Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition)
Tür des Wartezimmers.
10
D r. Ravi Patel ließ sich nicht anmerken, ob er Doug Connellys schockierenden Kommentar gehört hatte. Er wandte sich auch nicht an Doug, sondern sprach Hannah an. »Ms. Con nelly, wie ich Ihnen schon vor der OP gesagt habe: Ihre Schwester hat schwere Kopfverletzungen mit gravierenden Hirnödemen erlitten. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nicht sagen, ob sie permanente Schäden davontragen wird. Das werden wir erst erfahren, wenn sie aus dem Koma aufwacht … Das kann in wenigen Tagen oder in einem Monat sein.«
Hannahs Mund war wie ausgedörrt, ihre Lippen bewegten sich kaum, als sie fragte: »Dann glauben Sie, dass sie überleben wird?«
»Die ersten vierundzwanzig Stunden sind entscheidend. Ich würde Ihnen dringend raten, nicht hier zu warten. Es ist wahrscheinlich besser, wenn Sie sich ausruhen. Ich verspreche, sollte sich ihr Zustand ändern, werde ich …«
»Doktor, ich will die beste Pflege für meine Tochter«, unterbrach Doug. »Ich will einen Spezialisten, ich will private Pflegekräfte.«
»Mr. Connelly, Kate liegt auf der Intensivstation. Später können Sie private Pflegekräfte engagieren, jetzt ist nicht der Zeitpunkt dafür. Und natürlich werde ich mich gern mit jedem Arzt absprechen, den Sie zurate ziehen möchten.« Dr. Patel wandte sich wieder an Hannah, vergewisserte sich, dass er ihre Handynummer hatte, und sagte schließlich voller Anteilnahme: »Kate muss die nächsten Tage überstehen, und dann wird es wahrscheinlich noch lange dauern, bis sie wieder ganz gesund ist. Aber am meisten helfen Sie ihr jetzt, wenn Sie Ihre Kräfte schonen.«
Hannah nickte. »Kann ich sie sehen?«
»Sie können einen kurzen Blick auf sie werfen.«
Doug nahm Hannah am Arm und folgte dem Arzt hinaus. »Sie wird schon durchkommen«, sagte er leise. »Kate ist zäh. Sie wird es überstehen, und nachher wird es ihr besser gehen als jemals zuvor.«
Falls sie nicht wegen Brandstiftung oder sogar Mord verhaftet wird, dachte Hannah. Ihre Wut auf ihren Vater war einer Art Resignation gewichen. Aber er hat ja nicht damit rechnen können, dass Dr. Patel gerade in dem Moment ins Wartezimmer kommt, als er von Kates Kommentar erzählte.
Am Ende des langen Gangs drückte Dr. Patel auf einen Knopf und öffnete damit die schweren Türen der Intensiv station. »Machen Sie sich auf einiges gefasst«, sagte er. »Kates Kopf ist bandagiert, sie wird künstlich beatmet, und ihr Körper ist mit Infusionsschläuchen übersät.«
Trotz der Warnung war Hannah entsetzt, als sie ihre Schwester sah. Ich muss Dr. Patel wohl glauben, dass das Kate ist, dachte sie, während sie die reglose Gestalt auf dem Bett nach vertrauten Merkmalen absuchte. Kates Hände waren vollständig verbunden, erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass ihre Schwester an den Armen Verbrennungen zweiten Grades erlitten hatte, wie man ihr bei der Ankunft im Krankenhaus mitgeteilt hatte. Das Beatmungsgerät verdeckte fast das ganze Gesicht, und wegen der Kopfbandagen war von Kates blonden Haaren nicht das Geringste zu sehen.
Hannah gab ihrer Schwester einen Kuss auf die Stirn. Bildete sie es sich nur ein, oder konnte sie tatsächlich ganz schwach das Parfüm riechen, das Kate immer trug? »Ich liebe dich«, flüsterte Hannah. »Verlass mich nicht, Kate!« Und fast hätte sie noch hinzugefügt: »Du bist doch die Einzige, die ich habe«, konnte es sich aber gerade noch verkneifen.
Obwohl es so ist, dachte sie traurig. Von unserem Vater haben wir doch all die Jahre über nicht viel gehabt.
Sie trat zurück und machte Platz für ihren Vater, der sich über Kates Bett beugte. »Meine Kleine«, sagte er mit zitternder Stimme. »Du musst wieder gesund werden. Du kannst uns nicht im Stich lassen.«
Nach einem letzten Blick auf Kate wandten sie sich zum Gehen. An der Tür versprach Dr. Patel erneut, sie umgehend zu informieren, falls sich Kates Zustand ändern sollte.
Um halb zwei verließen sie das Krankenhaus. Um einem eventuellen Vorschlag zuvorzukommen, gemeinsam mit ihrem Vater zu Mittag zu essen, sagte Hannah: »Dad, ich fahre ins Büro. Ich muss noch ein paar Sachen erledigen, außerdem tut es gut, wenn ich mich beschäftige und nicht untätig zu Hause herumsitze.«
Als sie jedoch auf die Straße traten, sahen sie schon die Reporter, die nur auf sie gewartet hatten.
»Was können Sie uns über Kate Connellys Zustand sagen?«, wollten die Journalisten wissen. »Warum war sie zu dieser frühen Morgenstunde mit Gus Schmidt im Museum?
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