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Splitterseelen

Splitterseelen

Titel: Splitterseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch , Sandra Gernt
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liebte Bücher, Museen und Musik. Dass neben Vivaldi und Mozart auch E-Gitarren und härtere Bässe aus seinen Lautsprechern dröhnten, machte ihn garantiert nicht zum Rocker. Bildung war für ihn Lebensstandard und sobald er sich entschieden hatte, ob er sein Berufsleben eher als Journalist oder Lehrer verbringen wollte, würde er sein Anglistikstudium entsprechend in diese Richtung erweitern. Zumindest war das der bisherige Plan gewesen, bevor er in eine andere Welt gerissen wurde. Egal wie aufregend Mijos Körper auch sein mochte, egal wie unwiderstehlich sein Bad Boy-Charme war – eine Beziehung mit einem Mann, der den Wert eines Buches an der Heizkraft des Papiers einschätzte, kam für ihn nicht infrage.
    Die bösen Jungs nimmt man mit ins Bett, die guten Jungs behält man fürs Leben.
    Über Sprüche dieser Art hatte er bislang stets milde gelächelt, felsenfest davon überzeugt, dass er keinem bösen Jungen jemals zu nah kommen würde. Und nun? Nun klammerte er sich splitterfasernackt an einen Macho wie aus dem Bilderbuch, wurde von ihm tröstend gestreichelt und wollte auf keinen Fall loslassen.
    Ach, was denk ich mir eigentlich? Mijo will meinen Arsch, der Rest ist ihm egal. Oder vielleicht noch meinen Mund. Er ist nett zu mir, weil er so die Chancen erhöht, mich flachlegen zu können. Danach wird er mich abservieren. Beziehung? Vergiss den Unfug.
    Mijo und der Alte hatten derweil weiterdiskutiert, Jason versuchte, sich auf den Gesprächsfluss zu konzentrieren.
    „Was ihr Menschen bei dem Ritual verliert, ist fünfzig Prozent eurer Magie und null Prozent Seele, das kann ich euch versprechen. Dass beinahe alle anschließend wie lauffähige Puppen wirken und sich ziemlich rasch zu triebgesteuerten, ah, wie nennt ihr das? Zombies? entwickeln, liegt ausschließlich am immensen Schock, den ihr erleidet. In eine fremde Welt entführt, während eines blutigen Rituals abgeschlachtet, von den Toten wieder auferstanden und zu Fremden geschubst, die ihnen sagen, dass sie jetzt seelenlose Dämonen sind – kaum einer verkraftet das. Zumal ihr keinerlei Hilfe von uns erhaltet. Warum das so ist, dazu komme ich gleich. Der Punkt ist, Mijo: Du wurdest bereits als Kind in eine für dich fremde Welt geschickt und hast es überlebt. Es gibt viele Kinder, die ein ähnliches Schicksal erleiden, auch Seelenzwillinge gab es schon früher, die genug Kummer gewöhnt waren, um ihre Opferung besser als andere zu verkraften. Kein einziger von ihnen hat je auf deine Weise reagiert – du bist fähig, Freude zu empfinden, du nimmst Rücksicht auf andere und machst dir Gedanken über sie.“
    „Es dient meinen Zwecken. Ein nettes Schwein kann seinen Schwanz häufiger versenken als ein mieses. Sprich, mit lieb und fröhlich komm ich weiter als mit brutal und bösartig.“
    Jason zuckte unter diesen harsch gesprochenen Worten zusammen, obwohl sie ihn nicht überraschen sollten. Er hatte doch gewusst, dass Mijos fürsorgliches Getue bloß eine Masche war! Weh tat es trotzdem. Sein dummes Herz hatte wohl falsche Hoffnungen gehegt …
    „Es braucht Intelligenz, um dies zu verstehen und das passende innere Wesen, um es leben. Nahezu alle geopferten Zwillinge, die diese beiden Eigenschaften zuvor noch besessen hatten, haben sie danach verloren. Lieb und fröhlich kostet mehr Mühe als brutal und bösartig, wozu der Aufwand? Eure gewandelten Körper vertragen eine Menge Gewalt und heilen schnell.“
    „Na ja, die Jungs und Mädels gehen rau miteinander um, aber viele von denen sind echt gute Kumpels. Komm mal zum Punkt, Alter. Angenommen, wir verlieren unsere Seelen nicht, was macht das für einen Unterschied?“
     
    Sharnak lächelte. Alter, nannte ihn dieses respektlose Kind, um von sich selbst abzulenken. Mijo hatte bemerkt, wie unbehaglich sich Jason fühlte. Er beobachtete diese beiden jungen Männer schon lange und sie gefielen ihm ausgesprochen gut. Nach all den Jahrhunderten waren sie ein Lichtblick. Unglaublich, wie sich alles gefügt hatte! Es schien, als hätte Udeah endgültig genug von dem Treiben der Spiegelweltler, von denen kein einziger je begriffen hatte, dass diese Welt ein eigenes Bewusstsein besaß. Das, was sie in ihrer Einfältigkeit ‚Magie’ nannten, war nichts weiter als die gebündelte Energie, mit der die Welt sich gegen die Eindringlinge zu wehren versuchte. Da Menschen wie Dämonen in der Lage waren, diese Energien in sich aufzunehmen und zu nutzen, um Geist und Materie nach ihrem Willen zu beugen, war die

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