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Spur ins Eis

Spur ins Eis

Titel: Spur ins Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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sich sicher, dass sich irgendwo im Escalade eine Waffe befand. Javier lächelte unverbindlich, ohne jede Wärme, und Will konnte nur hoffen, dass Kalyns grauenhafter Akzent ihn genügend ablenkte.
    »Sind Sie über etwas Spitzes gefahren ?«, fragte Kalyn. »Haben Sie einen Ersatzreifen ?«
    Javier seufzte. »Ja, habe ich.« Er musterte sie prüfend. »Kann ich Sie etwas fragen ?«, sagte er.
    »Was ?«
    »Ich bin sicher, ich habe Sie heute schon gesehen. Können Sie mir sagen, wo ?«
    »Ich habe Sie noch nie in meinem Leben gesehen. Ich habe nur angehalten, um Hilfe anzu…«
    »Ah ja. Im Pro-Shop. Sie haben mit Dan gesprochen, als ich vom Platz kam.« Javiers Blick glitt zu Will und wieder zu Kalyn. »Und das ist der Herr, mit dem Sie zusammen waren ?«
    Will überlegte, wie schnell sich Javier wohl bewegen konnte. Sie waren noch etwa drei Meter von ihm entfernt. Zieh jetzt, Kalyn.
    Javier sagte : »Ihre Handflächen sind feucht.«
    Zieh.
    »Sie möchten gerne nach der Pistole unter Ihrem Jackett greifen. Da ich Sie nicht kenne, ist meine Sorge, dass Sie es zu schnell tun und mich vielleicht erschießen, bevor ich Ihnen einen Grund dazu gebe. Also lassen Sie uns diese Möglichkeiten vermeiden. Treten Sie zwei Schritte zurück und ziehen Sie langsam die Waffe. Hier sind meine Hände. Ich bin unbewaffnet. Ich werde mich nicht bewegen.«
    Kalyn trat zurück, griff in ihr Jackett, zog die Glock und hielt sie tief, während sie um ihn herumging. »Auf die Knie«, sagte sie. Er gehorchte. »Jetzt legen Sie die Hände hinter den Kopf und verschränken Sie die Finger. Will vertraute darauf, dass Kalyn die Situation jetzt im Griff hatte. Der Escalade schirmte sie vor den Autos, die vorbeifuhren, ab. Sie zog Handschellen aus der Innentasche ihrer Jacke und legte sie um Javiers rechtes Handgelenk. »Legen Sie sich flach auf den Boden, die Hände auf den Rücken.«
    Javier protestierte nicht, sondern legte sich flach auf den Asphalt.
    Sie schloss die Handschelle auch um sein anderes Handgelenk.
    »Stehen Sie langsam auf.« Er rollte sich auf den Rücken, setzte sich auf und erhob sich. »Treten Sie an Ihr Auto, lehnen Sie sich dagegen und spreizen die Beine.« Sie tastete ihn ab, fand aber nur seine Brieftasche und einen BlackBerry in den Hosentaschen. »Und jetzt gehen Sie zu meinem Auto.«

20
    Die Beifahrertür ging auf. Javier Estrada zog den Kopf ein und setzte sich auf den Beifahrersitz.
    »Schnallen Sie ihn an«, sagte Kalyn. Will zögerte. »Er trägt Handschellen, und er hat keine Waffe. Es ist schon okay.« Will spürte, wie Javier sein Gesicht musterte, als er ihm den Gurt anlegte. Kalyn schloss die Tür und setzte sich hinter ihn auf die Rückbank. »Javier«, sagte sie, »nur damit das klar ist : Ich habe eine Glock auf deinen Rücken gerichtet. Fahren Sie los, Will, aber nicht zu schnell. Sie brauchen keine roten Ampeln zu überfahren, und verwickeln Sie uns nicht in einen Autounfall.«
    Im Wagen war es totenstill. Kein Radio, niemand sagte etwas, als sie durch Scottsdale fuhren. Javier starrte stumm geradeaus. Will beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, wenn sie an einer Ampel hielten. Der Mann wirkte völlig entspannt.
    Als sie sich der Autobahn näherten, sagte Kalyn : »Nehmen Sie den Highway Sixty nach Osten.«
    Zum ersten Mal machte Javier den Mund auf. »Ah, die Superstitions. Habe ich recht ?« Niemand antwortete. »Ich hatte dort draußen mal geschäftlich zu tun. Das war übrigens eine exzellente Festnahme. Sehr kreativ. Überraschend. Und der Akzent. Wundervoll. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich hätte diese Situation sehr leicht vermeiden können. Ich habe eine Fünfundvierziger Smith und Wesson unter meinem Sitz, und eigentlich wollte ich schon nach ihr greifen, bevor ich ausgestiegen bin. Aus Gewohnheit, verstehen Sie. Aber ich habe es nicht getan. Hätte ich sie mitgenommen«, er begegnete Kalyns Blick im Rückspiegel, »dann wären Sie jetzt tot.« Er blickte Will an. »Und Sie auch.«
    Sie fuhren Richtung Osten. Die Sonne sank, und die Berge in der Ferne wirkten im Dämmerlicht größer und schärfer.
    »Ich habe eine Frage an Sie«, sagte Kalyn. »Erinnert Sie Ihre Situation an etwas ?«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Nun, beinahe hätte ich noch eine Brechstange mitgebracht … irgendetwas womit man das Fenster auf der Fahrerseite einschlagen kann. Vielleicht hätten Sie dann ja gemerkt, was passiert ist.«
    Javier schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was Sie

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