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Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ich meine Dissertation abschließen. Weil aber meine revolutionären Theorien auf dem medizinischen Gebiet für Aufregung sorgten, musste ich Montpellier verlassen. Wo immer ich hinkomme, erwecke ich bei Gelehrten wie Kirchenmännern Argwohn. Hier in Agen jedoch …« Er sah sie durchdringend an. »Hier ist mir Wärme und Freundlichkeit entgegengebracht worden. Auch von Euch, Mademoiselle Hélène.«
    Ihr stockte der Atem.
    Beherzt griff er nach ihrer Hand und sagte mit Inbrunst: »Seit den Chaldäern, den Sterndeutern zur Zeit Abrahams, glauben die Menschen, dass die Konstellation der Sterne auf Gutes oder Böses hindeuten und sogar den Verlauf eines Menschenlebens beeinflussen kann. Sollte diese Wissenschaft auch nur ein Körnchen Wahrheit enthalten, müssen meine Sterne nach Jahrhunderten endlich zueinander gefunden haben, zu genau dieser Position, die die Voraussetzung dafür ist, in mir eine Liebe und eine Verzückung zu wecken, die ich nicht für möglich gehalten hätte.«
    Er spürte ihre Hand in der seinen zittern.
    »Euch und nur Euch möchte ich mein bestgehütetes Geheimnis anvertrauen: Mein ganzes Leben lang, Hélène, habe ich gespürt, dass ich für etwas Außergewöhnliches ausersehen bin, für etwas, das über ein normales Leben hinausgeht. Nur wofür, vermag ich nicht zu sagen. Gut möglich, dass ich sterbe, bevor ich dahinter komme. Findet Ihr es vermessen von mir zu behaupten, dass ich nicht zufällig in dieses Zeitalter hineingeboren wurde? Es geschah zu einem bestimmten Zweck, nur weiß ich nicht, zu welchem. Und es steht zu befürchten, dass ich das, was mir bestimmt ist, nicht in die Tat umsetzen kann.«
    Sie lächelte und ihre Augen blitzten. »Ich weiß, was Euch bestimmt ist, Michel. Das habe ich von dem Augenblick an gespürt, da ich Euch kennen lernte. Denn auch ich trage ein Geheimnis in mir.«
    Ein Geheimnis! Gesegnetes holdes Wesen! »Bitte verratet es mir, Mademoiselle, damit ich es in Ehren halte und in meinem Herzen bewahre.«
    Sie senkte den Kopf, schaute ihn durch ihre langen Wimpern an und sagte: »Erst müsst Ihr mich heiraten.«
     
     
    Sie nahm ihn mit zum Schloss in den Pyrenäen, das auf Betreiben ihres Vorfahren Alarich, Comte de Valliers, des Kreuzritters, der die Alexandrier vereint hatte, erbaut worden war. Als Michel ihr Gemahl geworden war, hatte er den goldenen Ring des Geheimbunds erhalten, einen Ring, den inzwischen ein neues Flammenmotiv mit der Inschrift
Fiat Lux
zierte. Er trug ihn neben dem Goldring, den ihm sein Vater geschenkt und den er seinerzeit vor Hélène versteckt hatte: einen Ring, der von seinem Großvater stammte, einem Rabbi, und in den etwas auf Hebräisch eingraviert war.
    Während sie hoch zu Ross den schmalen Bergpfad erklommen, erzählte sie ihm die Geschichte von Alarich und den Rittern der Flamme und ihrem glorreichen Sieg in Jerusalem im Jahre 1099 , von dem sie nicht nur die Briefe Maria Magdalenas mitgebracht hatten, sondern auch vieles andere, das in dieser unter Alarich erbauten Festung untergebracht worden war. Von jener Zeit an hatten es sich die Alexandrier zur Aufgabe gemacht, aufklärerische Schriften aus aller Welt zu sammeln.
    »Was tun sie mit dieser Sammlung?«, fragte Michel. Sie ritten durch gesprenkeltes Sonnenlicht. Jenseits der Bäume hörte man muntere Bergbäche und Wasserfälle rauschen.
    »Wir bewahren sie auf«, sagte sie.
    »Wozu?«
    Sie erreichten eine Stelle, an der sie rasten und die zahlreichen Pferde und Maultiere in ihrem Tross tränken konnten. Während sie einen Laib Brot und ein Rad würzigen Käse unter sich aufteilten, vertraute Hélène ihrem Gemahl den wahren Auftrag der Alexandrier an.
    Michel war zunächst konsterniert, dann skeptisch. Aber er beherrschte sich und meinte lakonisch: »Wenn das tatsächlich der Auftrag der Alexandrier ist, dann genügt Sammeln und Verwahren allein nicht. Damit werdet Ihr Euer Ziel nicht erreichen. Die Schriften müssen gelesen, übersetzt, analysiert und auf versteckte Botschaften hin untersucht werden. Nur dann wird die Mission der Alexandrier Erfolge zeitigen.«
    Auf Schloss de-Dieuvenir lebten dreiundvierzig Männer und Frauen, die sich der pfleglichen Aufbewahrung der ihnen anvertrauten alten Manuskripte verschrieben hatten. Auf eine derart unschätzbare Sammlung an Wissenswertem war Michel nicht gefasst gewesen, hatte er doch lediglich ein paar mit Folianten bestückte Regale erwartet. Stattdessen führte man ihn durch große Hallen, die voll gestopft waren mit dem

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