Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung
signifikant von Kindern gleichen Alters unterscheiden. Dabei werden sowohl qualitative als auch quantitative Unterschiede beim Erwerb von sprachlichen Kompetenzen beschrieben. Macht ein Kind geringe Fortschritte im Verständnis der Sprache oder in der sprachlichen Imitation, kann dies aber auch Auswirkungen auf die Spielinteressen und das soziale Verhalten eines Kindes haben.
Entwicklungsvoraussetzungen der frühen Sprachentwicklung
Welche Entwicklungsvoraussetzungen können wir für den frühen Spracherwerb beschreiben? Sind Fortschritte in der frühen kognitiven und sozialen Entwicklung notwendig, damit das Kind auf der Ebene der sprachlichenEntwicklung Fortschritte erreichen kann (Grimm 2000)? Für die Erklärung sprachspezifischer kognitiver und sozialer Voraussetzungen gibt es eine Vielzahl von theoretischen Modellen (Kannengießer 2009).
Im Rahmen der kognitiven entwicklungspsychologischen Theorien werden Grundlagen der frühen Sprachentwicklung im Bereich der kognitiven Entwicklung und sprachlichen Repräsentation gesucht. Dazu gehört die Differenzierung sensomotorischer Handlungen, die im Modell von Jean Piaget auf Funktionsspiel und symbolische Spielhandlungen hinführen. In der Theorie nach Piaget durchläuft das Kind eine Reihe von kognitiven Entwicklungsstadien, die jeweils notwendig aufeinander aufbauen. Die kognitiven Funktionen erlauben dem Kind am Ende des zweiten Lebensjahres sich Erfahrungen vorzustellen, zu verinnerlichen und symbolisch darzustellen. Diese symbolischen Funktionen sieht Piaget als grundlegend für den Spracherwerb an.
Als zweiter Bereich wird die frühe sozial-kommunikative Entwicklung hervorgehoben. Auf diese Entwicklungsdomäne hat besonders Jerome Bruner abgehoben, der in den frühen kommunikativen und sozialen Entwicklungsprozessen die Grundlage des beginnenden Spracherwerbs gesehen hat (Bruner 1981). Der Erwerb früher kommunikativer Fertigkeiten in Wechselwirkung mit der Bezugsperson wird vor allem für das erste Lebensjahr als grundlegend für den Spracherwerb angesehen. Das Kind lernt den sozialen Austausch über Blickkontakt und Vokalisationen, es entdeckt die Möglichkeit durch sein Verhalten die Bezugsperson zu beeinflussen und baut die frühe Intentionalität und basale Imitationsfähigkeiten auf. Mit dem Erwerb früher Gesten, z. B. des kommunikativen Einsatzes des Winkes, erwirbt das Kind Fertigkeiten, mit denen es seine kommunikativen Absichten deutlich machen kann. Mit der Ausdifferenzierung der frühen sozialen und kommunikativen Fertigkeiten beherrscht das Kind das »Kommunikationsspiel« und kann sich aktiv an der wechselseitigen Interaktion und Kommunikation mit den Erwachsenen beteiligen.
Schließlich werden als wichtige Grundlagen des Spracherwerbs frühe Merkmale der prosodischen und phonologischen Entwicklung untersucht (Hennon, Hirsh-Pasek & Golinkoff 2000). Die Sprachentwicklung beginnt spätestens in den ersten Lebensmonaten mit Prozessen der Sprachwahrnehmung und dem Experimentieren mit lautlichen Merkmalen. Das frühe Interesse für die sprachliche Umgebung steht in enger Wechselbeziehung zum vorsprachlichen Verhalten und zur sozialen Umwelt des Kindes (Windsor et al. 2009, S. 318).
Besonderes Interesse verdient in diesem Zusammenhang die Frage, welche dieser Entwicklungskompetenzen als notwendige und/oder hinreichende Entwicklungsvoraussetzungen für den einsetzenden Erwerb der Sprache angesehen werden kann. Notwendige Bedingungen sind Entwicklungsvoraussetzungen oder Fertigkeiten, die das Kind erwerben muss, um den nächsten Entwicklungsschritt zu erreichen. Eine notwendige Bedingung für den Erwerb der ersten sinnbezogenen Worte kann sein, dass das Kind Fertigkeiten im Funktionsspiel erwirbt und damit die soziale Funktion von Spielgegenständen entdeckt. Diese Fertigkeiten sind aber nicht hinreichend für den Worterwerb, das bedeutet, das Kind muss noch andere kognitive und/oder soziale Fertigkeiten oder Fertigkeiten im Bereich der vokalen Imitation erwerben.
Die Beschreibung dieser Bedingungen kann ein wichtiger Ansatzpunkt für die Therapieplanung sein. Mit diesen Entwicklungsvoraussetzungen wird formuliert, an welchen Fertigkeiten und Interessen des Kindes in Alltagssituationen oder in der Therapie zu arbeiten ist.
Fallbeispiel einer Sprachentwicklungsstörung im Alter zwischen 2 und 3 Jahren
Die Frage der frühen Entwicklungsmerkmale, die wir bei der Untersuchung von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen beachten, und die weitergehende
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