Splitterwelten 01 - Zeichen
durchforstet hatte – und tatsächlich etwas gefunden zu haben schien.
»Was gibt es?«, wollte Aenigma wissen.
Der Bärenmann, der ihn an Körpergröße beinahe um das Zehnfache übertraf, verbeugte sich ehrerbietig. »Eine Spur in dieser Richtung«, gab er bekannt und deutete auf die Sanddünen, die sich in südöstlicher Richtung erstreckten, bis sie sich an einem Gebirgszug zu brechen schienen. »Könnte sich um diesen Opossum handeln.«
»Könnte. Was nützt mir das?« Der Blick von Aenigmas roten Augen wurde stechend. »Was ist mit den Menschen?«
»Keine Menschen.« Der Sucher schüttelte das mächtige Haupt. »Aber ihr Geruch könnte auch von Opossum überdeckt werden.«
»Verstehe.«
Aenigma ließ den Ursiden gehen und wartete ab, bis auch der zweite Fährtensucher zurückkehrte – und wie sich zeigte, hatte er gute Nachrichten.
»Ich habe Markierungen gesehen, Herr.«
»Du meinst, eine Fährte?«
»Nein, Herr.« Der Vogelmann legte den Kopf schief. »Ich spreche von Markierungen. Eine Fährte wird nicht absichtlich hinterlassen – hier jedoch hat sich jemand viel Mühe gegeben, im Sand eine Spur zu legen.«
»Mit … mit Pisse?«, fragte der Gardehauptmann und verzog verächtlich das Gesicht.
Der Fährtenleser neigte den Kopf zur anderen Seite. »Ich berichte nur, was ich gesehen habe.«
Aenigma winkte ab. »In welche Richtung führt die Spur?«, wollte er wissen – und lächelte zufrieden, als der Vogelmann in dieselbe Richtung deutete wie zuvor der Urside. »Das bedeutet wohl, dass wir unsere Flüchtlinge gefunden haben.«
»Vielleicht«, wandte der Hauptmann ein. »Möglicherweise handelt es sich aber auch um eine Falle.«
Der Spion schickte ihm einen spöttischen Seitenblick. »Seit wann fürchten sich die Goroptera vor einem Hinterhalt? Die Flüchtlinge sind nur eine Handvoll – Euch hingegen steht eine ganze Meute zu Gebote!«
»Ich fürchte mich nicht«, erklärte der Offizier. »Ich bin nur vorsichtig.«
»Das bin ich auch, Hauptmann«, versicherte Aenigma, »deshalb habe ich auch diese Möglichkeit in meine Überlegungen mit einbezogen – und das Rätsel gelöst.«
»Ach ja?«
»Die Flüchtlinge wissen, dass sie verfolgt werden – und offenbar gibt es einen unter ihnen, der mit uns verhandeln möchte.«
»Ihr meint – einen Verräter?«
»Nein.« Aenigma verstummte und starrte den Hauptmann so durchdringend an, dass dieser Gänsehaut bekam. »Ich spreche von jemandem mit Weitblick«, fuhr das Äffchen schließlich fort. »Lasst Eure Männer antreten, Hauptmann – wir nehmen die Verfolgung auf.«
12. Kapitel
Wie viele Angreifer es waren, konnte Erik nur schätzen.
Von der Barrikade bis zum Eingang der Großen Halle wogte ein Meer aus blauen Röcken und stumpfgrauen Kesselhelmen. Zweihundert mochten es sein, vielleicht auch mehr, und sie setzten den Verteidigern furchtbar zu.
Wieder hatten sie sich mit einer Ramme Zugang verschafft, und wieder hatten die Kämpfer Jordråks sie mit einem Schwarm von Pfeilen begrüßt. Doch diesmal waren die Angreifer besser vorbereitet gewesen.
Die meisten der Geschosse waren an den Schilden zerschellt, die die kaiserlichen Soldaten schützend vor sich hielten, dann hatten sie ihrerseits mit einer Salve von Brandpfeilen geantwortet, die sie durch die Halle schickten. Die zum größten Teil aus Möbelstücken bestehende Barrikade hatte daraufhin sofort Feuer gefangen. Zwar hatten die Verteidiger alles darangesetzt, die Brände zu löschen – die Phociden unter ihnen benutzten ihre Flossenhände dazu, die Flammen zu ersticken; doch der gleichzeitig einsetzende Angriff der Soldaten hatte dafür gesorgt, dass einer der Brände weiterschwelte, bis er schließlich nicht mehr gelöscht werden konnte.
Inmitten der Halle loderte eine Feuersbrunst empor, die die Reihen der Verteidiger spaltete und sie dazu zwang, sich den Angreifern in zwei getrennten Gruppen zu stellen; die eine wurde von Fürst Magnusson persönlich befehligt, der es sich nicht länger nehmen ließ, selbst zu kämpfen, die andere von Erik.
Immer wieder spähte der Prinz von Jordråk durch die Flammen zu seinem Vater hinüber, um sich zu vergewissern, dass er unverletzt war, während er selbst um Leib und Leben kämpfte. Gerade erst hatte er nach zähem Ringen einen Gegner gefällt, da war bereits der nächste zur Stelle, der die Barrikade erklimmen wollte, eine mit mörderischen Dornen versehene Keule schwingend. Erik riss seinen Schildarm empor und blockte den
Weitere Kostenlose Bücher