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Splitterseelen

Splitterseelen

Titel: Splitterseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch , Sandra Gernt
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auch den besten Mann verließ irgendwann das Glück, wie Mijo wusste. Und dann wäre er gefragt. Ob es ihm gelingen würde, einen abstürzenden Jason nur mit einem Seil um seinen Leib auffangen zu können, wagte er zu bezweifeln. Diese Sicherheitsvorkehrung sollte lediglich seinem Süßen ein besseres Gefühl vermitteln. Nützen würden sie garantiert nicht. Wahrscheinlich würden sie gemeinsam in den Abgrund fallen und wenn die Zeit reichte, konnten sie eine letzte Wette abschließen, wer zuerst aufschlagen würde. Wenn er bloß nicht Jason Zähne klappern hören würde.
    „Mensch, Schnuckel! Wie kann man bloß eine solche Angst vor der Höhe haben?“, zischte er, als das Bibbern seine Nerven über Gebühr zu reizen begann.
    „Keine Ahnung. Sie ist einfach da“, piepste Jason einen halben Meter tiefer, während er nach einen weiteren Halt für seine Hand suchte.
    „Weiter nach links, links, noch mehr links. Da! An dem Vorsprung kannst du dich prima halten. Und jetzt musst du dich mit Schwung abstoßen und dann …“
    Jason rutschte fiepend weg. Mit knapper Not konnte Mijo seine ausgestreckte schweißnasse Hand ergreifen. Ächzend zerrte er Jason zu dem winzigen Plateau hinauf, auf dem er kniete. Wie ein kleines Äffchen klammerte sich sein Gefährte an ihn und vergrub das Gesicht an seiner Brust.
    „Hey! Funktioniert doch prima!“, rief Mijo mit gespielter Fröhlichkeit.
    „Ich will nach Hause“, flüsterte Jason erstickt. Sein Herz schlug viel zu schnell, atmen schien er hingegen nicht mehr zu können, er schnappte lediglich wie ein Ertrinkender nach Luft, schwankte stöhnend und röchelnd hin und her. Mijo presste ihn eng an sich – wenn sein Süßer hier in Ohnmacht fiel, gab es keine Rettung für ihn! Es jagte ihm eine Heidenangst ein, diese Vorstellung, Jason zu verlieren. Ausgerechnet er, der normalerweise gar nichts fürchtete!
    „Atme tief durch, ein und aus. Alles ist gut, mein Schatz. Ich halte dich fest, okay? Dir kann nichts passieren, du bist bei mir in Sicherheit. Schau, ich zieh dir die Decke über den Kopf, damit du gar nicht in Versuchung kommst, irgendwohin zu schauen.“ Jason wurde sofort ruhiger, als der warme Stoff ihn einhüllte und die Sicht nahm. Erleichtert wagte Mijo, seinen Klammergriff ein winziges bisschen zu lockern. „Schön weiteratmen, hörst du?“, befahl er und küsste ihn zärtlich auf die Stirn. Sie befanden sich grob geschätzt dreihundert Meter über dem Boden. Ein Blick in die Höhe machte klar, dass keine Hoffnung bestand, diesen Berg zu bezwingen. Er hätte es gar nicht erst versuchen dürfen! Mit diesen Steilwänden hätten auch Profis mit Super-Sorglos-Ausrüstung eine anständige Herausforderung. Er selbst war kein Profi, Ausrüstung besaß er auch keine. Stattdessen hatte er einen Mann hier hochgeschleppt, der vor Höhenangst vermutlich keinen Finger mehr rühren konnte. Jason war vorher bereits völlig fertig gewesen, er hätte verdammt noch mal nachdenken müssen! Zudem war es später Nachmittag. Auch die Profis hätten diese Distanz nicht vor der Dunkelheit geschafft.
    Toll. Echt toll, Mijo, du hast es vergeigt. Hockst da mit dem Kleinen, den du diesen Berg garantiert weder rauf- noch runterkriegst, und hast zum ersten Mal in diesem Jahrzehnt eine Scheißangst. Genau der richtige Zeitpunkt für so was. Einfach großartig!
    Und verdammt, ja, er hatte absolute Scheißangst. Nämlich davor, Jason loszulassen, egal wie kurz. Er hatte Angst, dass der Kleine abstürzen würde, sobald er ihn nicht mehr sicherte. Begründete Angst. Solange er allerdings nicht aufstand, konnte er nicht handeln. Was sollte er jetzt machen?
    Wenn ich ein bisschen mehr Magie hätte, könnte ich vielleicht etwas tun. Dieser Berg ist eine Illusion, vermutlich hocken wir an einem Abgrund. Um uns herum muss es sicheren Boden geben, nur wo?
    Mijo schloss die Augen und konzentrierte sich. Er galt als der stärkste menschgeborene Dämon, er konnte als Einziger mehrmals am Tag durch Spiegel gehen, wenn er zuvor eine Woche meditiert hatte und …
    Spiegel, das war’s!
    „Ich bin ein Idiot!“
    Mit ein wenig Herumgehampel gelang es ihm, seinen Spiegel aus dem Rucksack zu ziehen, ohne seinen Schatz loszulassen.
    „Geht das überhaupt ohne das komische piepsende Gerät?“, flüsterte Jason matt gegen seine Brust. Halleluja, der Kleine war wenigstens geistig noch dabei!
    „Das komische piepsende Gerät , wie du es nennst, ist ein transzendenter Wellendämpfer. Kurzform: Trawell. Ist

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