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Spur ins Eis

Spur ins Eis

Titel: Spur ins Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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meinen.«
    »Keine Sorge. Es wird Ihnen schon noch einfallen.«
    Die Sonne war nur noch ein flammend roter Streifen im Westen, als Will an der Ranger-Station in den Lost Dutchman State Park hineinfuhr.
    Kalyn sagte ihm, er solle am ersten Picknick-Platz halten.
    Es war schon spät. Auf dem Parkplatz standen nur noch zwei weitere Autos. Beide leer. Keine Wanderer in Sicht. Dahinter lag kilometerweit die Wüste im Dämmerlicht und dahinter die Superstitions, die Gipfel noch von der Sonne beschienen, während der Fuß bereits in der Dunkelheit lag.
    Will machte den Motor aus.
    Bis auf den Wind war es völlig still. Der Wagen schaukelte unmerklich.
    »Und ?«, sagte Kalyn. »Wissen Sie es immer noch nicht ?«
    Javier lächelte. »Glauben Sie bloß nicht, dass Sie die Einzigen sind, die sich gerne mit mir in dieser Situation befänden. Ich habe viele Feinde. Aber auch Freunde. Und es sind meine Freunde, meine Brüder, es ist die Bedrohung, die sie darstellen, die meine Feinde in respektvoller Distanz hält. Mit mir ist nicht zu spaßen. Sie sind nicht bei der Polizei«, stellte Javier fest. »Obwohl Sie es vielleicht einmal waren. Will hier macht sich vor Angst fast in die Hose. Sie versuchen bis jetzt, sich so unpersönlich wie möglich zu geben, aber ich kann Ihre Wut spüren. Ihre Wut auf mich. Ich weiß nicht warum. Wollen Sie es mir sagen ?«
    Kalyn streckte die Hand aus und ließ vier Fotos in Javiers Schoß fallen.
    »Legen Sie sie vor ihn, Will, damit er sie sehen kann.«
    Will arrangierte die Fotos, zwei auf jedem Bein. Suzanne Tyrpak. Jill Dillon. Rachael Innis. Lucy Dahl. Javier betrachtete sie, blickte auf, zuckte mit den Schultern. Kalyn zog ihr Handy heraus und klappte es auf. Sie drückte auf ein paar Tasten, dann reichte sie Will das Gerät und sagte : »Zeigen Sie es ihm.« Er hielt Javier das Handy vors Gesicht. Javier betrachtete das Bild, dann wandte er den Kopf und blickte aus dem Seitenfenster.
    »Ihr beiden«, sagte er mit leiser, mühsam beherrschter Stimme, »seid wahrscheinlich die mutigsten Leute, denen ich jemals begegnet bin.«
    »Wollen Sie sich die Fotos nicht noch einmal anschauen ?«, sagte Kalyn.
    »Ist meine Familie noch am Leben ? Unverletzt ?«
    »Im Moment noch.«
    Javier nickte. »Ich würde gerne mit ihnen sprechen.«
    »Das geht nicht.«
    »Dann haben wir nichts mehr miteinander zu reden.«
    Kalyn rutschte in die Mitte der Rückbank, sodass sie Javiers Gesicht sehen konnte. »Sehen Sie mich an«, sagte sie. »Ich erzähle Ihnen jetzt etwas, damit Sie verstehen, wie ernst wir es meinen. Damit Sie keinen Zweifel daran haben, was wir Ihnen, Misty und Raphael antun könnten. Sehen Sie die Fotos rechts ? Das sind Rachael Innis, Wills Frau, und Lucy Dahl, meine Schwester. Sie können mir glauben, wenn Sie so weitermachen, werden Sie und Ihre Familie eine sehr lange, sehr schlimme Nacht haben.«
    »Und wenn ich Ihnen die gewünschte Information geben würde ?«
    »Dann bleiben Sie am Leben. Wir sind nicht wie Sie, Javier.«
    »Und ich ? Mich werden Sie auf jeden Fall töten, oder ? Egal, ob ich es Ihnen sage oder nicht.«
    »Sie sagen uns, was wir wissen wollen, und ich fessele Sie hier mit den Handschellen an einen Picknicktisch. Vielleicht findet Sie morgen jemand. Es spielt keine Rolle. Bis dahin sind wir längst weg.«
    »Ich denke nicht, dass ich Ihnen glaube. In der umgekehrten Situation würde ich Sie auch umbringen, wenn ich die gewünschte Information bekäme.«
    »Was habe ich gerade gesagt ? Wir sind nicht wie Sie.«
    Er blickte erneut aus dem Fenster. Schließlich sagte er : »Ich fürchte, meine Information wird Ihnen nicht gefallen, da ich nur ein kleines Rädchen in einem großen Getriebe bin.«
    »Sagen Sie uns einfach, was Sie wissen.«
    Während er sprach, beobachtete er, wie die Schatten in der Wüste immer länger und tiefer wurden. An den Bergen stieg Dunst auf. »Es ist jedes Mal das Gleiche. Ein Mann namens Jonathan ruft mich an und sagt : ›Sie wollen wieder eine.‹ Und dann beginne ich mich umzusehen. Es gibt natürlich bestimmte Parameter. Weiß. Große dunkle Augen. Schwarze lockige Haare. Schön. Vermutlich gefällt ihnen mein Geschmack. Vielleicht gibt es aber irgendwo auch jemanden, der auf Blonde oder Rothaarige spezialisiert ist. Wenn ich sie gefunden habe, folge ich ihr ein paar Tage lang. Ich präge mir ihre Muster und Gewohnheiten ein. Und dann, wenn ich das Gefühl habe, der Zeitpunkt ist gekommen, dann rufe ich Jonathan an und sage es ihm. Wenn sie

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