Splitterwelten 01 - Zeichen
einen Käfig gesperrt worden war.
»La-la-lass Croy in Ruhe, Ja-Jago, er kann nichts dafür«, erwiderte Kieron.
Der Chamäleonide hob das Haupt. »Du verteidigst ihn? Obwohl er uns sehenden Auges ins Verderben geführt hat?«
»Ich verdanke ihm mein Le-Leben«, brachte Kieron in Erinnerung. »Außerdem ist noch nicht alles verlo-lo-lo…«
Jago lachte meckernd. »Wenn du das glaubst, bist du noch dämlicher, als ich dachte, Mensch. Hast du dich schon einmal hier umgesehen? Hier führt kein Weg hinaus – außer …« Um zu verdeutlichen, was er meinte, ließ er seine Zunge aus dem offenen Maul hängen und verdrehte die Augen.
Kieron nickte – zumindest das verstand er sehr gut. Auch er wollte nicht auf diesem elenden Weltenklumpen sterben, aber genau danach sah es im Augenblick aus. Als Eindringlinge, die man gewissermaßen auf frischer Tat ertappt hatte, würden sie entweder den Rest ihrer Tage im Kerker verbringen (bei all dem Gift und den Dämpfen, die die Luft auf Nergal tränkten, ein äußerst absehbarer Zeitraum), oder man würde sie zum Dienst in den Minen verurteilen, was auf dasselbe herauskam.
So oder so – Hoffnung gab es keine.
»Wisst ihr, was ich mich immerzu frage?«, knurrte Croy, ohne stehen zu bleiben. »Wie es ihnen gelingen konnte, uns zu finden.«
»Na, wie wohl?« Der Chamäleonide zuckte mit den dürren Schultern. »Die haben das Feuerwerk gesehen, das dieses Monstrum veranstaltet hat. Die kaiserliche Minenverwaltung hat was dagegen, wenn man ihren Weltensplitter auseinandernimmt.«
»Zugegeben.« Croy hielt inne. »Dennoch muss man bereits nach uns gesucht haben, sonst hätte man uns nicht so rasch aufgespürt. Und da ist noch etwas, das mir nicht aus dem Kopf will …«
»Ich weiß.« Jago nickte und hob beschwichtigend die Klauenhände. »Ich stelle mir diese Frage auch immerzu. Ist es nicht erstaunlich, dass eine Kreatur, die bereits über so herausragende Fähigkeiten verfügt wie ich, nun auch noch fliegen kann? Und ich habe es in all den Jahren noch nicht einmal bemerkt!«
Croy schickte ihm einen verständnislosen Blick. »Blödsinn, davon spreche ich nicht. Ich meine die Legionäre, die uns gefangen haben – das sind keine gewöhnlichen Aufseher, sondern kaiserliche Gardisten, und ich frage mich, was sie auf Nergal zu suchen haben.«
»Schön für dich«, stichelte Jago, »aber vielleicht solltest du dich lieber fragen, wie wir von hier weg kommen!«
»Überhaupt nicht«, war der Panthermann überzeugt. »Ich habe es dir gesagt – wenn wir gefangen werden, ist es vorbei.«
Jago legte den Kopf schief und starrte ihn an. »Und das sagst du mir mitten ins Gesicht? Ausgerechnet du, der du schon einmal …?«
Es hatte den Anschein, als wäre ihm das letzte Wort im Hals stecken geblieben, denn urplötzlich änderte sich seine Gesichtsfarbe, und seine Augen traten starrend hervor.
»Du!«, brüllte er heiser und sprang auf – da erst bemerkte Kieron den Gefangenen, der sich auf leisen Sohlen an ihnen hatte vorbeischleichen und zu den anderen Häftlingen gesellen wollen, die in der Höhle umherstanden, hockten oder lagen. Auf Jagos Ruf hin war er wie versteinert stehen geblieben – und im spärlichen Fackelschein, der durch das Gitter des Eingangs drang, erkannte Kieron, um wen es sich handelte.
Es war kein anderer als Wits – der Rattenführer, der sie in Thongs Tempel in die Falle gelockt hatte!
»Elender Verräter!«
Mit einem Wutschrei setzte Jago auf den pummeligen Rattenmann zu, der die Zeichen der Zeit erkannte und die Flucht ergreifen wollte – aber der Chamäleonid ließ es nicht dazu kommen. Blitzschnell schoss die klebrige Zunge aus seinem Maul, legte sich um Wits’ kaum vorhandenen Hals und zog sich wie eine Schlinge zu.
Der Rattenmann ächzte heiser, allerdings war der Effekt nicht der, den Jago erhofft hatte – und so rannte Wits weiter, und da seine Körpermasse die des Chamäleoniden überwog, zog er Jago hinter sich her, der wohl oder übel loslaufen musste, wenn er die Zunge nicht aus dem Hals gerissen bekommen wollte. So rannten sie einmal quer durch die Höhle, ein geradezu bizarres Schauspiel, das vom panischen Kreischen des Rattenmannes ebenso begleitet wurde wie von Jagos Wehgeschrei – und das endete, als es Croy zu dumm wurde.
Kurzerhand streckte der Pantheride seine zur Faust geballte Rechte aus. In seiner kopflosen Panik rannte Wits geradewegs dagegen und fiel um wie ein nasser Sack. Jago hinter ihm ging keuchend nieder, schon
Weitere Kostenlose Bücher