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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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entstanden ist«, entgegnete sie. »Wusstet Ihr das?«

     
    »Nein«, gab Erik zu. »Aber das bedeutet nicht, dass unser Glaube falsch sein muss, oder?«
    Sie seufzte. »Und wie endet die Geschichte vom Kampf zwischen den Göttern und den Eisgiganten?«
    »Die Götter obsiegten und verbannten die Giganten nach Jordråk, wo sie in ihrer Missgunst und ihrer Bosheit zu Eis erstarrten. Dort unten« – er deutete hinaus in die Ebene und auf die bizarren Gebilde – »könnt ihr sie sehen.«
    »Eine schöne Geschichte«, bestätigte sie und gab sich Mühe, unbeeindruckt zu klingen. »Aber habt Ihr schon jemals von den Wundern Etheras gehört? Von den Hallen der Erleuchtung? Den Säulen der Weisheit? Dem Schwebenden Tor?«
    »Nein. Sollte ich?«
    »Das will ich meinen! Die Hallen der Erleuchtung gehören anerkanntermaßen zu den größten Kunstwerken, die je von Menschenhand erschaffen wurden!«
    »Daran könnt Ihr ersehen, wie weit Ihr mir überlegen seid, Gildeschwester«, entgegnete Erik, während er den Schlitten wieder anfahren ließ und zurück in die Spur lenkte, »denn ich habe Jordråk noch nie verlassen.«
    Kalliope blieb eine Erwiderung schuldig. Hatte sie das Duell gewonnen, oder forderte Erik sie nur heraus?
    Um sich abzulenken, blickte sie sich nach dem zweiten Schlitten um, der ihnen in einigem Abstand folgte und inzwischen ebenfalls das Plateau erreicht hatte. Auf der Plattform standen zwei grobschlächtige Männer mit Kettenpanzern und Umhängen aus Fell. Ihr rotblondes Haar war zu Zöpfen geflochten, auf ihren Häuptern ruhten gehörnte Helme. Wie Kalliope erfahren hatte, hörten die beiden auf die Namen Einar und Sven. Als Angehörige der Einherjar, wie die Leibwächter des Fürsten und seines Sohnes genannt wurden, hatten sie darauf bestanden, ihren Prinzen zu begleiten.
    Wohin es ging, war Kalliope nicht bekannt. Erik hatte ihr lediglich mitgeteilt, dass es sie zweifellos interessieren würde – und ihr einen aus Eisbärenhaut gefertigten Mantel gereicht, den sie nun trug und dessen dichtes Fell sie zuverlässig vor der Kälte schützte. Eine ebenfalls aus Bärenfell bestehende Kapuze hielt den Wind ab, der an den Felswänden entlang strich und dabei ein schauriges Heulen vernehmen ließ.
    »Ist dies der Grund für diese Ausfahrt?«, erkundigte sie sich. »Wolltet Ihr mir die Sehenswürdigkeiten Eurer Welt vor Augen führen?«
    »Nein«, wehrte Erik ab, »denn ich bin mir darüber im Klaren, dass nichts auf unserer Welt, und wäre es noch so wunderbar, eine Gildeschwester zu beeindrucken vermag.«
    Erik streckte die Hand aus, in der er die Peitsche hielt, und deutete am Rand der Felsklüfte entlang nach Norden. »Seht Ihr die Brücke dort?«
    Kalliope verengte die Augen. Hätte man ihr nicht gesagt, dass es sich um eine Brücke handelte, hätte sie das abenteuerlich anmutende Gebilde, das sich in einiger Entfernung erhob, nur für eine weitere Laune der Natur gehalten. Woraus die Brücke bestand, ob aus Fels, aus Eis oder aus beidem, war auf die Entfernung nicht zu erkennen. Aber sie schien sich quer über die Ebene zu spannen.
    »Was ist damit?«
    »Diese Brücke trennt das Fürstentum meines Vaters vom Gebiet der Skolls. Jenseits davon befindet sich die Fenrismark, das Land der Wölfe. Wenn es ein Skoll war, der Eure Mitschwester und Eure Meisterin ermordet hat, so ist er von dort gekommen.«
    Kalliope schluckte. Ein Schauder befiel sie, als sie erneut in Richtung der Brücke blickte, und es kam ihr vor, als ob die Wolken dort, wo sie die Ebene überwand, ein wenig dunkler und dräuender wären.
    »Was habt Ihr vor?«, erkundigte sie sich.
    »Wie ich schon sagte – nach Spuren suchen«, entgegnete der Prinz und steuerte das Vierergespann der Brücke entgegen. Die Einherjar folgten ihm ohne Zögern, und Kalliope begann zu ahnen, weshalb sie ihren jungen Herrn so unbedingt hatten begleiten wollen.
    »Ihr wollt die Brücke überqueren?«, fragte sie.
    »Warum? Fürchtet Ihr Euch?«
    »Eine Gildeschwester zeigt grundsätzlich keine Furcht vor Animalen oder anderen niederen Kreaturen«, stellte sie klar.
    »Dann braucht Ihr Euch ja nicht zu sorgen«, versetzte er und ließ die Peitsche abermals knallen.
    Die Eisrenner trabten daraufhin noch entschlossener an, und ihre stampfenden Hufe wirbelten weißen Staub auf, der im frühen Tageslicht glitzerte. In rascher Fahrt legte der Schlitten ein gutes Stück Weg zurück, dicht gefolgt vom Gefährt der Einherjar, an deren Speeren graue Fetzen im Wind

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