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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Cedara nur, und sie tat es mit einer Endgültigkeit, die klarmachte, dass sie keine weitere Unterhaltung zwischen dem Diener und ihrer Schülerin wünschte. Schweigend stiegen sie die in den Stein gehauenen, schneebedeckten Stufen empor.
    Der Schneefall hatte nachgelassen, sodass nur noch einzelne Flocken fielen, die an den majestätisch aufragenden Klippen herabsanken. Man hätte sich täuschen lassen können von dem Eindruck friedlicher Stille, den Jordråk auf den ersten Blick vermittelte, wäre da nicht das Wissen um die mysteriösen Vorgänge auf der Winterwelt gewesen.
    Würdevoll schritten die beiden Gildeschwestern die Treppe empor, dem watschelnden Animalen hinterher. Der Aufstieg schien sowohl seiner Leibesfülle als auch seinen flossenförmigen Füßen einige Mühe zu bereiten. Er keuchte und schnaufte, und hin und wieder glaubte Kalliope sogar, die eine oder andere Verwünschung zu hören.
    Endlich erreichten sie das obere Ende der Treppe. Kalliope warf einen Blick zurück auf die Volanta unten am Kai. Die Besatzung hatte sich bereits darangemacht, das Schiff zu entladen. Dann folgte sie ihrer Meisterin durch den Tunnel, der sich an die Treppe anschloss und sich durch die steilen, schneebedeckten Klippen des Weltenrands bohrte.
    Es wurde nicht so dunkel, dass Fackeln nötig geworden wären, denn vom Ende des Stollens drang Licht herauf, dem die kleine Gruppe zielstrebig entgegenging. Auf der anderen Seite befand sich eine flache Senke, die von primitiven Gebäuden übersät war – steinerne, grob gemauerte Häuser, aus deren Kaminen sich dunkler Rauch zum weißen Winterhimmel wand. Dahinter erhob sich, grobschlächtig und primitiv und dennoch eindrucksvoll anzusehen, die Festung Thulheim.
    Auf einem Felsplateau errichtet, bot die aus Natursteinen gemauerte Zitadelle einen düsteren Anblick. Ein tiefer Graben und hohe Mauern, deren überdachte Wehrgänge von Schnee gekrönt waren, umgaben die Herrscherburg, dahinter ragten gedrungene, zinnenbewehrte Türme auf, über denen die Farben der Herren von Thulheim flatterten, das lindgrüne Banner mit dem Kopf des Falken darauf. Nach Osten hin grenzte die Festung unmittelbar an den Weltenrand, nach Norden und Westen verflachte das Gelände und ging in verschneites Waldland über, das sich im weißen Dunst verlor. Den Eingang bildete ein großes Tor, das von Kriegern bewacht wurde. Auch auf den Wehrgängen patrouillierten Wachen. Der friedliche Eindruck, den Kalliope zunächst gewonnen hatte, relativierte sich ein wenig.
    Die Straße zur Festung wand sich mitten durch das Dorf. Der bittere Geruch von Rauch lag über den kalten Gassen, irgendwo bellte ein Hund. Nur vereinzelt waren Menschen zu sehen – wenn doch, dann waren sie in Fellmäntel gehüllt, deren Kapuzen sie sich tief in die Gesichter gezogen hatten, und warfen den beiden Besucherinnen argwöhnische Blicke zu. Ein Schmied stand am Amboss und bearbeitete ein Stück Eisen, zwei Jäger waren damit beschäftigt, ein seltsam aussehendes Tier auszuweiden, dessen Haut von silbrig schimmernden Schuppen überzogen war und das kurze Hörner hatte, die sich wie die Äste eines Baumes verzweigten. Eine Frau, deren Gesichtszüge faltig und von der Kälte gerötet waren, trug Feuerholz zu ihrem Haus. Ein Junge spielte mit einem aus Holz geschnitzten Tier.
    Kalliope spürte ihren Herzschlag. Es war aufregend, sich zum ersten Mal in ihrem Leben auf einer anderen, noch dazu so primitiven und andersartigen Welt zu bewegen – und bedrohlich zugleich. Weder vermochte sie die fremdartigen Gesichter zu deuten noch wusste sie etwas über diese Welt, und sie bereute, sich nicht früher damit befasst zu haben. Wäre es nicht von großem Vorteil gewesen, etwas über diesen Ort zu wissen? Warum sahen die Regeln der Gilde so etwas nicht vor?
    Sie beschloss, ihre Meisterin bei Gelegenheit danach zu fragen. Schon im nächsten Moment jedoch nahm etwas anderes ihre Aufmerksamkeit in Anspruch – das Tor der Festung, dem sie sich bis auf hundert Schritte genähert hatten.

     
    Nicht nur war es von beeindruckender Größe und verfügte über eine Zugbrücke, die die tiefe, sich nach Osten hin zum Weltenrand öffnende Kluft des Burggrabens überwand. Oberhalb der Mauerzinnen gewahrte Kalliope auch zahlreiche Spieße, auf denen abgetrennte Häupter steckten!
    Von einigen waren nur noch die kahlen Schädel übrig, andere in fortgeschrittenem Verfall begriffen, wieder andere noch so gut erhalten, dass man erkennen konnte, von wem sie

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