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Spur ins Eis

Spur ins Eis

Titel: Spur ins Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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seine Brille ab. Eigentlich brauchte er sie gar nicht. Das Mondlicht war hell genug und beleuchtete den Alkoven wie an Weihnachten. Er hörte ein entferntes Geräusch hinter sich und blickte auf den langen, schmalen See. Zuerst dachte er, es seien Männer, die auf ihn zuliefen, aber dann merkte er, dass es Wölfe waren.
    Warum zum Teufel kamen sie gerade auf ihn zu ? Seit er aus L.A. hierher nach Alaska gekommen war, hatte er die ganze Zeit über nur gehört, wie scheu sie waren und wie selten man überhaupt einen zu Gesicht bekam. Gott, er vermisste das Valley. Er wandte sich wieder zur Lodge, hob seine Beretta und schlug die Scheibe ein.
    Suzanne hielt immer noch Ausschau nach Lucy, als sie das Glas klirren hörte. Sie hatte keinen Schuss gehört, und von hier aus konnte sie keins der Fenster sehen. Langsam erhob sie sich, griff nach ihrem Funkgerät, und als sie auf »Sprechen« drückte, schrie jemand am anderen Ende der Lodge.
    Sie wich zurück, hörte die Scheibe splittern – jetzt war jemand im Alkoven –, und ihr wurde klar, dass sie die Bärenfalle auf die falsche Seite gelegt hatten.
    Im Nordflügel knallte ein Schuss.
    Am Ende ihres Korridors blitzte lautlos helles Mündungsfeuer auf.
    Will nahm sein Funkgerät. Er atmete so schwer, dass er kaum sprechen konnte. »Jemand ist gerade durch das Ostfenster eingestiegen. Er ist tot.«
    Kalyn sagte : »Verstanden. Wir hatten gerade Sichtkontakt. Alle bitte melden.«
    »Devi hier. Bei uns ist alles in Ordnung.«
    »Ken und Sean. Wir sind okay.«
    Nach einem Moment sagte Kalyn : »Suzanne ? Lucy ? Verstanden ?«
    Keine Antwort.
    »Kalyn, hast du im Südflügel etwas gesehen oder gehört ?«
    »Nein, nur auf deiner Seite das Splittern von Glas und den Schrei. Bleibt alle auf euren Positionen. Ich schaue nach.«
    Ken sprang so plötzlich auf, als sei er zu einem Entschluss gekommen.
    »Dad«, flüsterte Sean. »Was machst du da ?«
    »Wir haben doch mit dem Ganzen gar nichts zu tun.« Er schüttelte sein Gewehr. »Wenn wir hier sitzen bleiben, werden wir bloß getötet.«
    Er warf das Gewehr zu Boden.
    »Wohin gehst du ?«
    »Nach draußen.«
    Ken trat an die Eingangstür und schob die Eisenbolzen beiseite.
    »Dad ?«, flüsterte Sean. »Bist du sicher ?«
    »Ich liebe dich, Sean. Es tut mir leid, dass ich dich hierhergebracht habe.« Er zog die Tür auf und Sean sah, dass hinter dem Vordach der Schnee meterhoch die Veranda unter sich begraben hatte. Die Kälte, die ins Haus drang, trieb ihm Tränen in die Augen.
    Ken trat hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
    Jonas setzte seine Brille auf und blickte vom Rand des Alkovens den Gang entlang. Ein paar Meter entfernt lag die Frau, die er erschossen hatte – bewegungslos lag sie auf dem Boden. Neben ihr lag ihr Gewehr. Er hob es auf.
    Hinten in der Halle sah er grüne Lichtblitze – Laternen vielleicht. Am Kamin saß jemand.
    Er zog seinen weißen Parka und seine Skihose aus, aber statt den Flur entlangzugehen, wandte er sich zur Treppe.
    Ken stand unter dem Vordach und spürte, wie die Kälte in seine Daunenjacke kroch. Es dauerte eine Weile, bis seine Augen sich an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten und er Details seiner Umgebung wahrnahm – die Veranda, die unter Schneemassen begraben war, das Geländer, auf dem an manchen Stellen Schnee lag, an anderen jedoch gar nicht, der Wald, aus dem sich dunkel ein Bach schlängelte.
    Als er die Spuren sah, die am Geländer entlangliefen, fragte er sich, warum er sie und die Gestalt, die dort stand und eine Waffe auf ihn gerichtet hielt, nicht schon vorher gesehen hatte.
    Ken schlug das Herz bis zum Hals, aber es gelang ihm, die Arme zu heben.
    Die Gestalt winkte ihn zu sich. Ken nickte und trat auf den Schnee. Sofort sank er bis zur Taille ein, und er konnte nur mit Mühe das Gleichgewicht halten. Der maskierte Mann streckte ihm eine behandschuhte Hand hin.
    Er blieb stehen und versuchte, nicht auf die Pistole zu starren, die auf seine Brust gerichtet war.
    Der Mann trug eine weiße Maske, die zu seinem weißen Schneeanzug passte. Blaue Augen blitzten daraus hervor, und man sah seinen gekrümmten Nasenrücken.
    »Was tun Sie hier ?«, fragte der Mann.
    Ken lächelte nervös und neigte grüßend den Kopf. »Ich will Ihnen nur sagen, dass mein Sohn und ich …«
    »Wo ist Ihr Sohn ?«
    »Drinnen, hinter der Tür. Wir sind Gäste der Lodge, beziehungsweise, wir waren es, und wir haben keinen Streit mit Ihnen.«
    »Woher wollen Sie das wissen ?«
    »Ich

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