Splitterwelten 01 - Zeichen
mörderischen Zähne des Skalden. Hakkit schlug unbarmherzig zu. Wie Dolche durchstießen die Zähne den Oberschenkel des Mannes und ließen grellrotes Blut hervorschießen. Schreiend ging der Soldat nieder – doch schon waren seine Kumpane zur Stelle, und noch ehe Hakkit wieder hochkam, um sich dem nächsten Gegner zu stellen, zuckte ein Speer vor und durchdrang die ledrige Haut des Walrossmanns.
»Nein!«, hörte Erik sich selbst brüllen, während er die letzten Schritte zurücklegte.
Er sah, wie der Soldat den Speer aus der Brust des Skalden riss, der daraufhin blutend niedersank – und wie er die Waffe erneut hob, um dem verwundet zu seinen Füßen liegenden Thor Magnusson den Todesstoß zu versetzen.
Jetzt war Erik heran.
Mit einem Satz sprang er auf die Barrikade, fällte einen feindlichen Schergen, der ihm den Weg versperrte, warf sich auf den Kerl mit dem Speer, noch ehe dieser zustoßen konnte.
Der Zusammenprall war ebenso hart wie heftig. Die beiden Männer taumelten, stießen gegen andere Kämpfende und gerieten an den hinteren Rand der Barrikade. Sie bekamen das Übergewicht und stürzten, und im nächsten Moment fand Erik sich auf dem Boden wieder, inmitten der leblosen Körper gefallener Einherjar und in tödlicher Umklammerung mit dem Gegner.
Seinen Speer hatte der Soldat beim Aufprall verloren, und so rangen sie um den Besitz von Eriks Schwert. Anfangs sah es so aus, als behielte Erik die Oberhand, dann aber drosch ihm sein Gegner mehrmals hintereinander den Ellbogen ins Gesicht. Er verlor seinen Helm und sah Sterne vor den Augen, und für einen Moment fragte er sich, weshalb er nicht einfach aufgab und die Welt seiner Väter ihrem Schicksal überließ …
Nein!
In einem verzweifelten Aufbäumen gelang es Erik, seinen Gegner abzuschütteln und seine Schwerthand freizubekommen. Er warf sich herum, als sich der Soldat erneut auf ihn stürzen wollte – und damit geradewegs in die Klinge lief. Der Stahl durchdrang die Ringe des Kettenhemdes und fuhr tief in die Eingeweide des Mannes.
Erik stieß ihn von sich und raffte sich auf die Beine, hastete zurück zu seinem Vater. Er fand den Herrn von Jordråk unter den Leichen zweier Einherjar, die sich, so schien es, über ihren Herrn geworfen hatten, um ihn selbst über den Tod hinaus zu beschützen.
»Vater! Vater …!«
Das Kampfgeschehen ringsum nahm Erik nicht mehr wahr – er hatte nur Augen für seinen Vater, dessen sehnige Gestalt von Wunden übersät war. Auch am Haupt hatte der Fürst von Jordråk eine tiefe Schnittwunde erlitten, von der gezackte Blutfäden herabliefen.
»Sohn …«
»Ich bringe dich von hier fort«, versprach Erik und wollte bereits unter Schultern und Beine des Vaters greifen, als eine schneidende Stimme erklang.
»Im Namen der Inquisition – ergebt euch, oder ihr seid alle des Todes!«
Erst jetzt nahm Erik wahr, dass der Kampflärm abgeebbt war. Überraschend hatten die Soldaten in ihrem Ansturm innegehalten. Diejenigen Verteidiger, die noch auf den Beinen standen – insgesamt nicht mehr als zwölf Einherjar und zwei Diener –, standen blutbesudelt und schwer atmend auf der Barrikade. Sie alle starrten auf die unheimliche Gestalt, die unvermittelt aus den Rauchschwaden aufgetaucht war.
Ihrer Kleidung nach handelte es sich um eine Gildeschwester, und sie mochte ungefähr in Kalliopes Alter sein – mit dem Unterschied, dass ihre Robe so schwarz war wie die Nacht. Ihr Haar, das im Widerschein der Flammen feuerrot leuchtete, war kurz geschnitten, ihr Gesicht so bleich wie das einer Toten. Die Soldaten des Königs wichen vor ihr zurück. Nicht nur aus Respekt, sondern auch aus Furcht.
»Gebt euren Widerstand auf«, verkündete sie noch einmal, »oder ihr werdet vernichtet. Alle.«
»Wer sagt das?«, rief Erik ihr entgegen. »Wer seid Ihr?«
»Prisca, Inquisitorin und Bevollmächtigte Seiner Majestät des Königs Ardath Durandor II.«, scholl es zurück. »Und Ihr?«
»Erik, Prinz von Jordråk«, gab er bekannt und erhob sich zu seiner vollen Größe, das blutige Schwert noch in der Hand. »Warum habt Ihr uns ohne jeden Grund überfallen?«
»Wo ist Euer Vater, Erik, ehemaliger Prinz von Jordråk?«, fragte sie nur.
Erik schluckte unbändige Wut herunter. »Was gilt es Euch?«
»Nur er kann dieses sinnlose Blutvergießen beenden.«
»Sinnlos?« Erik glaubte, nicht recht zu hören. »Ihr wagt von einem sinnlosen Blutvergießen zu sprechen? Nachdem Ihr uns ohne jeden Grund überfallen und angegriffen
Weitere Kostenlose Bücher