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Splitterseelen

Splitterseelen

Titel: Splitterseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch , Sandra Gernt
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auch losgeworden, hätte man ihnen tatsächlich bloß die Erinnerungen genommen und sie laufen gelassen. Die Gefahr, dass eine Erinnerung zurückkehrte, ausgelöst durch ein unscheinbares Ereignis, war äußerst gering. Und selbst wenn? Was sollte derjenige denn tun? Erzählen, dass es andere Welten gab? Derjenige würde lediglich ausgelacht oder in eine Psychiatrie eingesperrt werden.
    „Hast du plötzlich dein weiches Herz entdeckt?“, fragte Andina. „Oder weshalb entwickelst du auf einmal ein Interesse daran, was mit den Leuten geschieht, die ihren Seelenzwilling nicht opfern wollen?“
    Nirta senkte den Blick. Ein sicheres Zeichen dafür, dass Andina einen Treffer gelandet hatte.
    „Calael“, hörte sie ihre Widersacherin flüstern.
    „Cal…?“ Andina begann zu lachen, laut und anhaltend. Die kleine Puppe vor ihr rührte sich nicht, bis sie sich gefangen hatte.
    „Dein Bruder also“, sagte Andina. „Hat er Gewissensbisse? Scheut er sich ohne einen Kampf zu töten? Woran liegt es?“
    Nirta schwieg und schaute sie nur trotzig an.
    „Ach, er hat sich in seinen Zwilling verliebt?“
    Hatte Nirta mit Spott gerechnet? Es hatte den Anschein. Dabei konnte Andina Calael sogar verstehen. Wenn sie an Mijo dachte …
    „Ich glaubte, Calael hätte sich für die Opferung entschieden.“
    „Ich kenne meinen Bruder besser als er sich selbst“, murmelte Nirta. „Er wird einen nicht wieder gut zu machenden Fehler begehen und sich für die Erde entscheiden. Wenn Mijo vorher das Weltenportal zerstört …“
    „… kann dein Bruder nicht in die Welt der Menschen übersiedeln und würde daher auch nicht getötet werden. Ich verstehe dein Motiv. Mir allerdings kann es egal sein, was mit Calael geschieht. Vielmehr sollte ich es begrüßen. Denn in diesem Fall bin ich meinen Widersacher los.“
    „Es gibt andere.“ Nirtas Stimme war kaum mehr als ein Hauch.
    „Was?“
    „Andere“, wisperte Nirta. „Ich konnte es während einer geheimen Sitzung meines Vaters erlauschen. Weitere drei Familienmitglieder haben sehr mächtige Seelenzwillinge an sich gebunden. Sie verfügen über nicht ganz so viel Potential wie Jason, aber sie sind auch nicht zu verachten. Und Vater hält Calael nicht für hart genug, um die Stelle des Patriarchen einzunehmen. Daher hat er seine Augen auf Boldt gerichtet.“
    Boldt war ein weiterer Cousin, der zu der illustren Gesellschaft gehörte, die Andina das Leben besonders schwer machte. Wenn sie die Wahl zwischen ihm und Calael hätte, würde sie sich jederzeit für Calael entscheiden. Trotz des Krieges, den sie gegeneinander führten, war er ihr gegenüber nie beleidigend oder ausfallend geworden, nur weil ihr eigener Vater sie lediglich widerstrebend als seine Tochter anerkannt hatte. Boldt dagegen war etwas, das die Adras an ihrem hinteren Ende nach einer ausgiebigen Mahlzeit verloren.
    Und wenn sich Boldt und die anderen gegen sie zusammenschlossen? War es nicht doch vielleicht besser, das Tor zu zerstören? Dann konnte sie eine neue Ordnung in Udeah herstellen, sobald sie Matriarchin geworden war.
    „Lass mich mal fünf Minuten überlegen“, sagte sie zu Nirta, kehrte ihr den Rücken und ging in die entlegenste Zimmerecke, um in Ruhe nachzudenken.
     

     
    „Du solltest dir vorstellen, dass der Spiegel ein See ist, in dem wir eintauchen!“ Mijo zog sich die tropfende Jacke und das klitschnasse Shirt aus. Seine Lederhose quietschte bei jedem Schritt. Die Boots auch. Betreten scharrte Jason mit den Füßen, was im seichten Wasser bloß Schlamm aufwirbelte.
    „Tut mir leid!“, murmelte er und hob die Decke an, obwohl auch die vollkommen durchweicht war. „Das nächste Mal solltest du deine Anweisungen vielleicht präziser geben.“
    „Macht ja nix! Es hat trotzdem funktioniert.“ Mijo breitete die Arme aus und drehte sich im Kreis. Das hieß, er wollte es. Denn schon nach einer halben Umdrehung hielt er inne und starrte auf eine mehr als zwei Meter große, dunkel gekleidete Gestalt, die sie beide still beobachtete. Der Fremde war hochgewachsen, obwohl er leicht gebeugt auf eine Krücke gestützt dastand. Auffällig waren auch die beiden kleinen knubbeligen Hörner, die auf seiner Stirn wuchsen. Dieser Mann war definitiv kein Mensch.
    „Hups!“ Mijo ließ die Arme sinken. „Hallo!“
    „Brauchst du wie ein Baum Wasser, um zu wachsen, oder warum stehst du da im Teich?“ Die sonore Stimme des Fremden schien leichte Vibrationen in den Boden zu schicken, denn das Wasser kräuselte

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