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Spuk im Hotel

Spuk im Hotel

Titel: Spuk im Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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Amanda ließ sich wieder einmal sehen. Sie hatte ein schickes rotes Kleid angezogen, das bis zu den Knöcheln reichte und zu dem ihr der unvermeidliche weiße Schal besonders gut stand. Diesmal hatte sie sich am Tisch der Greens niedergelassen, die nun auch beschlossen hatten, am nächsten Morgen abzureisen.
    Nicht erschienen war Garfield, so dass Mr. Simpson, kaum dass er ohnehin schon verspätet den Speisesaal betreten hatte, einen ungeduldigen Blick auf seine Uhr warf und missbilligend den Kopf schüttelte. Dann fragte er Mrs. Silverstone, ob sie etwas dagegen hätte, wenn er ihr Gesellschaft leistete.
    Mrs. Silverstone, die ein dunkelgraues Kostüm trug, das Justus noch nicht kannte und in dem sie wieder ziemlich altjüngferlich aussah, hob die Hand ans Ohr und ließ sich die Frage wiederholen.
    »Durchaus nicht«, hörte Justus sie hoheitsvoll erwidern. Dann half er Michael den ersten Gang servieren. Eine auf den ersten Blick undefinierbare Suppe, von der Georgette in der Küche Stein und Bein schwor, so etwas Köstliches sei im Umkreis von 20 Meilen nicht zu bekommen. Justus beschloss, ihr vorläufig zu glauben, und verschob den Test, ob sie wirklich Recht hatte, auf später.
    Dann trat Henry auf. Auch er trug die Kellneruniform, mit schwarzem Anzug und weißem Hemd. Justus runzelte die Stirn. Als ob Michael und er mit dem Servieren nicht allein fertig würden! Er grinste still in sich hinein: In den paar Tagen, die er bei Amanda war, hatte er schon eine richtige Berufsehre entwickelt. Er schickte Henry, der es bestimmt nur gut meinte, einen versöhnlichen Blick hinüber. Aber Henry nahm ihn gar nicht wahr. Er machte einen geistesabwesenden Eindruck. Als er den Hartfords die Suppe auftrug, wäre ihm um ein Haar eine Tasse vom Tablett gerutscht. Dieses Unglück konnte er gerade noch verhindern, aber für die beiden Löffel kam Henrys Reaktion zu spät. Sie fielen zu Boden und gaben Peter die Gelegenheit aufzuspringen, sie aufzuheben und damit ein paar Sympathiepunkte bei Henry zu gewinnen.
    Gerade als er in die Küche wollte, um Mrs. Silverstone eine Flasche Mineralwasser zu holen, hörte Justus dieses entnervende Klopfen, das immer entstand, wenn Tim Green mit dem Besteck einen Gegenstand bearbeitete. »Da drauschen brennt esch!«, krähte dazu seine Jungenstimme. »Esch brennt!«
    Justus kehrte auf dem Absatz um und starrte Tim an. Der hatte in der einen Hand den Suppenlöffel seines Vaters und trommelte damit auf das Weinglas seiner Mutter. Mit der anderen zeigte er durchs Fenster nach draußen, wo die Sonne wie ein glutroter Ball dem Horizont entgegensank.
    »Das ist kein Feuer«, sagte Mrs. Green zu ihrem Jüngsten. Sie fuhr beruhigend durch sein Haar. »Das ist die Sonne.«
    Sie unterschätzt ihren Sohn, dachte Justus, der ist zu aufgeweckt, um die Sonne für irgendein Feuer zu halten. Er durchquerte den Speisesaal und die Eingangshalle und stieß die schwere Flügeltür auf. Über der Baumreihe hinten im Park stieg schwarzer Qualm empor, und manchmal loderte eine dunkelrote Flamme auf.
    »Der Schuppen!« Justus fuhr herum und stand vor Henry, der zur Abwechslung nicht krebsrot im Gesicht war, sondern ziemlich blass. Der Nächste, der hinter den beiden herkam, war Simpson, in seinem Gefolge Mrs. Silverstone und Amanda.
    Eine halbe Minute später setzte sich die ganze Kolonne in Bewegung. Gäste und Bedienstete des ›Old Star‹ gingen und rannten, je nach Temperament und Erregung, zu der Baumreihe hinüber. Hinter Peter bildete das Schlusslicht Georgette, die im Laufen keuchend zu Mrs. Green sagte, sie sei heilfroh, dass alle schon ihre Suppe gegessen hätten. Den Hauptgang könne sie noch eine Weile warm halten. Peter drehte sich um und bekam mit, wie Mrs. Green Georgette ansah, als käme sie von einem anderen Stern. »Aber das ist doch nun wirklich ganz unwichtig«, zischte sie.
    Justus hielt zusammen mit Henry die Spitze des Zugs. Unter den Platanen kamen Bob und Garfield angelaufen. Als die beiden sahen, dass mehr als ein Dutzend Menschen an den Brandherd eilten, machten sie kehrt. Unter den Bäumen tauchten die Umrisse des lichterloh brennenden Schuppens auf.
    »Nur gut, dass wir morgen endlich fahren!«, rief Mrs. Green schrill von hinten.
    »Wer alarmiert denn die Feuerwehr?« Das war die Stimme von Mrs. Hartford, wie Peter sofort bemerkte. Er drängelte ein wenig an die Spitze, um mitzubekommen, was Garfield dort zum Besten gab.
    »Ich wollte gerade noch ein wenig Luft schnappen vor dem

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