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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Indem er beide Arme darum schlang, gelang es ihm, sich festzuhalten, während er mit den Beinen bereits wieder Schwung holte – und schon ging es weiter zum nächsten Stein. Sich nur mit einer Hand festkrallen zu können, bedeutete einen größeren Kraftaufwand, und schon nach dem zweiten Tropfstein dämmerte Croy die hässliche Erkenntnis, dass er noch zu geschwächt war, um die ganze Strecke durchzuhalten. Seine ohnehin nur unzureichend wiederhergestellten Kräfte verließen ihn, und ihm war klar, dass er in wenigen Augenblicken mitten hineinstürzen würde in das Knäuel der Wächter, die sich, wie er jetzt sah, um den Kadaver einer riesigen Höhlenmade stritten, aus deren wabbelig-weißem Fleisch sie große Brocken rissen und gierig verschlangen.
    Wartet nur, dachte Croy. Euer widerlicher Appetit wird euch gleich vergehen.
    Er spürte, wie er den Halt verlor. Im Fallen versetzte er einem benachbarten Tropfstein einen Tritt, sodass dieser mit lautem Knacken brach – und wie ein Pfeilgeschoss senkrecht in die Tiefe fiel. Da er schwerer war als Croy, gelangte er einen Lidschlag schneller als dieser auf dem Grund der Höhle und bohrte sich geradewegs in den aufgedunsenen Leib der Made.
    Dieser platzte mit einem hässlichen Geräusch, und eine gallertartige Substanz spritzte nach allen Seiten und besudelte die Ratten, die in aufgeregtes Geschrei verfielen. Kaum jemand beachtete den Panthermann, der in ihrer Mitte landete und sich mit einem weiten Sprung in Richtung des Schreins katapultierte.
    Im nächsten Moment hatte er ihn auch schon erreicht, packte den Deckel der metallenen Truhe und riss ihn auf – um überrascht zu verharren.
    Denn zwar erblickte er das Symbol mit den beiden Halbkreisen und der senkrecht kreuzenden Linie, das ihm sagte, dass er am Ziel seiner Suche war. Der Gegenstand jedoch, auf dem es prangte, war so unscheinbar, wie er es nur sein konnte.
    Es war ein Schild.
    Kreisrund und von einer Armlänge Durchmesser. Der Stahl war makellos und glatt poliert und verfügte weder über einen Buckel noch über eine erkennbare Form von Verstärkung. Lediglich das Zeichen war erhaben und schien aus purem Gold zu sein – aber war das bisschen Gold den ganzen Aufwand wert?
    Croy bezweifelte das ernstlich, aber es blieb ihm auch keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken, denn inzwischen hatten die Rattenwächter ihren Schreck überwunden. Hastig griff er in die Truhe, nahm den Schild an sich und fuhr herum – um sich einer Phalanx gefletschter Zähne und giftgetränkter Speerspitzen gegenüberzusehen.
    Croy sandte dem Seil, das jenseits der blutlüsternen Meute aus dem Ende der Öffnung baumelte und den einzigen Ausweg aus der Höhle bot, einen sehnsüchtigen Blick.
    Es gab nur eine Möglichkeit …
    Die Gesichtszüge des Panthermannes wurden zu einer steinernen Maske, während er mit dem rechten Arm in das Gurtzeug des Schildes schlüpfte. Einen Augenblick lang standen sich der Dieb und die Wächter lauernd gegenüber, dann ließ Croy ein wildes, furchterregendes Gebrüll vernehmen – und rannte los, die Stufen des Podests hinab und hinein in die Menge, den Schild hielt er dabei schützend vor sich.
    Auf den ersten Schritten ging sein Plan auf.
    Die Wucht des Zusammenpralls war so groß, dass die Rattenkrieger in der vordersten Reihe schlicht davon umgerissen wurden. Speerspitzen und rostige Klingen zerbarsten an der Hülle des Schildes, und Croy setzte einfach über die fellbesetzten Leiber hinweg. Wie der Bug eines Schiffes pflügte der Schild durch die Masse der Rattenkrieger – bis er sich schließlich darin festfraß.
    Jäh kam Croys Sturmlauf zum Stehen, und wohin er auch blickte, sah er sich von schartigen Klingen und aufgerissenen Mäulern umgeben, aus denen die Rattenmänner Verachtung und Hass spien. Der Panthermann wartete nicht ab, bis sie mit ihren Waffen auf ihn einstachen, sondern holte mit dem Schild zu einem Schlag aus, den er rundum führte und mit dem er sich seine Gegner vom Leib zu halten suchte.
    Vergeblich.
    Von allen Seiten drängten sie heran, und obwohl Croy alles tat, um sich seiner Haut zu erwehren, drangen einige Klingen durch und brachten ihm blutende Schnittwunden bei.
    »Verschwindet!«, brüllte er, aber die Ratten, völlig außer sich und von der Masse getrieben, drangen nur noch wütender auf ihn ein. Da er den Schild am rechten Arm trug, konnte er sich kaum zur Wehr setzen; sein linker Arm, verstümmelt, wie er war, und noch dazu bei jeder Bewegung schmerzend, war

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