ratlos starrte Mijo auf den jungen Mann, der sich jetzt umständlich und kraftlos hinzusetzen versuchte. Was hatte der denn jetzt schon wieder? Er sah nicht verängstigt aus, weinte nicht und schien eigentlich vollkommen ruhig zu sein. Zu ruhig. War das nun ein Problem oder nicht?
    Plötzlich schüttelte Jason sich heftig, atmete mit geschlossenen Augen tief durch und stand ruckartig auf. Der Ausdruck trunkener Benommenheit verschwand, mit einem Mal war alles wieder normal. Jason lächelte, schaute sich neugierig um, streckte sich dabei durch.
    „Geht es?“, fragte Mijo misstrauisch.
    „Hm? Klar, mir geht’s gut. Wo sind wir hier? Müssen wir den Berg da hoch?“
    „Ja und nein.“ Mijo wies auf den Gipfel des etwa zweitausend Meter hohen Berges, an dessen Fuß die Adras sie abgesetzt hatten. „Wir befinden uns im Revier des Alten Mannes. Er ist einer der letzten reinrassigen Dämonen, der noch in deren Heimatwelt geboren wurde. Durch ihn wissen die Spiegelweltler, wie das Ritual funktioniert, das ihnen Magie schenkt, wie man Seelensteine weiht, dass es überhaupt Seelenzwillinge gibt und so weiter. Er verfügt über Kräfte, die weit über normale Magie hinausgehen. Unter anderem kann er unsere Sinne und Wahrnehmungen verändern. Da er von niemandem gestört werden will, egal ob Dämon oder Spiegel- oder auch Fremdweltler, sorgt er dafür, dass er nicht gefunden werden kann. Wer zu ihm will, muss Hindernisse überwinden, die es eigentlich gar nicht gibt. Dieser Berg da ist vermutlich platter Steppenboden, aber für uns wird es sich vollkommen echt anfühlen, dort hochzuklettern. Und glaub nicht, dass nichts passieren würde, solltest du aus großer Höhe abstürzen, es könnten Erdspalten da sein, oder sonstige Gefahren.“
    „Wenn der Alte nicht gefunden werden kann, was machen wir dann hier?“, fragte Jason und bedachte

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