Sportreporter
zurück auf den Boden, und uns, mit all meinen alten Hoffnungen im Aufwind, zum Flughafen zu schicken.
Ich bin leicht zu retten, es stimmt.
Vielleicht ist es von Interesse, an dieser Stelle ein paar Worte über Sportler zu verlieren, die ich schon immer bewundert habe, ohne das Bedürfnis zu verspüren, selbst einer zu sein oder sie überhaupt ernst zu nehmen, und die mir dennoch (obschon in ihren Unternehmungen immer hoffnungsvoll) so nüchtern und ausgeglichen vorkommen wie die alten Griechen.
Sportler sind im großen und ganzen Menschen, die es zufrieden sind, ihre Taten für sich sprechen zu lassen, die gern das sind, was sie tun. Das führt dazu, daß ein Sportler, wenn man sich mit ihm unterhält – so wie ich das die ganze Zeit tue, in Umkleideräumen, in Frühstückszimmern und Eingangshallen von Hotels, neben teuren Autos stehend –, einem zwar häufig überhaupt nicht zuhört, daß er aber in der Regel keinerlei innere Zerrissenheit oder Entfremdung oder gar existentielle Angst spürt. Mag sein, daß er an eine Kiste Bier denkt oder eine Grillparty oder einen Stausee in Oklahoma, auf dem er jetzt gern Wasserski laufen würde, oder an ein Mädchen oder einen neuen Chevy-Kombi oder eine Diskothek, die er sich aus Steuergründen zugelegt hat, oder auch einfach an sich selbst. Aber er ist mit Sicherheit nicht an seinem Gesprächspartner und dessen Gedanken interessiert. Ihn zeichnet ein außergewöhnlicher Egoismus aus, denn er schaut nicht über die Ränder seiner Emotionen hinaus und hat kein Interesse an Alternativen zu dem, was er sagt und worüber er nachdenkt. Tatsächlich machen Sportler auf dem Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit die prosaische Nüchternheit zu einem ganz eigenen Mysterium – einfach dadurch, daß sie von ihrem eigenen Tun völlig in Anspruch genommen werden.
Jahre des Trainings lehren das; die Notwendigkeit, Zweifel und Ungewißheit und Selbstforschung fahrenzulassen und sich für eine angenehme, selbstverherrlichende Eindimensionalität zu entscheiden, die im Sport unmittelbar belohnt wird. Du kannst bei Sportlern allein schon dadurch alles kaputtmachen, daß du dich in deiner eigenen Alltagsstimme mit ihnen unterhältst, einer Stimme, die möglicherweise voller Eventualitäten und Mutmaßungen ist. Eine solche Stimme versetzt sie in Angst und Schrecken, weil sie ihnen klarmacht, daß die Welt – wo sie oft nicht gut zurechtkommen und manchmal in wirtschaftliche Krisen und finanzielle Verwicklungen geraten, erst recht nach Beendigung ihrer Laufbahn – von einer Kompliziertheit ist, auf die ihr Training sie nicht vorbereitet hat. Deshalb hören sie viel lieber ihre eigenen Stimmen und Fragen oder das Geplapper ihrer Mannschaftskameraden (selbst wenn es spanisch ist). Und als Sportreporter muß ich mich nach ihren Stimmen und Antworten richten: »Wie wollen Sie dieses Team schlagen, Stu?« Wahres kann dabei natürlich trotzdem herauskommen – »Wir gehen einfach raus auf den Platz und machen unser Spiel, Frank, denn damit sind wir bisher gut gefahren« –, aber es wird ihre schlichtere Wahrheit sein, nicht meine kompliziertere, es sei denn natürlich, ich stimme mit ihnen überein, und das tu ich oft. (Sportler sind natürlich nicht immer die Blödmänner, als die sie manchmal dargestellt werden, und lassen sich oft intelligent über alles aus, was sie interessiert, bis dem Zuhörer die Ohren abfallen.)
Ein Sportler würde sich zum Beispiel nie von einer Geschichte, wie Vicki sie mir gerade erzählt hat, treffen lassen, auch wenn in seinem Innersten vielleicht die gleichen Gefühle angesprochen werden. Er hat gelernt, sich davon nicht zu sehr beunruhigen zu lassen oder – falls es ihn stärker beunruhigt, als er ertragen kann – rauszugehen und fünfhundert Abschläge vom Tee zu üben oder bis zum Umfallen zu laufen oder immer wieder frontal gegen einen kompliziert aufgehängten Apparat zu rennen. Ich bewundere diese Fähigkeit mehr als fast jede andere, die ich mir vorstellen kann. Er weiß, was ihn glücklich und was ihn wütend macht, und er weiß in beiden Fällen, was er zu tun hat. In dieser Hinsicht ist er wahrhaft erwachsen. (Das macht es ihm allerdings so gut wie unmöglich, dein Freund zu sein.)
Im letzten Jahr meiner Ehe mit X war ich immer in der Lage, »über die Ränder« meiner Gefühle hinauszusehen. Ob ich wütend war oder hellauf begeistert, ich wußte, daß ich ebensogut anders empfinden oder mich verhalten konnte, wenn ich wollte – düster oder
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